
Sofia Quaderer
Praktisches Jahr
08.03. – 27.06.2021
Woche 1: 08.03.-14.03.2021
Meine Zeit in Kirchberg beginnt mit der Fahrt in Richtung Bayerischer Wald und der Abendsonne im Rücken. Die Sonne ist schon fast untergegangen, als ich den letzten, steilen Anstieg zu dem Haus zurücklege, in dem ich die nächsten 4 Monate wohnen werde. Freundlich werde ich von Jonas, einem anderen PJ-ler der nun schon fast 3 Monate hier ist, in Empfang genommen. Am Abend habe ich Zeit, mich in der sehr gemütlichen Wohnung einzurichten und den schönen Ausblick über Kirchberg zu genießen.
Am ersten Tag treffe ich mich mit Svenja, einer jungen Assistenzärztin, in der Praxis in Schöfweg. Nach einer kurzen Praxisführung darf ich mich zunächst an Susanne, eine weitere Ärztin, hängen und sie im Praxisalltag und bei ihren Hausbesuchen begleiten. Im weiteren Verlauf der Woche bekomme ich die Möglichkeit, die komplett neu eingerichtete Praxis in Kirchberg, sowie die Praxis in Lalling, kennenzulernen. Zusätzlich zu der Arbeit an den Patienten finden dabei immer wieder Besprechungen statt, welche zum Teil auch praxisübergreifend per Webmeeting durchgeführt werden. Interessant war außerdem auch die Teilnahme an einem Journal Club, in dem aktuelle Erkenntnisse zu verschiedenen Forschungsthemen und Krankheitsbildern diskutiert werden.
Die erste Woche verging sehr schnell. Ich habe schon so viele neue Eindrücke sammeln können, dass ich das Gefühl habe, ich wäre schon viel länger da. Besonders gut hat mir gefallen, wie offen ich vom gesamten Team empfangen wurde und wie ernst man mich genommen hat. Von meinem 1. Tertial in der Klinik kenne ich es, dass man als PJ-ler oft „hinten runter“ fällt – schön, es nun so anders zu erleben!
Die Woche endet mit einem Samstagsworkshop zu dem Thema „Chronische Erkrankungen“, der für die Famulanten des gerade stattfindenden „Exzellenten Winters“ angeboten wird und auch für PJ-ler offen war. Eine super Wiederholung für mich!
Woche 2: 15.-21.3.2021
Meine zweite Woche startete in der Praxis in Kirchberg. Diese Woche hatte ich mein „Willkommens-Gespräch“ mit Sara, die selbst ehemalige PJ-lerin bei Wolfgang ist und mir viele Tipps für die Gestaltung meines Curriculums gab. Die Idee hinter dem Curriculum ist, sich für jede Woche Lernziele vorzunehmen und das Gelernte nach Möglichkeit direkt in der Praxis anzuwenden. Die strukturierte Festlegung eines Lernplans finde ich sehr sinnvoll, denn momentan denke ich mir noch bei jedem zweiten Fall: „Oh, das könnt ich mir vornehmen…oder zuerst das…oder das?“.
Sehr motivierend war auch der praxisinterne Online-Journal-Club am Mittwoch, aus dem man auch trotz geringer Berufserfahrung wirklich viel über neue Erkenntnisse mitnehmen kann. So stellte Svenja zum Beispiel eine Studie über die Lebertoxizität von Metamizol vor, was im Klinik- und Hausarztbereich durchaus häufig verschrieben wird. In der anschließenden Diskussion kamen die Ärzte zu dem Schluss, dass die Indikation noch kritischer geprüft werden sollte und zunächst andere Schmerzmedikamente in Erwägung gezogen werden müssen. Schön ist auch, dass bei den Online-Meetings oft ehemalige oder zukünftige Mitarbeiter teilnehmen und jeder der Ärzte einen anderen Hintergrund hat. Das macht den Austausch sehr interessant.
Außerdem durfte ich diese Woche in der Praxis schon viel „vorarbeiten“: Oft bin ich dabei bereits vor dem Arzt zu den Patienten, habe mit der Anamnese und evtl. der Untersuchung begonnen und durfte den Patienten dann dem Arzt vorstellen. Gerade durch diese (Selbst)-Überprüfung, was der Arzt in dieser Situation fragen, untersuchen oder machen würde, ist das ein sehr guter Weg, um viel dazu zu lernen. Ein „großes Lob“ geht an dieser Stelle an die Patienten, die so offen und geduldig mit uns Studierenden sind!
Woche 3: 22.03.-28.03.2021
Die vergangene Woche hielt gleich zu Beginn einen Aspekt der Allgemeinmedizin bereit, der mich begeistert: das „Heilen mit Worten“. Auch wenn hier der Begriff „Heilen“ natürlich zu hoch gegriffen ist, wurde mir wieder einmal gezeigt, welches Potential die richtige Gesprächsführung hat. In diesem Fall kam eine junge Patientin, die um Unterstützung bei der Gewichtsabnahme bat. Mir kamen zu Beginn die klassischen Vorschläge in den Kopf: viel Bewegung, gesunde Ernährung, keine Zwischenmahlzeiten…Sarah startete das Gespräch aber komplett anders: sie nahm sich überwiegend zurück und versuchte, die Patientin selbst überlegen zu lassen, warum sie denn abnehmen wolle, welcher dieser Gründe für sie der wichtigste sei und wie sie das umsetzen könne. Ich hatte währenddessen den Eindruck, als könnten diese Überlegungen der Patientin tatsächlich helfen, ihre eigenen Ressourcen zu mobilisieren. Danach erzählte mir Sarah, sie habe ein Konzept angewendet, dass sich „change talks“ nenne: Es ginge bei dem Wunsch nach einer Verhaltensänderung vor allem darum, dass derjenige über die gewünschte Änderung rede und diese immer wieder im Kopf erlebe. Dies würde laut Studien am besten zum tatsächlichen Erreichen der Ziele führen.
Thematisch hatte ich mir für diese Woche laut meinem Curriculum orthopädische Untersuchungen vorgenommen. Da unspezifischer Rückenschmerz ein sehr häufiger Beratungsanlass ist, bekam ich auch gleich die Möglichkeit, das Erlernte in die Praxis umzusetzen. Es war sehr motivierend, den Patienten eigenständig untersuchen und bezüglich des weiteren Vorgehens beraten zu können, und noch motivierender, von den Ärzten zu hören: „Ja genau, das würde ich auch so machen!“
Gegen Ende der Woche hielt-zumindest vorerst-der Frühling Einzug. Auch wenn der leichte Schneefall, den es hier in den letzten Wochen immer wieder gab, sehr schön war, genieße ich die Sonne und die länger werdenden Tage. Nach Feierabend kann man nun noch eine Runde im naheliegenden Wald drehen und entspannt die letzten Sonnenstrahlen auf dem Kirchberg genießen.
Woche 4: 29.03.-04.04.2021
Meine vierte Woche war wegen dem beginnenden Osterwochenende sehr kurz.
Am Dienstag hatte ich die Gelegenheit, mit Susanne im Impfzentrum in Grafenau zu arbeiten. Ich habe bereits in Regensburg im Impfzentrum mitgeholfen und fand es sehr interessant zu sehen, wie es in anderen Impfzentren abläuft. Das Schöne am Impfen ist, seinen Teil zur Pandemiebekämpfung beitragen zu können – und zudem oft auch die Freude der Patienten zu sehen, nun endlich an der Reihe zu sein.
Die vergangenen zwei Wochen habe ich wieder einmal gemerkt, wie unglaublich abwechslungsreich Allgemeinmedizin sein kann. Von dermatologischen Befunden, kleineren Verletzungen und orthopädischen Fällen über internistische Probleme bis hin zur Behandlung von psychiatrischen Erkrankungen – man weiß nie, was an einem Tag so auf einen zukommt. Mir kommt es dadurch manchmal ein bisschen wie bei einer Art Überraschungspaket vor – in jedem Behandlungszimmer wartet ein Mensch mit einem Anliegen, das im Grunde alles sein kann.
Die letzten Tage habe ich sehr von der längeren Mittagspause profitiert. Meistens nutze ich diese Zeit, um etwas zu erledigen oder ein Thema aus meinem Curriculum zu erarbeiten -diese Woche habe ich stattdessen oft das sonnige Wetter ausgenutzt und war in der Natur unterwegs. Einer der vielen Vorteile eines PJ´s im Bayerischen Wald!
Zum Abschluss dieser Woche gab es am Gründonnerstag ein gemeinsames Essen mit allen Mitarbeitern. Bedingt durch Corona fand das ganze online statt-dank zuvor verteilter leckerer Essenspakete mit regionalen Spezialitäten und viel guter Laune von allen Seiten war es nichtsdestotrotz ein sehr unterhaltsamer Abend.
Woche 5: 05.04.-11.04.2021
Der Tag nach dem langen Osterwochenende begann-wie zu erwarten <s>-</s>mit einem großen Ansturm auf die Praxis. Während die Ärzte sich bemühten, möglichst zügig voran zu kommen, kümmerte ich mich um eine mir zugeteilte Aufgabe: einen kurzfristigen Termin bei einem Dermatologen zu vereinbaren. In der Woche zuvor hatte sich eine sehr aufgelöste Patientin mit einem fast vollständigen Haarverlust vorgestellt. Vom Befund her sah es wie eine mögliche Tinea capitis aus, einer Infektion der Kopfhaut. Das Ungewöhnliche war aber, dass das Ganze in einem Zeitraum von wenigen Tagen geschah. Um eine gefährlichere Ursache auszuschließen, sollte dies auf jeden Fall dermatologisch nochmals abklärt werden, was um die Feiertage herum ein sehr schwieriges Unterfangen ist. Das brachte mich ins Grübeln: Oft haben Fachärzte nicht innerhalb von Tagen einen Termin frei. Dies ist dann etwas, was auch in die allgemeinärztliche Entscheidungsfindung mit einfließen muss: Ist es so akut, dass es innerhalb weniger Tage fachärztlich beurteil werden muss? Was sind die Alternativen, falls keine kurzfristige Abklärung möglich ist? Starte ich schon eine Therapie? Hat der Patient einen großen Leidensdruck und was kann ich dagegen tun? Auf Grund der schwierigen Terminfindung haben wir in diesem Fall noch einmal Rücksprache mit der Patientin gehalten. Das Ergebnis war, dass es ihr nun es schon deutlich besser gehe, sie wirkte fröhlich und könne bis nächste Woche auf ihren Termin warten.
Eindrücklich war auch der Fall eines jungen Patienten, der mit Unterbauchschmerzen kam. Bei der körperlichen Untersuchung testete ich wie immer standardmäßig auf Appendizits, und der Patient hatte tatsächlich kontralateralen Loslass-Schmerz. In so vielen Seminaren und Büchern lernt man über die verschiedenen klinischen Tests für bestimmte Krankheitsbilder, aber das so zu sehen war für mich ein kleiner Aha-Moment. Roman, einer der Ärzte und Sono-Profi, untersuchte ihn sofort sonographisch und konnte bei lehrbuchmäßiger Bildgebung die Diagnose Appendizitis stellen.
Eines der Themen, die ich mir für diese Woche vorgenommen hatte, war die Sonographie des Abdomens, wozu ich auch oft Gelegenheit bekam. Ich konnte für mich schon einige Fortschritte feststellen, auch wenn es noch einiges an Übung braucht. Faszinierend ist in dieser Hinsicht für mich die Arbeit von Roman. Aus den ersten Studentenkursen zum Beginn des Medizinstudiums hatten sich bei mir bestimmte Dinge im Kopf festgesetzt. Eines davon ist zum Beispiel, dass ein Darm schlecht zu schallen sei. Während ich Roman beim gekonnten Darm-Schallen über die Schulter schaute, musste ich innerlich schmunzeln und an den Spruch denken: Jeder sagte das geht nicht, doch einer wusste das nicht und hat es einfach gemacht!
Woche 6: 12.04.-18.04.2021
Gleich am Montag der 6. Woche gab es für mich eine Premiere: Zusammen mit Wolfgang war ich Teil einer Gutachter Gruppe zur Akkreditierung eines neuen Studiengangs der Hochschule Deggendorf. Per Online-Meeting wurde uns das Konzept vorgestellt, nach unserer Meinung gefragt und diskutiert. Es war eine interessante Erfahrung, zu der ich sonst mit Sicherheit auch nicht so schnell gekommen wäre.
Den weiteren Teil der Woche verbrachte ich erstmalig in Auerbach. Auerbach ist eine nette kleine Praxis, in der vor allem Anton Kalmancai, einer der Ärzte mit chirurgischem Hintergrund, tätig ist. Anton schafft es sehr gut, den Patienten anzuhören und ihn in Ruhe ausreden zu lassen und gleichzeitig zügig zu arbeiten. Dank dieser effektiven Arbeitsweise bleibt zwischendrin immer wieder mal Zeit für einen der zahlreichen Spezialtees, die Anton täglich in seiner größten Thermoskanne dabeihat und von denen er gern probieren lässt. Im Kopf geblieben ist mir von dieser Woche auch der Nachmittag bei Dr. Bernecker, der mittwochs immer in der Praxis in Rinchnach anzutreffen ist. Dr. Bernecker ist weitestgehend im Ruhestand, betreut aber weiterhin noch seine Patienten und geht seinem Steckenpferd, der Chiropraktik und der Homöopathie, nach. Mit seiner freundlichen und ruhigen Art hat er sofort für eine angenehme Stimmung im Raum gesorgt und es war unglaublich entspannend, ihm zuzuhören.
Insgesamt war es in den letzten Wochen sehr interessant, zu sehen, wie sehr sich die einzelnen Praxen und vor allem die Arbeitsweise der einzelnen Ärzte unterscheiden. Das gibt mir die Möglichkeit, zu beobachten und zu überlegen, was ich für mich übernehmen möchte und welche Art zu arbeiten am besten zu mir passt.
Nach den letzten Tagen mit einem erneuten kleinen Wintereinbruch habe ich gemerkt, dass ich etwas erschöpft bin und die warme Sonne herbeisehne. Am Freitag geht es deswegen ins verdiente Wochenende und hoffentlich endlich dem Sommer entgegen!
Woche 7: 19.04.-25.04.2021
Im Rahmen des Tertials ist es möglich, auch einzelne Tage bei anderen Ärzten zu hospitieren, um in verschiedene Fachrichtungen reinzuschnuppern und weitere Ärzte kennenzulernen. In dem Zusammenhang wurde mir Dr. Egid Werner, der Internist und Psychotherapeut in Regen ist, wärmstens empfohlen. Kurzfristig und unkompliziert durfte ich einen angenehmen Montag bei ihm verbringen und habe viele Eindrücke vom Alltag eines niedergelassenen Internisten hier in der Region gesammelt.
Ab Dienstag war ich dann in der Gemeinschaftspraxis in Lalling, in der von ärztlicher Seite her hauptsächlich Dora Takacs tätig ist. Dora hat eine sehr herzliche und fürsorgliche Art, die mir die Tage in der neuen Praxis sehr leicht gemacht hat.
Diese Woche wurde ich immer wieder mit mir selbst und meiner Reaktion auf bestimmte Dinge konfrontiert. Als (angehende/r) Ärzt/-in schlüpft man in gewisser Weise in eine Rolle und versucht, Persönliches wegzuschieben und sich voll auf den Patienten zu konzentrieren. In manchen Situationen ist das nicht so leicht: fast jeder hat irgendetwas, was ihn beim Gegenüber schnell auf die Palme bringen kann. Ich finde es sehr interessant, bei mir selbst zu bemerken, wie ich auf eine bestimmte Situation innerlich gereizt reagiere, und dann in mich hinein zu horchen: was macht mich denn daran gerade wütend? Und vor allem: wie gehe ich damit um? Habe ich aufgrund meiner persönlichen Beteiligung etwas Wichtiges übersehen? Dieses „Auf sich hören“ ist auch dann sehr wichtig, wenn man selbst gerade nicht mehr so kann: zum Beispiel, wenn am Ende eines langen Tages ein Patient mit Kopfschmerzen kommt und man am liebsten sofort sagen möchte: Es ist nichts Gefährliches, gehen Sie heim. Gerade dann ist es wichtig, die eigene Ungeduld zu bemerken – und den Patienten erst recht in Ruhe anzuschauen.
Neben meiner Wohnung gibt es im gleichen Haus noch eine Wohnung für 2 weitere Studenten. Vor ein bzw. zwei Wochen sind dort 2 Famulantinnen eingezogen-bis auf eine Woche waren somit ständig andere Studenten hier. Das ist vor allem in Zeiten von Corona eine tolle Abwechslung, da man trotz eingeschränkter Freizeit- und Kontaktmöglichkeiten gleiche nette Leute kennenlernt mit denen man abends kochen oder sich zwischendrin unterhalten kann.
Woche 8: 26.04.-02.05.2021
Die vergangene Woche war sehr ereignisreich, da ich gleich in 3 verschiedenen Praxen war. Den größten Teil der Woche verbrachte ich bei Petra in Rinchnach. Nachmittags war ich einige Male in Kirchberg, und am Freitag nahm Wolfgang mich in die Praxis nach Grafenau mit. Hier zeigte sich mal wieder der Vorteil des großen Ärzteteams: die Jüngeren arbeiten oft sehr strukturiert und arbeiten systematisch die in Frage kommenden Krankheitsbilder und AGV´s mithilfe von Scores und Schemata ab. Diejenigen mit jahrelanger Berufserfahrung können sich dagegen mehr auf ihr „Bauchgefühl“ verlassen. Für mich ist es interessant, beides mitzuerleben: das systematische Abarbeiten, um es selbst anzuwenden, und das Bauchgefühl, um ein Gespür für Situationen zu bekommen.
Bei einigen Beratungsanlässen, wie zum Beispiel Rückenschmerzen, fühle ich mich nun schon relativ sicher und weiß, worauf ich achten muss und wie die Therapie ausschauen kann. Dann gibt es wieder Fälle, bei denen ich noch komplett hilflos bin und nicht weiß, wo ich es einordnen soll. So zum Beispiel eine unspezifische Schwellung im Gesicht, ein roter Fleck am Zeigefinger oder ein Zeh, der sich immer über den großen schiebt und Probleme macht – ein Sammelsurium, wie man es vermutlich nur beim Hausarzt findet. Bei manchen Fällen meine ich, sie schon richtig beurteilen zu können und liege dann doch falsch – es gibt noch viel zu lernen.
Eine Aufgabe die momentan alle Praxen beschäftigt ist das Impfen. Die Teams sind sehr motiviert, möglichst viele Patienten dran zu nehmen und ihnen somit einen Schutz zu geben. Dennoch ist es eine sehr große Belastung, diese Menge an Impfungen neben dem Praxisalltag unterzubringen. Zudem haben viele Patienten Fragen und Bedenken wegen der Impfung oder einzelnen Impfstoffen, was für Ärzte und MTA´s mit einem großen Zeitaufwand verbunden ist.
Am Samstag fand dann noch in Zusammenarbeit mit der Gemeinde und dem BRK in der Schule in Kirchberg eine großangelegte Impfaktion statt. Dank guter Planung konnten wir die Anwesenden zügig durchimpfen und wurden vom Bürgermeister mit einer Brotzeit für den Weg ins Wochenende entlassen.
Woche 9: 03.05.-09.05.2021
Auch diese Woche war ich viel in den unterschiedlichen Praxen unterwegs. Die ersten Tage nahm Wolfgang mich in die Praxis nach Grafenau. Bevor man hier ein PJ anfängt, kommt man in der Regel einen Tag zum Schnuppern vorbei. Ich war damals in der Praxis in Grafenau – noch mitten im Studium, gespannt und aufgeregt. Ein Jahr später stand ich wieder in den gleichen Räumen, es fühlte sich nun aber ganz anders an. Mir wurde bewusst, wie viel ich im letzten Jahr und vor allem in der Zeit hier bereits gelernt habe und welche Sprünge ich fachlich, aber auch persönlich gemacht habe. Ich fühle mich nun im Auftreten schon deutlich sicherer und kann das auch nach außen tragen.
Diese Woche fanden auch einige sehr interessante Fortbildungen statt. Direkt am Montag wurde im Praxisteam Hyperkalzämien besprochen und mein M2-Wissen herausgefordert. Für den Mittwoch hatte Wolfgang einen Vortrag bzw. eine Diskussionsrunde zur palliativen Versorgung organisiert. Dank dem großen Erfahrungsschatz der Vortragenden, Claudia Levin, war das Ganze eine sehr interaktive und lebendige Runde, die einem das Thema medizinisch und menschlich nähergebracht hat. Am Abend fand wieder der bayernweite Journal Club statt, bei dem einige sehr interessante Punkte besprochen wurden. Am meisten im Kopf blieb mir eine Studie zum Nachtschweiß als Symptom einer Krebserkrankung. Wir waren uns darin einig, dies im Zusammenhang mit Fieber und Gewichtsverlust im Studium immer wieder als Warnsignal eingetrichtert bekommen zu haben – allerdings konnte keiner genau sagen, wie aussagekräftig Nachtschweiß als Symptom eigentlich war, und in welcher Stärke und Häufigkeit er eigentlich auftreten müsse. Trotzdem fragen ein großer Teil der Ärzte regelmäßig danach. Laut der vorgestellten Studie sei Nachtschweiß allein kein aussagekräftiges Symptom. Der allgemeine Konsens in der Runde war zudem, dass gerade im hausärztlichen Bereich überhaupt nicht quantifizierbar ist, was der einzelne Patient als Nachtschweiß versteht – und man sich diese Frage in Zukunft in vielen Fällen auch sparen kann.
Woche 10: 10.05.-14.05.2021
Diese Woche verbrachte ich in Lalling. Bei einige Patienten, die mehrfach zur Kontrolle kamen, konnte ich so den Verlauf mit verfolgen. Die erste Patientin war einer ältere Dame, die am Wochenende aufgrund einer Phlegmone am Unterarm in der Notaufnahme war. Da sie nicht stationär bleiben wollte, wurde sie mit antibiotischer Therapie entlassen und zur weiteren Kontrolle zum Hausarzt geschickt. Während die ursprüngliche Rötung zurück ging, kam nach einigen Tagen eine weitere Schwellung am Unterarm hinzu, die wir mit etwas Sorgen regelmäßig begutachteten. Gerade in Zeiten von Corona überlegt man sich sowohl als niedergelassener Arzt als auch als Patient sehr gut, ob ein KH-Aufenthalt wirklich nötig ist. In diesem Fall schien das Antibiotikum schließlich doch anzuschlagen, und die Entzündung ging langsam zurück.
Der zweite Fall war ein Patient, der sich mit Divertikulitis-typischen Beschwerden vorstellte. Die Leitlinie schlägt vor, bei mildem Verlauf von einer AB-Therapie zunächst abzusehen und den Verlauf engmaschig zu kontrollieren. Dies bedeutete, dass der Patient sich bei zunächst deutlich erhöhtem CRP und Leukozytenerhöhung jeden zweiten Tag vorstellte, um den klinischen Verlauf sowie die Blutwerte zu beobachten. Auch in diesem Fall zeigte sich eine deutliche Verbesserung nach einigen Tagen.
Nun habe ich schon meine 10. Woche beendet und die Wochen, die ich noch hier bin, sind schon fast an einer Hand abzählbar. Beim Gedanken daran werde ich wehmütig-die Arbeit hier ist sehr abwechslungsreich und es ist schön, das Team immer besser kennen zu lernen. Es macht richtig Spaß, jeden Tag etwas Neues zu lernen und Fortschritte zu machen. Und natürlich auch das Drumherum, der Bayerische Wald im Sommer und die Nähe zur Natur hier ist ein Traum!
Woche 11: 17.05.-21.05.2021
Diese Woche war die erste Woche mit Martina, der neuen PJ-lerin. Am Montag waren wir zusammen in Kirchberg eingeteilt, und ich konnte ihr die Praxis in Kirchberg und die Abläufe zeigen. Leerlauf zwischendrin nutzten wir, indem wir miteinander Schallen übten.
Am Mittwoch war ich in Grafenau und stellte wieder einmal fest, wie unterschiedlich auch das Patientengut der verschiedenen Praxen ist. Während in den meisten ländlich liegenden Praxen viele Dialekt sprechen, merkt man in Grafenau das Städtische mit einer stärker durchmischten Bevölkerung und vielen Patienten mit Migrationshintergrund. Auch die Patienten selbst und die Wünsche und Anforderungen an die Ärzte unterscheiden sich je nach Praxis-manche Patienten wollen zielgerichtet z.B. ihre AU und werden ungeduldig, wenn man noch weitere Untersuchungen machen will, während andere ein ausführliches Gespräch wollen und es so kennen, dass der Arzt sich immer sehr viel Zeit nimmt. Hier ist es wichtig, dass man sich nicht zu sehr „steuern“ lässt, und vor Augen hat, was notwendige und sinnvolle Medizin ist.
Manche allgemeinmedizinischen Krankheitsbilder muss man einmal gesehen haben, um sie sich einprägen zu können, und vergisst sie dann so schnell nicht mehr. Vor einigen Wochen gab es in Kirchberg einen Patienten mit Schmerzen im Ellenbogen – ich habe schon an etwas Entzündliches gedacht, konnte es aber nicht ganz eindeutig eingrenzen. Letzte Woche kam dann eine Patientin in die Praxis in Grafenau mit ähnlichen Schmerzen und Druckschmerz an genau der gleichen Stelle, und schon wahr für mich die wahrscheinlichste Diagnose klar – Epicondylitis medialis.
Woche 13: 31.5. – 4.6.2021
Nach einer Woche Urlaub kehre ich mit neuem Schwung in die Praxis zurück. Diese Woche war sehr abwechslungsreich: nach 2 kurzweiligen Tagen in Lalling verbrachte ich den Mittwoch bei Dr. Frimmel-Müller, einer Gynäkologin aus Regen. Es war sehr interessant, einen Tag in eine gynäkologische Praxis schnuppern zu dürfen und die Fälle und Herangehensweisen dort zu sehen. Besonders begeistert hat mich der Ultraschall einer Schwangeren, den ich machen durfte: einen ganzen Menschen in Klein schallen zu können (und das auch noch in einem anderen Menschen) hat viel Spaß gemacht! Das Tolle bei dieser Hospitation waren die Impulse, die ich mitbekommen habe. Frau Dr. Frimmel-Müller hat sich sehr viel Zeit für mich genommen und hat mit mir den Fall einer unserer Patientinnen durchgesprochen. Diese leidet unter rezidivierenden Harnwegsinfekten, die auch unter Antibiose nicht vollständig therapiert werden konnten. Eine ihrer ersten Fragen war nach der Intimhygiene der Patientin – etwas, was sich sehr schlüssig anhört, ich aber bei Harnwegsinfekten gedanklich nicht auf dem Schirm hatte.
Den Freitag über schnupperte ich bei Dr. Vrhel in die Hausarztpraxis in Hengersberg, da die Praxis in Zukunft gerne Famulanten aufnehmen möchte. Für Studentenprojekte wie den Exzellenten Winter/Sommer werden immer wieder Praxen gesucht, und viele Hausärzte nehmen auch gern daran teil. Dr. Vrhel und seine Helferinnen haben mich sehr freundlich empfangen und mich sofort in den Praxisablauf mit aufgenommen. Da Dr. Vrhel sonst selten Studierende da hat, konnte ich ihm erzählen wie es meistens abläuft und bekam im Gegenzug die Gelegenheit, eine Hausarztpraxis außerhalb der Bayerwald-Praxen kennenzulernen.
Woche 14: 7.6. – 11.6.2021
Diesen Montag war ich wieder bei einer Hospitation: Christoph Leidl, ein Physiotherapeut hier in Kirchberg, zeigte mir seinen Arbeitsalltag. Das war für mich eine spannende Erfahrung: man hat im Praxisalltag viele indirekte Berührungspunkte mit Physiotherapeuten, und irgendwann hat man dann doch schon eine bestimmte Vorstellung, was so ein Physiotherapeut wohl treibt. Die Realität sah in meinem Fall dann doch etwas anders aus: neben den von mir vermuteten Muskelaufbau-Übungen wurde auf X-verschiedene Arten gedehnt, durchgeknetet, Faszien gelockert, zugehört, Kraft gestärkt und Koordination gefördert…Während für die meisten Ärzte Muskeln noch vage aus dem Anatomieunterricht oder dem OP bekannt sind, hatte ich bei Christoph den Eindruck, er wisse allein vom Hinschauen und Tasten ganz genau welcher kleine Muskel betroffen und welche Übung nun sinnvoll sei.
Der weitere Verlauf der Woche war sehr kurzweilig und interessant. Ich war in Lalling eingeteilt, wo ein kniffeliger Fall den nächsten jagte. Ein besonderer Fall war für mich eine Patientin, bei der ich viel selbstständig machen konnte und gemerkt habe, dass vieles für mich mittlerweile sehr klar ist. Die Patientin kam ursprünglich wegen Hautveränderungen, berichtete dann aber, nachts starke Bauchschmerzen gehabt zu haben. Bei der Untersuchung fiel ein deutlicher Loslasschmerz im Unterbauch beidseits auf-was mich sofort an eine Appendizitis denken ließ. Der durchgeführte Ultraschall war unauffällig. Nun stellte sich die Frage: Krankenhaus oder nicht? Von dem angegebenen Druckschmerz her war es eindeutig, der Allgemeinzustand der Patientin war aber sehr gut. Das Notfalllabor, das wir abgenommen haben, zeigte nicht erhöhte Entzündungswerte-unser Eindruck, man könne noch zuwarten, war also richtig. Ein Anruf am nächsten Tag bestätigte dies-der Patientin ging es schon viel besser.
Woche 15: 14.06 – 18.06.2021
Diese Woche war wieder sehr abwechslungsreich, auch durch die verschiedenen Praxen, in denen ich war. Thematisch war das Hauptziel diese Woche für mich noch einmal Sonographieren. Seit meinem Beginn hier habe ich schon viel gelernt, habe aber diese Woche noch einmal einen großen Sprung machen können. „Schuld“ hieran haben wohl die ungeplanten Teachings, von denen ich die letzten Tage gleich mehrere bekommen habe. Während ich das Abdomen oder die Schilddrüse geschallt habe, hat mir einer von den Ärzten über die Schulter geschaut, mir Tipps gegeben und sehr geduldig meine Fragen beantwortet („Würdest du sagen das ist auch noch Schilddrüsengewebe? Ist das schon inhomogen? Messe ich jetzt von hier oder von hier?…“) Gerade dieses direkte Feedback war zum Lernen oder für mich zum noch einmal Absichern natürlich ideal! In dem Zusammenhang ist mir erneut sehr bewusst geworden, wie verrückt es ist, dass sich ein Arzt mit langjähriger Berufserfahrung so viel Zeit nimmt und auch nehmen kann.
Diese Woche war von den zwei jungen Assistenzärztinnen, Sarah und Svenja, die letzte Woche. Die beiden waren während meiner Zeit hier hauptsächlich für mich zuständig und haben für mich von Anfang an zur Praxis gehört. Umso trauriger ist es natürlich, dass ihr Weiterbildungsjahr hier vorbei ist! Zum Abschied gab es ein sehr schönes Essen mit dem Ärzteteam im Biergarten in Schöfweg. Nach der langen Zeit im Lockdown war es nun umso schöner, wieder tatsächlich zusammen sitzen zu können!
Morgen starte ich mit gemischten Gefühlen in meine letzte Woche. Zwar freue ich mich auf meine Heimatstadt, werde aber das Team und die Arbeit hier sehr vermissen!
Woche 16: 21.6. – 25.6.2021
Meine letzte Woche war durch die ganzen Abschiede und letzten Male sehr besonders. Ich habe noch einmal Zeit in Kirchberg, Schöfweg und Lalling verbracht und mich dort verabschieden können. Die letzten Monate sind schnell vergangen und ich bin erstaunt, dass dieses Tertial schon vorbei sein soll. Gleichzeitig ist mir auch noch einmal bewusst geworden, wie viel sich für mich in den vier Monaten verändert hat und was ich gelernt habe. Am Anfang ist es mir oft noch schwergefallen, den Patienten gegenüber selbstbewusst aufzutreten und Struktur in Anamnese und Untersuchung zu bringen. Auch konnte ich es oft noch nicht so richtig einschätzen, was der Patient haben könnte und wie man am Besten reagieren sollte. Gegen Ende hatte ich für viele Symptome ein Schema im Kopf, das ich abarbeiten konnte, und kannte mögliche Therapieansätze. Schön war es auch zu merken, dass oft schon eine Art von „Bauchgefühl“ für die Patienten hatte, bei denen ich am Anfang vermutlich noch sehr geschwommen wäre. Auch praktisch habe ich viel erlernt und kenne viele neue Untersuchungstechniken für sämtliche Bereiche. Der Vorteil der Allgemeinmedizin für Lernende ist die Vielfalt an Symptomen der Patienten, dadurch habe ich neben den „Klassikern“, wie Herz abhören und Bauch abtasten, beispielsweise auch Sprunggelenke untersucht, Abszesse kontrolliert, Trommelfelle angeschaut und Hautveränderungen inspiziert. Ich habe das Gefühl, durch meine Zeit hier eine sehr gute Basis für sämtliche medizinische Bereiche bekommen zu haben.
Insgesamt kann ich sagen, dass mir die Zeit hier sehr gutgetan hat und ich viel Freude an der Arbeit hatte. Gerade durch die tollen Kollegen, die einen so motivieren und bestärken, habe ich viel Motivation für die weitere Ausbildung und mein kommendes Tertial sammeln können. Und der Bayerische Wald mit seiner schönen Natur und der Landschaft war da noch das I-Tüpfelchen! Ich würde es jederzeit wieder so machen.
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