
Thomas Bartelmes
Praktisches Jahr
19.05. – 07.09.2025
Woche 1: 19.05. – 23.05.2025
Nachdem ich das Blockpraktikum letztes Jahr hier gemacht hatte und es mir gefallen hatte, hatte ich mich auf einen Platz für ein PJ – Tertial hier beworben. Letztes Jahr war ich im Haus in Kirchberg untergekommen, dieses Mal in Grafenau. Beides schön…
Nach meiner Ankunft letzten Sonntag, bin ich erstmal durch die Ortschaft gelaufen, um „anzukommen“. Letztes Jahr war ich hier schon mal mit meinen Eltern zum Essen gewesen, aber sonst hatte ich von der Stadt bisher nicht viel gesehen bis auf den „Stadtkern“.
Am ersten Tag bin ich vor allem erstmal mitgelaufen, durfte aber auch bei einem „grippalen Infekt“ mal selbst ran. Das war auch einer der Hauptgründe hier das PJ zu machen. dass man nicht nur zuschaut, sondern recht schnell selbstständig eingebunden wird. Ich denke so lernt man einfach am meisten.
„Höhepunkte“ waren eine Krankenhauseinweisung wegen erhöhtem Troponin-Schnelltest bei unauffälligem EKG und eine Mitarbeiterin, die aufgrund des Anblicks einer Abszesswunde kurz in sich zusammensackte. 😉 Ich bin zwar schon ein etwas „älterer Student“, aber wie ich da erfahren durfte funktionieren meine Auffangreflexe noch vorzüglich. 😉 Aber im Endeffekt zeigt das auch nur schön: Jedermann der auf dem Gebiet der Medizin arbeitet ist auch nur ein Mensch! 😉
Ansonsten habe ich mir in der ersten Woche einen groben Überblick über die Abläufe, Krankheitsbilder und verschiedenen Herangehensweisen der Ärzte verschafft.
Am Wochenende bin ich die Wanderroute Nr.5 „Entlang Dörfer & grosse Ohe“ gelaufen. Guter Weg zum Einstieg denke ich!
Bis denn!
Woche 2: 26.05. – 30.05.2025
Diese Woche hatte ich mich weiter mit „grippalen Infekt“ beschäftigt. Etwas mehr Fokus auf die Durchführung der Untersuchungen.
Z.B. wie „ziehe“ ich am besten am Ohr und wie variiere ich den Winkel bei der Otoskopie, um den besten Blick aufs Trommelfell zu bekommen…
Weiter typisches Vorgehen bei Rückenbeschwerden mit Lasègue-Zeichen, Vorlaufphänomen, Zehenheber und Fersenstand…
Eine weitere Gegebenheit, die einem hier recht häufig über den Weg läuft und die ich sehr interessant finde, ist der Zeckenbiss (Komme zwar aus Franken, aber habe länger im Norden gelebt und hier gibt es definitiv ein Überangebot). Fast täglich oder täglich mehrfach. Zur Abklärung, ob diese große Rötung „jetzt was Schlimmes“ ist?! Schön ist, dass die typische Wanderröte dann doch recht gut zu erkennen wäre. Interessant, da wir einerseits zum Mond fliegen können und uns andererseits diese „kleinen Biester“, wenn man nicht aufpasst, einiges an Schaden anrichten können und gefühlt den Aktivitätsradius mancher Menschen mitbestimmen. Und nicht irgendwo im Urwald, sondern direkt vor der Haustüre. Zoonosen sind immer ganz interessant, finde ich…
Donnerstag war Feiertag. Auf Nachfrage bei den „Damen an der Front“ bin ich der Empfehlung, den Lusen zu bewandern, nachgegangen. War schön. Gestartet bei Sonnenschein, dann eine ganze Weile im Wolkenbruch und zum Schluss wieder Sonnenschein. So waren die Hände wieder warm genug, um im Auto die selbstgemachten Tortillas auspacken und essen zu können. 😉 Definitiv mehr Aktion als Wandern im Sonnenschein 😉
Freitag dann wieder den Vormittag in Kirchberg. Wieder zwei neue Ärzte kennengelernt, bei denen man sehen kann, wie sie an die Sache herangehen. Hier gefällt mir, dass etwas mehr los ist und man sich am Fließband „eigene Fälle“ nach Gusto und Zutrauen herausklauben kann. Selbst wenn man mal einen Fall erwischt, der sich unvorhergesehen etwas erweitert, hat man den Ärzten durch eine gezielte Anamnese und naheliegende klinische Untersuchungen schon einiges an Arbeit abgenommen oder sie zumindest unterstützen können.
Das ist das, was mir bisher auch am besten gefällt und weshalb ich mich für hier entschieden hatte. Der „einfache praktische Ansatz“. Man wird z. B. ermutigt, wenn es die Situation halbwegs zulässt, den Patienten ruhig etwas genauer oder umfangreicher zu Untersuchen oder Patienten, die mit Bauchschmerzen kommen, zu schallen. Im Endeffekt für mich der logischste und beste Weg, das Handwerk Arzt zu erlernen.
Woche 3: 02.06. – 06.06.2025
Montag hatte ich noch frei, da ich über das Wochenende in der Heimat war.
Den Rest der Woche fasse ich mal unter dem Begriff „abwechslungsreich“ zusammen.
Dienstag und Mittwoch kamen einige Patienten mit Krankheitsbildern aus verschiedenen Fachbereichen, sodass ich in dieser Woche besonders darauf geachtet habe, wie fächerübergreifend und abwechslungsreich die Patientengeschichten sind:
- Augenheilkunde: Mehrfach Konjunktivitis (vor allem bei Kindern im Rahmen eines grippalen Infekts); ein Patient mit Bluthochdruck, bei dem es teilweise zu leichten Visusstörungen kommt, bevor er seine Bluthochdrucktabletten einnimmt.
- Rheumatologie: Beispielsweise ein männlicher Patient (55 Jahre) mit bekannter rheumatoider Arthritis und Osteoporose. Er kam mit der Bitte um Cannabis, wurde folglich zum Schmerztherapeuten überwiesen.
- Chirurgie: Tägliche Wundkontrollen und Verbandswechsel.
- Innere Medizin: Hypertonie, Diabetes etc.
- Orthopädie: Täglich mehrmals Menschen mit Rückenschmerzen, Schulterschmerzen an zweiter Stelle.
- Onkologie: Spielt immer wieder mit rein, z.B. in den Arztberichten „Zustand nach Mammakarzinom“.
- Hämatologie: Ein Patient in der letzten Woche hatte beispielsweise eine Anämie (mikrozytär, hypochrom) bei vermindertem Eisen aufgrund von Malabsorption. Mit Eisensubstitution konnte dem Problem entgegengewirkt werden.
- Gynäkologie: Ein Teenager mit schon länger andauernden Bauchschmerzen und Völlegefühl. In der Sprechstunde ging es eher in Richtung Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Bei einem durchgeführten Ultraschall wurde eine nicht richtig einzuordnende Struktur an Blase/Uterus festgestellt → Überweisung zum Gynäkologen. Interessant, wie manchmal „Fälle“ auch eine andere Richtung nehmen können.
- Psychiatrie: Klar, dass viele Erkrankungen mit „Nebeneffekten“ wie Depression oder Erschöpfung einhergehen können. Interessant ist, wie oft dann kleine Türen zu Nebenthemen aufgehen, wenn man im Gespräch ist, z.B. die empfundene Belastung durch die Situation der Mutter, die man „nebenher“ noch mitpflegen muss.
- Kardiologie: EKGs werden fast täglich geschrieben, Befunde darf man fast immer erstellen und etwas zu sehen gibt es auch immer wieder, z.B. einen Schenkelblock.
- Urologie: Beispielsweise eine junge Patientin mit Zystitis, die folglich Pivmecillinam bekam. Im Ultraschall gab es eine Patientin, die mit nur einer Niere geboren war. Interessant zu sehen war, dass die vorhandene Niere folglich etwas größer war.
- Kinder- und Jugendmedizin: Auch Kinder kommen fast täglich, meist im Rahmen eines grippalen Infekts oder „Zeckenbissen“. Bemerkenswert war ein Mädchen, das mit Spina bifida geboren wurde. Sie muss zwar katheterisiert und der Darm entleert werden, war jedoch selbstständig auf den Beinen unterwegs – entgegen jeglicher Prognose der Ärzte laut stolzer Aussage des Vaters.
- HNO: Otoskopien und Mund-/Racheninspektionen täglich. Immer wieder Ohrspülungen. Interessant war hier ein Mann mit Uvula bifida als Nebenbefund.
Das Schöne ist, dass man von allem ein wenig hat und somit das Wissen in den verschiedenen Bereichen nicht verloren geht. Und man weniger mit medizinischen Scheuklappen „durch die Gegend läuft“.
Woche 4: 09.06. – 13.06.2025
Interessante Fälle diese Woche:
- Mann kurz über 50 Jahren mit Polymyalgia rheumatica:
Der Mann konnte vor allem seine rechte Schulter nicht heben, was zuerst an eine Tendinosis calcarea denken ließ. Es war jedoch kein typischer „painful arc“ zu erkennen. In der linken Schulter wurden auch Schmerzen angegeben, jedoch nicht so stark. Weiter wurden ziehende Schmerzen auf der Innen- und Außenseite des Oberschenkels genannt, welche teilweise auch in die Leiste ausstrahlten. Weitere Beschwerden außer „Abgeschlagenheit“ wurden nicht genannt. Zur Behandlung gab es Cortison.
Interessant war, dass von Amboss, ViaMedici und Co. immer der Begriff Beckengürtel genannt wird (nur die Zeichnung auf Amboss enthält auch den Oberschenkel) und in den Fallfragen meist Frauen genommen werden (da W>M / 3:1), was fragentechnisch verständlich ist, aber in der Realität die genaue Diagnose auch erstmal erschweren kann. Auch die Verbundenheit mit der Riesenzellarteriitis, welche in der Theorie so oft exerziert wird, ist ja eine Wahrscheinlichkeit und kein Muss… - Frau mit grippalem Infekt:
So war’s „angemeldet“. Geht man als Student gleich hin. 😉 Letztendlich hatte sich der Bruder vor zwei Wochen umgebracht und der Druck des Chefs hatte auch nicht dazu beigetragen, die verschleppte Erkältung der pflichtbewussten Dame. Das Interessante hieran war wieder, wie sich „Fälle“ entwickeln können und man auf einmal auch etwas als „Stütze“ gefordert ist. Auch hat man als Pfleger oft die Nähe zu Menschen gehabt, welche z.B. nach einem Apoplex täglich Hilfe benötigen und man dementsprechend auch täglich in diese teils „verzweifelte“ Welt eintaucht. Was die Arbeit aber auch so wichtig macht. Falls man das so sagen darf, finde ich es sogar ganz „gut“, dass man auch mal etwas existenziellere Fälle hat, da es dem Hausarzt auch ein wenig mehr Tiefe verleiht, ohne wie es teilweise auf der Inneren im Krankenhaus ist, von „Schicksal zu Schicksal zu rennen“. So schlimm ist es ja auch nicht, aber ich denke, das umreißt in etwa, was ich meine.
Ansonsten:
Grippale Infekte und Rückenschmerzen weiter in die Routine gebracht. So langsam kehrt auch schon ein gewisser Alltag ein. Der Weg zur Arbeit morgens, Dienstag und Freitag nach Kirchberg, die Online-Meetings Montag, Dienstag und Donnerstag. Am Wochenende eine lange Wandertour und je nach Bedarf zum Lidl auf den Berg oder zu Edeka ins Tal. Nur die Altherrenmannschaft der TSV Grafen lässt ein wenig zu wünschen übrig, da die letzten zwei Mal kein Training zustande kam. Aber das kenne ich teilweise auch von anderen Mannschaften und die Altherrenmannschaft darf das auch 😉
Woche 5: 16.06. – 20.06.2025
Interessant sind die verschiedenen Ansichten der Ärzte bezüglich Ernährungsmedizin und „alternativer Medizin“ und auch, was einem alles begegnet oder in der Anamnese berichtet wird.
Der eine Arzt verschreibt/empfiehlt Vitamin D bei rezidivierenden grippalen Infekten, andere sind eher vorsichtig demgegenüber eingestellt. Bei meiner Hausarztfamulatur war „Sinupret“ hoch im Kurs, hier eher nicht erwähnt. In der Vertretungszeit waren ein paar Mal Patienten vorstellig, welche Infusionen mit verschiedenen Zusätzen wie z.B. Vitamin C oder B-Vitaminen bekamen.
Heute kam eine Dame mit LWS-Syndrom. Als ich ihre Hämatome (zunächst unvollständig über das Shirt hinaus sichtbar) sah und innerlich, ehrlich gesagt, auch für den Bruchteil einer Sekunde an häusliche Gewalt dachte, sagte sie sogleich, dass sie beim Schröpfen gewesen war. Bei der körperlichen Inspektion ohne Shirt sah man dann auch schön die kreisrunden Hämatome.
„Natürliche Mittel“, welche häufig in der Praxis empfohlen werden und auch gut bekannt sind, sind z.B. Inhalationen mit Kochsalz oder Kamillenblüten oder Quarkumschläge bei z.B. Gelenkschwellungen.
Diese Woche war es im Sono auch recht abwechslungsreich. Neben den typischen Abdomenuntersuchungen (einmal gab es Aszites zu sehen und einmal einen Gallenblasenpolypen) und den Schilddrüsenuntersuchungen wurde zum Beispiel eine Kompressionssonographie durchgeführt. Das Ausbreitungsgebiet ließ sich mit der Kompression recht gut eingrenzen. Der Thrombus war in der V. saphena magna ohne Ausbreitung ins tiefe Venensystem. Therapeutisch gab es DOAC´s.
Weiterhin eine Dame mit 88 Jahren, mit vermehrter Dyspnoe bei leichter Bewegung. Hier wurde auch die Pleura geschallt, um einen Erguss auszuschließen.
Heute kam noch ein Kraftsportler mit einer Schwellung am lateralen Oberschenkel. Im Ultraschall konnte gut das muskuläre Ödem dargestellt werden.
Am Donnerstag war Feiertag und es wurde eine Wanderung auf den Falkenstein unternommen. Bisher der beste Berg gewesen. Die Panoramatour am letzten Wochenende war auch schön gewesen.
Den Bericht verfasse ich diese Woche schon am Freitag, da das Wetter sehr schön ist und man hier auch angenehm im Garten sitzen kann. Morgen gibt es wieder eine Wanderung. Aber erstmal noch schauen, was es noch so Schönes gibt…
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