Lisa Saffert

Praktisches Jahr
11.03.2024 – 30.06.2024

Woche 1: 11.03. – 17.03.2024

Hallo an alle, die gerade diesen Bericht lesen.
Mein Name ist Lisa, ich bin 25 Jahre alt und vor einer Woche hat mein zweites Tertial in meinem Wahlfach Allgemeinmedizin begonnen.
Schon nach meinem ersten Probetag, vor zwei Jahren, stand für mich fest, dass ich in dieses besondere Praxis- und Lehrkonzept reinschnuppern möchte. Gesagt, getan, ging es für mich Sonntagnachmittag, voller Vorfreude, mit dem Auto aus der Oberpfalz in den schönen Bayerischen Wald. Gemeinsam mit meiner besten Freundin Annalena, die schon das erste Tertial mit mir zusammen bestritten hat, bezogen wir die Zweier-Wohngemeinschaft in Kirchberg. Dank der guten Koordination und Kommunikation durch Frau Zissler, Herr Dr. Blank und Herr Dr. Kalmancai haben wir uns sofort gut aufgehoben gefühlt.
Meine erste Woche startete in Auerbach als Unterstützung von Herrn Dr. Kalmancai. Nach einer kurzen Autofahrt durch den schönen Bayerischen Wald empfing mich Herr Dr. Kalmancai sehr nett und erklärte mir als erstes die für die Arbeit in der Praxis notwendige Software. Dadurch sollte ich mich in den nächsten Tagen im Praxisalltag viel leichter tun. Allgemein habe ich mich sofort sehr gut aufgehoben und wohl gefühlt. Fragen waren bei Herrn Dr. Kalmancai jederzeit willkommen und auch Rückfragen stellte er häufig, was mir sehr gefallen hat, da man sich so sehr eingebunden gefühlt hat.
Die Abwechslung ist in der kurzen Zeit, die ich bisher in der Praxis war, schon sehr groß gewesen. Von Grippe über Gesundheitsuntersuchungen bis zu Einweisungen ins Krankenhaus war alles dabei. Bei Herrn Dr. Kalmancai wurde mir sehr schnell bewusst, wie dynamisch die medizinische Versorgung in der Hausarztpraxis abläuft. Er führt keine Terminsprechstunde und bietet Patienten mit sicherer Diagnosestellung eine konkrete Therapie an. Anderen Patienten, deren Symptomatik noch unklar erscheint, kann eine angepasste Therapie mit erneuter Vorstellung angeraten werden. Diese Arbeitsweise wirkte als starker Kontrast zu meinem 1. Tertial innere Medizin im Klinikum. Hier merkte ich schnell, dass das „hausärztliche Bauchgefühl“ eines erfahrenen Hausarztes, unterstützt durch fundiertes Wissen, eine sehr gute Kombination für individuelle, auf den Patienten abgestimmte Medizin ist. Begeistert hat mich außerdem das Vertrauen, welches mir entgegengebracht wurde, da ich von Anfang an selbstständig Patienten anamnestizieren, körperlich untersuchen und schallen durfte. Am Ende der Sprechstunde nahm sich Dr. Kalmancai immer Zeit, Fragen zu beantworten und interessante Fälle nochmals mit mir durchzusprechen.
All diese Erfahrungen bildeten für mich eine tolle Basis und stellten einen schönen Auftakt der Woche dar, wodurch ich mich sehr auf zwei weitere Tage freuen konnte.
Den zweiten Teil der Woche durfte ich in Kirchberg bei Herrn Dr. Blank und Frau Dr. Sporkert verbringen. Ein großer Vorteil an der Praxis in Kirchberg war für mich, dass ich nicht mit dem Auto fahren musste, sondern zu Fuß gehen konnte. Bergab ging das noch recht zügig, jedoch dauerte der Heimweg dafür umso länger. Von der kleinen Arztpraxis in Auerbach zu der sehr viel größeren in Kirchberg musste ich mich erstmal daran gewöhnen, häufig die Zimmer zu wechseln.
Schon in der ersten Woche zeigte sich für mich der grundsätzliche Vorteil eines PJ in genau dieser Gemeinschaftspraxis. Man bekommt sehr viele Eindrücke von unterschiedlichen Ärzten an unterschiedlichen Standorten. Erstaunt war ich außerdem darüber, wie offen die Patienten und Patientinnen gegenüber Studierenden sind. Bisher habe ich es ausschließlich so erlebt, dass es kein Problem war, dass ich, als Studentin, selbstständig die Anamnese und körperliche Untersuchung durchführen durfte. Nach meiner selbstständigen Vorarbeit konnte ich dann im weiteren Verlauf, in Anwesenheit des Arztes, meine bisherigen Befunde schildern und in manchen Fällen auch meine eigenen Therapievorschläge anbringen. Diese Vorgehensweise bestärkte mich sehr in meinem Arzt-Patienten Kontakt.
Zusätzlich zum normalen Praxisalltag hatten wir die Möglichkeit, an Seminaren des Famulatur-Programms „exzellenter Winter“ teilzunehmen. In diesem Rahmen fuhren wir am Dienstag für das Orthopädie-Seminar zur Asklepios Klinik in Schaufling. Am Mittwoch für das Depressionsseminar nach Regen und am Donnerstag für das Kinderheilkunde-Seminar nach Freyung.
Durch die Seminare motiviert haben wir abends das gelernte Wissen des Orthopädie-Seminars zur Untersuchung der Wirbelsäule in Form einer Checkliste aufgeschrieben.
Neben dem straffen Programm mit Praxisalltag und Seminaren gab es über die Mittagspause Fallbesprechungen, in denen komplexe Fälle überregional mit den anderen Kollegen und Kolleginnen besprochen wurden. Am Montag hatte Herr Dr. Blank noch zusätzlich Zeit uns das Tool Arriba etwas näherzubringen, mit dem Hausärzte den Patienten sehr gut anhand von Smileys verbildlichen können, wie hoch beispielsweise das kardiovaskuläre Risiko des betreffenden Patienten ist. Mich hat das System so begeistert, dass ich mir vorgenommen habe, das Programm in den nächsten Wochen selbst einmal mit einem Patienten auszuprobieren.
Alles in allem ein wirklich gelungener Auftakt meines Wahltertials Allgemeinmedizin im Bayerischen Wald!
 

Woche 2: 18.03. – 24.03.2024

Vom Wochenende in der Heimat gut gestärkt, startete Woche 2 für mich in Schöfweg. 
Wieder eine neue Praxis, die ich noch nicht kannte, in der ich jedoch sehr herzlich empfangen wurde. Ich war von Anfang an begeistert davon, wie evidenzbasiert und leitliniengerecht die Therapie der Patienten abläuft. Auch die Art der Anamneseführung überzeugte mich sehr. Durch die wertschätzende Art von Frau Dr. Kleudgen fühlte ich mich sehr wohl in Schöfweg.
Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir dort eine Patientin mit Bluthochdruck. Da die Patientin noch nicht sehr alt war, zogen wir eine sekundäre Genese in Betracht. Bei der Frage nach der Bestimmung des Aldosteron-Renin-Quotienten zum Ausschluss eines Hyperaldosteronismus war Recherchearbeit gefragt. Die Patientin nahm nämlich bereits seit ein paar Tagen einen Ca-Antagonisten ein und wir stellten uns die Frage, ob dieses Medikament die Blutwerte beeinflusst. Also machte ich mich im Buch für Labormedizin und mit Hilfe des Internets auf die Suche, welches Medikament den ARQ beeinflusst und war sehr überrascht von der Fülle der Medikamente, die ich fand. Das zeigte mir wieder einmal, wie wichtig es ist, vor einer Blutentnahme zu überlegen, welche Werte es zu bestimmen gilt, und andererseits auch darüber nachzudenken, woher etwaige Normwert-Veränderungen kommen könnten. Denn nicht jeder pathologische Wert bedeutet, dass der Patient krank ist, ganz nach dem Motto „Behandle den Patienten, nicht den Laborwert“.

In der 2. Hälfte der Woche tauschte ich mit Annalena und lernte in Kirchberg Herrn Dr. Machac kennen, der in einer Geschwindigkeit die Sprechstunde abarbeitete, die für mich völlig neu war. Durch die sehr zielgerichtete Anamnese und den klinischen Blick kamen wir schnell zur passenden Diagnose und konnten die Patienten zufrieden wieder nach Hause schicken. Zwischen den Patienten gab es immer wieder Zeit, kleine Themen nachzubesprechen und Fragen zu stellen. Das gefiel mir sehr gut, denn so konnte ich direkt die Theorie mit der Praxis verknüpfen und mir das Gelernte schnell merken. 

Das schöne Wetter am freien Mittwochnachmittag nutzten Annalena und ich für unsere 1. Wanderung. Es ging über Bischofsmais zum Teufelstisch und wieder zurück. Für ein paar Stunden an der frischen Luft zu sein und die Natur im Bayerischen Wald zu genießen, tat sehr gut.

Am Donnerstagnachmittag trafen wir uns mit Philipp, der als PJler in Grafenau untergebracht war, zum Selbststudium. Wir hatten uns im Vorfeld auf das Thema „Brennen beim Wasserlassen“ geeinigt, da Harnwegsinfekte in jeder Praxis auftauchen und es doch recht viele Unterschiede in der Therapie gibt. Um etwas Licht ins Dunkel zu bringen, erstellten wir nach 2,5h Leitlinien schmökern für jede Patientengruppe ein Flussdiagramm, welches uns später beim diagnostischen Vorgehen und der Therapie helfen soll. Zum Abschluss des Themas sprachen wir noch einen Fall aus dem Fällebuch Allgemeinmedizin durch, welcher uns nach dieser Lerneinheit nun nicht mehr schwer fiel. Es machte sehr viel Spaß, sich intensiv mit einem Thema zu beschäftigen und die Zeit verging so schnell, dass ich mich schon auf die kommenden Donnerstage freue.

Zum Abschluss der Woche hatten Annalena und ich noch die Möglichkeit, Herrn Dr. Machac bei einem Teil seines KVB-Dienstes in der Bereitschaftspraxis in Zwiesel zu begleiten. Von 19 bis 21:00 Uhr hatten wir neben vier Patienten viel Zeit für eine Lerneinheit über TBVT, LAE, Asthma cardiale, Lungenentzündung, Pleuritis und welche diagnostischen Mittel man in der Hausarztpraxis nutzen kann, um zwischen den unterschiedlichen Lungenerkrankungen differenzieren und diese therapieren zu können.
 

Woche 3: 25.03. – 31.03.2024

In der dritten Woche meines Aufenthalts im Bayerischen Wald verbrachte ich die gesamte Zeit in Schöfweg. Dort habe ich mich bereits gut eingelebt und genieße das selbstständige Arbeiten. Mein Ziel für diese Woche war es, selbstsicherer aufzutreten, und ich hatte das Glück, dass eine Blockpraktikantin mich am Montag nach Schöfweg begleitete. Ihre Anwesenheit ermöglichte es mir, mein Auftreten zu reflektieren und zu verbessern. Wir wechselten uns rasch bei den Patienten ab, und jeder von uns konnte positive Erfahrungen aus dem Tag ziehen.

Passend zu meinem Vorhaben erhielten wir Input von Herrn Dr. Blank zum Thema Körpersprache, Körperhaltung und deren Auswirkung auf die Arzt-Patienten-Kommunikation. Die Kombination von Theorie, praktischer Anwendung und Reflexion der Praxis empfand ich als sehr lehrreich.

Zudem fand am Montag ein sehr informativer Vortrag von Herrn Dr. Machac über Schilddrüsenknoten statt, begleitet von praktischen Übungsbeispielen. Es war eine sehr gute Gelegenheit, unser Wissen zu vertiefen und die praktische Anwendung zu üben.

Ein besonderes Erlebnis dieser Woche war meine Begegnung mit einer Patientin. Bei ihr stellte ich den Verdacht auf eine Depression fest, was sich später anhand des PHQ-9-Fragebogens bestätigte. Es war das erste Mal, dass ich eine solche Diagnose stellte, und es verdeutlichte mir die immense Bedeutung der psychischen Gesundheit in der ärztlichen Praxis. Trotz des starken Verdachts entschieden wir uns auch dafür, mögliche somatische Gründe mittels einer Blutentnahme auszuschließen. Mir war es wichtig, sowohl psychische als auch körperliche Aspekte bei der Diagnosestellung zu berücksichtigen, um mögliche Differentialdiagnosen nicht zu übersehen und der Patientin die Sicherheit zu geben, alle möglichen Ursachen überprüft zu haben.

Häufig kommen Patienten in die Praxis, die einen Gesundheits-Check-up wünschen. Um diese Untersuchung näher zu beleuchten, hatten wir am Mittwoch ein Teaching bei Herrn Dr. Blank. Vorab informierten wir uns darüber, welche Komponenten der Check-up gemäß den Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) enthalten muss. Es zeigte sich ein deutlicher Unterschied zwischen Theorie und Praxis, denn überraschenderweise war die Liste des G-BA recht kurz gehalten, und wir kamen schnell zu der Erkenntnis, dass der Gesundheits-Check-up eine sehr individuell anzupassende Untersuchung ist. Beispielsweise ist die Frage nach dem Sturzrisiko bei einem 80-Jährigen relevanter als bei einem 50-Jährigen, und diesem 50-Jährigen würde man hingegen deutlich eher dazu Raten den Tabakkonsum zu reduzieren als dem 80-Jährigen, der schon „sein ganzes Leben lang geraucht hat“.

Außerdem ist es wichtig zu bedenken, dass ein Screening nicht nur helfen, sondern in Einzelfällen auch schaden kann. Unterschiedliche Untersuchungen sind unterschiedlich gut darin, Krankheiten zu erkennen. So kann es beispielsweise vorkommen, dass der PSA-Wert beim Screening auf Prostatakrebs falsch positiv ist und weitere Diagnostik nach sich zieht.

Aus diesem Teaching habe ich mitgenommen, dass der Arzt eine beratende Funktion hat, der Patient jedoch zu jeder Zeit selbst entscheiden kann, ob er eine Untersuchung wünscht oder nicht. Diese Tatsache habe ich in Schöfweg vor allem bei Impfberatungen festgestellt, denn hierbei kann ich in eben dieser beratenden Funktion tätig sein, und der Patient kann immer selbst entscheiden, ob er sich impfen lassen möchte oder nicht, ganz nach dem Prinzip des shared-desicion-making.

Woche 4: 01.04. – 07.04.2024

Genau wie in der letzten Woche handelte es sich auch diese Woche um eine 4-Tage-Woche. Dies wurde unter anderem deutlich, als die Sprechstunde am Dienstag nach dem Osterwochenende gut besucht war. Zusätzlich befanden sich drei der Gemeinschaftspraxen im Bayerwald im Urlaub. In dieser Zeit lernte ich Frau Dr. Stadler kennen, eine Assistenzärztin, die normalerweise in Lalling arbeitet, diese Woche jedoch die Praxis in Schöfweg unterstützte. Wir besprachen mehrmals Patienten und tauschten uns über das Thema „Unsicherheiten in der Hausarztpraxis“ aus. Dabei erinnerte mich unser Gespräch an meine Zeit als Tutorin beim Anamnesetraining während meines Studiums. Dort hatten wir ebenfalls das Thema Unsicherheit behandelt und den Umgang damit anhand einer Studie (für alle Interessierten: von Margot O’Riordan aus dem Jahr 2011) erarbeitet. Besonders wichtig waren dabei der Aufbau einer guten Arzt-Patienten-Beziehung, das shared decision-making, die evidenzbasierte Medizin und der kollegiale Austausch, um Ärzten Unsicherheiten zu nehmen. Es begeisterte mich zu sehen, dass genau diese Ansätze auch in den Gemeinschaftspraxen des Bayerwaldes praktiziert werden. Dennoch bestätigte uns Frau Dr. Kleudgen, dass Unsicherheit immer ein Teil der ärztlichen Arbeit sein wird.
Am Mittwoch begleitete ich Frau Dr. Kleudgen erstmals auf Hausbesuche. Die ländlichen Wege führten uns zu unterschiedlichsten Menschen. Der besondere Reiz von Hausbesuchen liegt für mich darin, dass man die Patienten in ihrem vertrauten Umfeld kennenlernt. Hier werden nicht nur medizinische Aspekte sichtbar, sondern auch die Herausforderungen der häuslichen Versorgung. Bemerkenswert fand ich außerdem, wie häufig Familienmitglieder sich um ihre erkrankten Verwandten kümmerten.
Am Donnerstag trafen wir uns wieder mit Philipp, um eine weitere Leitlinie gemeinsam zu besprechen. Wir entschieden uns für die erst letztes Jahr überarbeitete Leitlinie zu gastrointestinalen Infektionen. Als Fazit nahm ich mit, dass bei Patienten mit akutem Durchfall keine routinemäßige Stuhluntersuchung durchgeführt wird, es sei denn, es gibt Hinweise auf schwere Verläufe, Risikofaktoren oder Begleiterkrankungen. Da ich im Praxisalltag häufiger mit Menschen zu tun habe, bei denen ich den Verdacht auf eine akute Gastroenteritis äußerte, und ich diesen immer empfohlen habe, ausreichend zu trinken, um den Flüssigkeits- und Elektrolytmangel auszugleichen, begeisterte mich vor allem das Rezept für die WHO-Trinklösung zur Rehydratation. Ich habe mir vorgenommen, diese bei dem nächsten Patienten zu erwähnen, und bin schon sehr gespannt auf die Rückmeldungen.
Am Freitagnachmittag nutzten Annalena und ich das schöne Wetter und besuchten die Burgruine in Weißenstein. Nach einem kurzen, idyllischen Spaziergang erkundeten wir außerdem den gläsernen Wald. Auch das Wochenende war geprägt von schönem Wetter, entspannten Lese-Nachmittagen auf Bänken mit Aussicht und einer kleinen Wanderung auf den Dreitannenriegel mit weitem Blick.
 

Woche 5: 08.04. – 14.04.2024

Nun ist schon wieder eine Woche vorbei und ich habe das Gefühl, dass die Zeit im Bayerischen Wald schneller vergeht als mir lieb ist.

Zu Beginn der Woche hatte ich die Gelegenheit, die Praxis in Lalling und das dortige Team kennenzulernen. Da ich nachmittags nur drei Patienten gesehen habe, konnte ich mir für diese entsprechend viel Zeit nehmen und habe mit deren Einverständnis eine umfassende Untersuchung gemacht, um meine praktischen Fähigkeiten weiter auszubauen. Nebenbei bemerkte ich auch, wie schnell man eine „Studenten“-Patienten-Beziehung aufbauen kann, wenn man Zeit investiert. Der Aufbau einer Arzt-Patienten-Beziehung war wie ein Leitfaden für mich diese Woche, denn ich habe in Schöfweg viele Patienten erneut gesehen, die ich bereits kennenlernen durfte. Es hat mir sehr viel Freude bereitet, sie weiterhin mitzubetreuen und den Verlauf der Erkrankung zu verfolgen.

Vom sonnigen Wetter beflügelt entschloss ich mich dazu, zusätzlich zum Teaching am Mittwoch und zum PJ-Selbststudium am Donnerstag an beiden Nachmittagen in der Sprechstunde mitzuwirken.

So hatte ich das Glück am Mittwochnachmittag Frau Dr. Kleudgen bei ihren ausführlichen Gesprächen mit Patienten zu beobachten, deren Erkrankungen oft keine somatische Ursache haben. Ihr Einfühlungsvermögen und das Verständnis für die Patienten haben mich sehr beeindruckt.
Nach dieser Nachmittagssprechstunde gab Herr Dr. Blank ein aufschlussreiches Teaching über Rheuma. Anfangs war das Thema für mich schwer greifbar, da es in der Hausarztpraxis nicht allzu häufig vorkommt und ein Überbegriff für viele Erkrankungen mit unterschiedlichsten Symptomen ist. Wir konzentrierten uns auf die häufigsten Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis und Polymyalgia rheumatica. Dieses Teaching hat mir definitiv mehr Sicherheit im Umgang mit rheumatischen Erkrankungen, deren Diagnose und Therapie gegeben und mir die Angst genommen, in der Hausarztpraxis mit einer Therapie zu beginnen.
Zum Abendessen schauten wir uns dann noch einen Vortrag zu venösen Thromboembolien an, um unser Wissen aus dem Studium aufzufrischen. 
Am Abend kam Regine in Kirchberg an, eine Hospitantin aus Bayreuth, die überlegt, ihr Wahltertial im Bayerischen Wald zu absolvieren. Wir verbrachten den restlichen Abend damit uns mit ihr auszutauschen.

Am Donnerstag nutzten Annalena und ich das herrliche Wetter, um uns mittags im Feng-Shui-Park in Lalling zum Essen zu treffen und die Leitlinie zur arteriellen Hypertonie zu besprechen. Wir entschieden uns für diese Leitlinie, da die arterielle Hypertonie ein sehr häufiges Krankheitsbild in der Hausarztpraxis darstellt. Zu meiner Freude bestand diese Leitlinie auch aus vielen Flowcharts, die sich meiner Meinung nach als sehr praktikabel erweisen.

Und dann war es auch schon wieder Freitag. Zum Ausklang der Arbeitswoche machten wir uns nach der Sprechstunde auf den Weg nach Grattersdorf, um mit einer Wanderung zum kleinen und großen Büchelstein das Wochenende einzuläuten.

Das Wochenende verbrachten wir mit viel Lesen, Entspannen und einer Wanderung auf den Rachel. Ich war ganz begeistert von den vielfältigen Eindrücken auf diesem Berg, da die Vegetation dort sehr unterschiedlich ist und die Aussicht nie langweilig wird. Den Sonntagabend nutzte ich dazu, meine doch etwas müden Beine hochzulegen und mit Annalena und der Famulantin Jocelyn, die nebenan wohnt, Spiele zu spielen.
 

Woche 6: 15.04. – 21.04.2024

Wie jeden Montag, begann auch diese Woche mit einem Vortrag, diesmal zum Thema Hypothyreose. Das dabei aufgefrischte Wissen war nicht nur theoretisch interessant, sondern erwies sich auch in der Praxis als äußerst nützlich, da ich es gleich zweimal diese Woche erfolgreich anwenden konnte. Am Mittwochnachmittag vertiefte ich gemeinsam mit Annalena unsere EKG-Kenntnisse. Wir suchten im Internet nach frei zugänglichen EKGs verschiedener Krankheitsbilder und testeten unser Wissen gegenseitig. Der gemeinsame Lernprozess fühlte sich dabei nicht wie eine Lernaufgabe an, sondern eher wie ein Gespräch unter Freundinnen. Den Tag rundete der Journal Club ab, bei dem verschiedene Studienergebnisse diskutiert und ein Fazit gezogen wurde. Diese Diskussionen waren sehr praxisorientiert, sodass wir in kurzer Zeit die relevanten Inhalte erfassen konnten.

Die letzte Woche hatte uns bereits auf den Sommerbeginn hoffen lassen, doch diese Woche überraschte uns mit einer Rückkehr des Winters und sogar etwas Schneefall. Am Freitag war die Praxis in Schöfweg nicht ärztlich besetzt, sodass ich die Möglichkeit nutzte, um bei Herrn Dr. Kalmancai in Auerbach reinzuschauen. Der Tag war super interessant, und ich habe mir einige Patienten gemerkt, deren Fälle ich weiterverfolgen möchte.

Am Wochenende besuchte mich mein Partner. Trotz des Nebels und der kühlen 5°C mit leichtem Schneefall haben wir uns am Samstag aufgemacht, um den großen und kleinen Büchelstein zu erkunden. Am Sonntag ging’s dann bei trockenem Wetter nach Spiegelau, um den Marienkäferweg entlang der Steinklamm zu wandern. Zum krönenden Abschluss des Wochenendes haben wir es uns im Gasthof zum Sonnenwald gemütlich gemacht und die regionalen Speisen genossen.
 

Woche 7: 22.04. – 28.04.2024

Die Woche begann am Montag wieder mit einem breiten Spektrum an Patienten, von Infekten über orthopädische Beschwerden bis hin zur Herzinsuffizienz-Therapie; alles war dabei. Auch wenn ich mir morgens hin und wieder wünsche, noch eine weitere Stunde im Bett verbringen zu können, steigt die Motivation auf die Sprechstunde mit jedem Meter, den ich von Kirchberg in Richtung Schöfweg zurücklege.
Mittags gab es, wie jeden Montag, einen Vortrag, diesmal über „Kompressionssonographie bei tiefer Beinvenenthrombose“. Wie nicht anders zu erwarten, war er sehr lehrreich, und ich hoffe, dass ich die Gelegenheit haben werde, diese Technik des Ultraschalls auszuprobieren und zu üben. Mein Vorhaben für diese Woche war es, die Medikamente, die in der Praxis des Öfteren verschrieben werden, genauer unter die Lupe zu nehmen und im Arzneimittel-Telegramm Indikation und Dosierung nachzulesen.
Am Mittwoch stand ein Vortrag von Frau Prof. Dr. Münch, einer Politikwissenschaftlerin aus Tutzingen, über die „Hausarztpraxis im Wandel der gesellschaftspolitischen Veränderungen“, an. Dieser bereicherte mein Verständnis für die zukünftige Rolle des Hausarztes abseits der medizinischen Kompetenz.
Den Abend nutzten Annalena und ich, um uns gegenseitig auf das langsam immer näher rückende Staatsexamen vorzubereiten, indem wir internistische Fälle durchgingen.
Am Donnerstag besuchte uns Philipp wieder und unsere Diskussion über die Leitlinie zu Diabetes mellitus offenbarte, dass die hausärztliche Erstversorgung bei Diabetes einfacher ist als gedacht. Die Leitlinie betonte, wie die anderen zuvor auch schon, vor allem die partizipative Entscheidungsfindung gemeinsam mit dem Patienten, denn ein noch so gutes Medikament hat keine Wirkung, wenn der Patient es nicht einnimmt.
Mein Fazit der Woche ist, dass es mir sehr gut gefällt, dass man in einer Hausarztpraxis die Patienten über lange Zeit betreuen kann. Dadurch hat man die Möglichkeit immer wieder zu hinterfragen, zu reflektieren und zu kontrollieren, ob die Diagnostik oder Therapie, die man angewendet hat, für den Patienten richtig war.
Außerdem stelle ich fest, dass der mir entgegengebrachte Vertrauensvorschuss und die Möglichkeit, selbstständig zu arbeiten, mich so sehr motiviert, dass ich mich auch außerhalb der Sprechzeiten fortbilde, um eine qualitativ hochwertige Beratung der Patienten leisten zu können.
Zum Abschluss der Woche erkundete ich Freitagnachmittag den Brotjacklriegel. Die Wanderung war sehr erholsam und entspannend, da ich auf der ganzen Tour keinem Menschen begegnet bin und so in völliger Ruhe, die noch mit etwas Schnee bedeckte Natur genießen konnte. 
Am Samstag machten Anna und ich uns in das 2 Stunden entfernte Linz auf, um einen kleinen Städtetrip zu machen. Bei schönem Wetter und 20 Grad hat sich das auf jeden Fall gelohnt.
 

Woche 8: 29.04. – 05.05.2024

In dieser Woche hatte ich den Auftrag, mich intensiver mit hormonellen Verhütungsmitteln auseinanderzusetzen. Besonders interessant fand ich die unterschiedliche Empfindlichkeit dieser Methoden gegenüber externen Faktoren wie Durchfällen und der Einnahme von Antibiotika. Die Hormonspirale beeindruckte mich dabei am meisten, da sie aufgrund ihrer lokalen Wirkungsweise am wenigsten von solchen Störungen betroffen zu sein scheint. Im Gegensatz dazu könnte das Hormonstäbchen, ähnlich wie die Pille, durch Antibiotika in seiner Wirksamkeit beeinträchtigt werden, was auf die systemische Hormonabgabe zurückzuführen ist.
Die Dreimonatsspritze ist ein Verhütungsmittel, zu dem laut Fachinformation überraschenderweise keine Studien hinsichtlich der Arzneimittelinteraktion geführt wurden, obwohl sie laut „Amboss“ zu den Verhütungsmitteln gehört, die nicht von Antibiotika beeinflusst werden. Diese Lücke in der Forschung hat mich daran erinnert, wie wichtig es ist, wissenschaftliche Quellen nicht nur zu konsumieren, sondern auch kritisch zu hinterfragen.
Ein besonderer Fokus lag diese Woche auf der Auseinandersetzung mit der Leitlinie zu Herpes Zoster. Annalena und ich hatten uns vorgenommen, den Donnerstagnachmittag zu nutzen, um unser Wissen über diese häufige Erkrankung zu vertiefen. Herpes Zoster, auch bekannt als Gürtelrose, ist eine Erkrankung, die für viele Patienten in der Hausarztpraxis eine große Rolle spielt. Die Leitlinie bietet eine umfassende Übersicht über Diagnose, Behandlungsoptionen und Präventionsmaßnahmen, die für die Patientenversorgung entscheidend sind.
Wir diskutierten die neuesten Empfehlungen zur antiviralen Therapie und die Bedeutung der frühzeitigen Behandlung, um Komplikationen wie postherpetische Neuralgien zu vermeiden. Besonders interessant fanden wir die Abschnitte über die Impfempfehlungen, die darauf abzielen, das Risiko eines Herpes Zoster bei älteren und immungeschwächten Personen zu reduzieren.
Ein prägendes Erlebnis dieser Woche war die Frage einer Patientin nach der Bedeutung des Ausdrucks „diastolische Funktionsstörung“, der sich in ihrem Arztbrief befand. Es war eine Herausforderung für mich, ihr die Komplexität dieses Begriffs verständlich zu machen.
Diese Begegnung motivierte mich zur Anmeldung bei „washabich.de“, einer Website, die medizinische Befunde in Laiensprache übersetzt. Nach der Teilnahme an einem Kommunikationsseminar und der Erstellung eines Probebefundes bin ich schon sehr gespannt auf die Übersetzung der kommenden echten Befunde.
Das Wochenende war ein Highlight, als ich meine Familie empfangen durfte. Wir genossen gemeinsam die Schönheit des Bayerischen Waldes, was einen schönen Abschluss einer lehrreichen Woche darstellte.

Woche 9:06.05. – 12.05.2024 & Woche 10: 13.05. – 19.05.2024

Frisch und voller Energie kehrte ich aus meinem Urlaub zurück, bereit für eine neue Woche voller Herausforderungen. Da die Praxis in Schöfweg geschlossen war, verbrachte ich die gesamte Woche in Kirchberg. Es war faszinierend zu beobachten, wie unterschiedlich die Arbeitsweisen der Ärzte sind. Als Medizinstudent profitiere ich enorm von der Vielfalt ihrer Spezialgebiete und individuellen Stile.
Diese Woche war geprägt von einer Welle von Erkältungen, die durch meine zunehmende Erfahrung mit Infektionskrankheiten schnell und effizient behandelt werden konnten. Dr. Machac nutzte jede freie Minute, um mit mir über verschiedene medizinische Themen zu sprechen. Ohne dass ich Fragen stellen musste, tauchten wir tief in die Materie ein – von Hämochromatose über EBV bis hin zur Gicht. Selbst wenn man vorher dachte, bereits ein gutes Grundwissen über diese Erkrankungen zu haben, konnte Dr. Machac immer noch wertvolle Informationen hinzufügen. Diese Art des Wissensaustauschs war unglaublich bereichernd, und meine Lernkurve stieg exponentiell an.
Am Mittwoch besuchten wir online einen externen Vortrag über das Absetzen von Psychopharmaka. Besonders aufschlussreich war die Erkenntnis, dass das Absetzen von Antidepressiva Symptome hervorrufen kann, die einer Depression ähneln. Um eine depressive Episode von Absetzsymptomen zu unterscheiden, ist das unterschiedliche Zeitfenster ihres Auftretens entscheidend: Absetzsymptome treten typischerweise nach 1-2 Wochen auf, während eine erneute depressive Episode später einsetzt.
Nachdem wir vor einigen Wochen einen Vortrag über tiefe Beinvenenthrombose gehört hatten, war es nun an der Zeit, das theoretische Wissen in die Praxis umzusetzen. Zusammen mit Philipp nutzten wir einen Nachmittag, um unter Dr. Machacs Anleitung unsere Beine mittels Ultraschall zu untersuchen.
Am Donnerstag, während unseres Selbststudiums, widmeten wir uns der Leitlinie für Borreliose nach Zeckenstichen. Wir kamen zu dem Schluss, dass eine Serologie im akuten Stadium nicht aussagekräftig ist und daher nicht durchgeführt wird. Da alle Ärzte unserer Gemeinschaftspraxis stets auf dem neuesten Stand der medizinischen Forschung sind, war uns dies bereits vor dem Studium der Leitlinie bekannt.

Woche 11: 20.05. – 26.05.2024

Nach einer zweiwöchigen Pause in Schöfweg und einem anschließenden Feiertag begann meine Arbeitswoche erst am Dienstag. Doch gleich zu Beginn wurde ich mit einem überfüllten Wartezimmer konfrontiert, das eine bunte Mischung aus Patienten bot. Drei Fälle sind mir besonders in Erinnerung geblieben, da sie sofortiges Handeln erforderten.
Am Montag trat der erste Fall auf: Ein Hobbyimker hatte mehrere Bienenstiche erlitten, auch im Gesicht, was zu einer starken Schwellung seiner rechten Gesichtshälfte führte. Glücklicherweise konnten wir weitere Symptome einer allergischen Reaktion ausschließen. Er erhielt von uns eine Kurzinfusion mit Cortison und Fenistil intravenös. Bei der Nachkontrolle am nächsten Tag war die Schwellung bereits deutlich zurückgegangen.
Der zweite Patient kam mit Symptomen eines akuten Koronarsyndroms zu uns. Im EKG waren leichte ST-Senkungen zu erkennen, weshalb wir beschlossen, ihn umgehend ins Krankenhaus einzuweisen.
Der dritte Fall war ein Patient aus Rumänien, der zusammen mit einem Kollegen kam, um Sprachbarrieren zu überwinden. Es war das erste Mal, dass ich eine tiefe Beinvenenthrombose sah, wie sie im Lehrbuch beschrieben wird. Wir bestellten den Patienten zur Kontrolle der Thrombose unter Antikoagulation für Dienstag wieder ein. Ich freue mich darauf, die Ultraschalluntersuchung der Beinvenen durchzuführen, die wir erst kürzlich als PJler geübt hatten.
Diese drei Fälle hatten gemeinsam, dass ich solche Krankheitsbilder bisher noch nicht in der Hausarztpraxis erlebt und mitbehandelt hatte. Der Lerneffekt war dementsprechend groß. Es hat mir viel Freude bereitet, mein im Studium erworbenes Wissen anzuwenden und zu wissen, dass ich mich auf das Gelernte verlassen, Leitsymptome erkennen und die weitere Diagnostik einleiten kann. Es gefällt mir sehr, so viel Selbstvertrauen aufbauen zu können, indem ich den Erstkontakt mit den Patienten herstelle und einen Behandlungsplan entwickle, den ich anschließend mit Frau Dr. Kleudgen besprechen kann.
Zusätzlich zum normalen Praxisbetrieb war diese Woche an zwei Tagen die Blockpraktikantin Teresa in Schöfweg. Dadurch konnten wir gemeinsam Patienten betreuen und uns gegenseitig Feedback geben. Es hat mir viel Freude bereitet, mein erworbenes praktisches Wissen weiterzugeben und gleichzeitig zu überprüfen, wie gut ich etwas verstanden habe, indem ich es erklärte.
Insgesamt war es eine sehr lehrreiche, wenn auch kurze Woche.

Woche 12: 27.05. – 02.06.2024

Meine Woche war eine Mischung aus beruflicher Fortbildung und persönlicher Entfaltung. Sie begann mit einem Vortrag über sekundäre Hypertonie. Da ich bereits dem Amboss-Podcast zu diesem spannenden Thema gelauscht hatte, waren die Informationen, die Dr. Machac uns gab, eine gute Wiederholung. Zudem war es sehr hilfreich, die Meinungen der anderen Ärzte zum tatsächlichen diagnostischen Vorgehen in der Praxis zu hören.

In meinem letzten Bericht hatte ich von einem Patienten mit tiefer Beinvenenthrombose berichtet. Dieser stellte sich am Dienstag erneut vor, und ich hatte die Gelegenheit, eine Venensonographie durchzuführen. Da Thrombosen sich glücklicherweise nicht so schnell auflösen, konnte ich tatsächlich mittels Kompression die Thrombose darstellen. Ich freute mich sehr darüber, diese Möglichkeit bekommen zu haben.

Diese Woche lernte ich einen Patienten kennen, dessen Enkelin gegen HPV geimpft wurde. Er offenbarte mir, dass er davon nicht begeistert war und monierte, dass man Kinder in so jungem Alter so häufig impfen muss. Ich nahm mir die Zeit, um die Desinformation zu korrigieren und stellte meine Fähigkeit, komplexe medizinische Informationen verständlich zu vermitteln, auf die Probe. Die anfängliche Skepsis des Beratenen konnte ich durch eine klare Darlegung der Vor- und Nachteile der Impfung ausräumen. Der Patient sah die Impfung zum Ende des Gesprächs als gute Möglichkeit, den Gebärmutterhalskrebs, der durch HPV verursacht werden kann, vorzubeugen, und bedankte sich, dass ich mir die Zeit zur Aufklärung genommen habe. Die erfolgreiche Aufklärung hat nicht nur die Einstellung des Patienten verbessert, sondern mir auch die Bedeutung von Patientengesprächen als Teil der präventiven Medizin bestätigt.

Mittwochs war wieder Teaching-Tag: Diesmal von Bea, einer medizinischen Fachangestellten und Wundexpertin aus Schöfweg. Wir trafen uns zusammen mit Philipp und Nora, der Assistenzärztin, in unserer WG in Kirchberg und konnten praxisnah Materialien tasten, Cremes testen und Verknüpfungen herstellen, welche Salbe auf welche Wunde aufgetragen werden soll, wann man desinfizieren muss und vieles mehr. Durch die Expertise und die detaillierten und praxisnahen Informationen von Bea fühle ich mich nun nicht mehr hilflos bei der Frage, wie ich welche Wunde versorgen würde. Annalena, Bea und ich ließen den Abend mit einer Pizza und Gesprächen gemütlich ausklingen.

An den meisten Freitagen ist Petra in der Praxis in Schöfweg. Hier sieht sie die Patienten zum DMP Diabetes. Ich hatte das Glück, dass an diesem Freitag eine Einzel-Ernährungsschulung für eine Patientin stattfand, bei der im Check-up ein DM Typ II festgestellt wurde. Petras Fähigkeit, den Patienten zu vermitteln, dass sie trotz ihrer Erkrankung weiterhin Freude am Essen haben können, war beeindruckend. Es war eine wichtige Erinnerung daran, dass eine Diagnose nicht das Ende des Genusses bedeuten muss.

Das Wochenende nutzte ich, um dem regnerischen Wetter zu entfliehen und kreative Energie zu tanken. In Frauenau hatte ich die Gelegenheit, in der Glasmanufaktur Eisch meinen eigenen Handschmeichler zu gestalten, was eine willkommene Abwechslung war. Im Anschluss besuchte ich noch die kleine Ausstellung des Werks und lauschte gespannt der Führung des Seniorchefs. Nach einem kleinen Spaziergang durch den Gläsernen Garten genoss ich noch ein paar entspannte Stunden im Café des Glasmuseums bei Tee, Kuchen und einem Buch.

Am Sonntag setzte ich das entspannte Wochenende fort, und Annalena und ich besuchten das Café Fledermaus in Rinchnach. Den Tipp hatten wir im Erfahrungsbericht von Hannah gelesen (die wir beide in Amberg bei unserem Innere-Tertial kennengelernt hatten). Der köstliche Streuselkuchen und die ruhige Lesezeit waren ein wunderbarer Abschluss einer ereignisreichen Woche. Wir können das Café auf jeden Fall weiterempfehlen!

Woche 13: 03.06. – 09.06.2024

Die vergangene Woche war voller neuer Eindrücke und Erfahrungen für mich. Im Gegensatz zu den routinemäßigen Wochen zuvor begann diese mit einer dreitägigen Hospitation in der Reha-Klinik Schaufling.

Unter der Anleitung von Dr. Tamas Buvar, den wir bereits aus einem früheren Wirbelsäulen-Teaching kennen, wurde ein umfangreiches Programm organisiert. Ziel war es, uns einen Einblick in verschiedene Therapieformen zu ermöglichen. 
Wir bekamen die Chance, Behandlungsmethoden wie Elektrotherapie, Wärmetherapie, Hydrojet, Lymphomat, Rückenschule und einiges mehr nicht nur kennenzulernen, sondern auch aktiv teilzunehmen und sie selbst auszuprobieren.
Ein Highlight war der Nachmittag, an dem wir Dr. Buvar bei einer Patientenaufnahme begleiten durften. Diese unterschied sich deutlich von den üblichen Aufnahmen im Krankenhaus, da wir etwa 1,5 Stunden für Anamnese und körperliche Untersuchung im Patientenzimmer verbrachten.
An den anderen Nachmittagen erlernten wir detaillierte und strukturierte Untersuchungstechniken für die Schulter und das Knie sowie die Sonographie dieser Gelenke. Besonders aufschlussreich war auch ein Gespräch mit einem Orthopädietechniker, das mir zeigte, wie wichtig das Verständnis für Einlagen und Orthesen in der allgemeinmedizinischen Praxis ist.
Ein wesentlicher Aspekt, der mir in Erinnerung bleiben wird, ist die Arbeitsweise der Reha-Klinik. Statt nach dem ICD arbeitet die Klinik nach dem ICF (International Classification of Functioning), was einen ganzheitlichen Blick auf die Patienten ermöglicht.
 

Woche 14: 10.06. – 16.06.2024

Diese Woche ist mir ein Gespräch besonders in Erinnerung geblieben. Es fand während eines Routine-Check-ups statt. Eine Patientin erwähnte, dass ihre Frauenärztin ihr einen Urin-Test angeboten hatte, der auf Blasenkrebs hinweisen kann. Diese Information überraschte mich, da ich bislang von einem solchen Test nichts wusste. Meine Neugier war geweckt, und nach der Sprechstunde machte ich mich an die Recherche. Zu meiner Verwunderung stellte ich fest, dass es diesen Test wirklich gibt und er zwischen 31 und 41 Euro kostet. Er gehört zu den sogenannten IGeL-Leistungen. Jedoch musste ich auch erkennen, dass die wissenschaftliche Evidenz für die Effektivität dieses Tests sehr eingeschränkt ist. Es gibt keine deutlichen Belege, die eine Senkung der Morbidität oder Mortalität durch den Test bestätigen, und auch über die diagnostische Qualität lässt sich keine sichere Aussage treffen. Es ist faszinierend und manchmal beunruhigend, welche unterschiedlichen medizinischen Empfehlungen Patienten erhalten können.
Am Mittwoch hatten wir das Privileg, von Herrn Prof. Dr. med. Kühlein, dem Leiter des Allgemeinmedizinischen Instituts in Erlangen, zu lernen. Sein Vortrag über den Umgang mit Depressionen in der Hausarztpraxis und die begrenzte Wirksamkeit von Antidepressiva war ein Augenöffner. Die von ihm vorgestellten Studien hinterfragten kritisch den Einsatz von Antidepressiva und regten zum Nachdenken an.
Donnerstags konzentrierten sich Annalena und ich auf die Bearbeitung von hausärztlichen Notfällen, wie sie in unserem Fällebuch beschrieben sind. Wir besprachen Szenarien wie den anaphylaktischen Schock, Verbrühungen, Schlaganfall und Hyperglykämie. Obwohl uns das grundsätzliche Vorgehen bei den meisten Notfällen bereits vertraut war, wurde uns bewusst, dass wir unser Wissen über die Dosierung und Verabreichung der Medikamente noch weiter ausbauen müssen. So recherchierten wir kurzerhand, wie man beispielsweise einen EpiPen richtig anwendet.
Ein weiterer prägender Moment dieser Woche war mein erster selbstständiger Hausbesuch. Ohne die gewohnte Unterstützung durch Frau Dr. Kleudgen fühlte ich mich zunächst unsicher, doch diese Erfahrung erwies sich als ungemein wertvoll. Ich konnte die Bedeutung und den Wert solcher Besuche aus erster Hand erleben, insbesondere die Dankbarkeit der Patienten, die aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sind, die Praxis aufzusuchen.
 

Woche 15: 17.06. – 23.06.2024

Da ich am Anfang der Woche Urlaub genommen hatte, um etwas Adrenalin und Cortisol in den Warteschlangen vor Achterbahnen auszuschütten, startete meine Woche erst am Donnerstag. Ich war bereits darauf vorbereitet, dass an diesem Tag ein Patient zu mir kommen würde, bei dem ich eine ausführliche orthopädische Untersuchung durchführen sollte, um sie in ein Gutachten einfügen zu können.

Also nahm ich mir viel Zeit und wandte alles an, was ich bisher in den Teachings und in den drei Tagen Hospitation in der Reha-Klinik in Schaufling gelernt hatte. Von der Neutral-Null-Methode über Inspektion und Testung nach Jobe, Neer, Hawkins und vielen weiteren Methoden war ich nach ungefähr 1,5 Stunden fertig mit der körperlichen Untersuchung und Dokumentation.

Am Donnerstagnachmittag entschieden wir uns, den letzten PJ-Nachmittag zu dritt mit einer Wanderung ausklingen zu lassen. So starteten wir auf der Rusel und landeten zu unserer Überraschung in Schaufling bei der Reha-Klinik. Mit einem Abstecher über den Königsstein ging es dann auch wieder teilweise barfuß, animiert durch eine Informationstafel zur Fußreflexzonenmassage, zurück.

Am Freitag war es dann soweit: Nach etwa vier Monaten PJ im Bayerischen Wald habe ich endlich mein erstes Erythema migrans bei einem Patienten entdeckt. Nun kann ich beruhigt in die letzte Woche des Tertials starten.
 

Woche 16: 24.06. – 30.06.2024

Und plötzlich sind die vier Monate im Bayerischen Wald vorbei. Schon zu Beginn der Woche schlich sich bei mir die Wehmut ein, denn die Zeit hier in der Gemeinschaftspraxis war so wertvoll für mich. Sowohl persönlich als auch fachlich konnte ich mich enorm weiterentwickeln. Vor allem mein Selbstbewusstsein und meine Selbstwirksamkeit im Umgang mit Patienten haben in diesen vier Monaten einen bedeutenden Schub erfahren.
Meine Sorge, die große Menge an Angeboten der Weiterbildung könnte mich überfordern, war unbegründet – ganz im Gegenteil. Durch die vielen Möglichkeiten, die mir geboten wurden, konnte ich eine ganz neue Motivation schöpfen und meine Fähigkeiten ausbauen.
Der Abschied aus meiner „Hauptpraxis“ in Schöfweg fiel mir definitiv schwer, da mich alle so herzlich aufgenommen hatten und man sich dort nur wohlfühlen konnte. Auch die Patienten im Bayerischen Wald haben es mir leicht gemacht, diese Gegend ins Herz zu schließen. Es hat mir sehr viel Freude bereitet, mit so offenen und direkten Menschen zu arbeiten.
Mit gestärktem Selbstbewusstsein geht es nun für Annalena und mich nach Linz in das letzte Tertial des Praktischen Jahres – Chirurgie. Erwartungen habe ich noch keine, aber es wird eine Herausforderung sein, das Tertial im Bayerischen Wald zu übertreffen.
An dieser Stelle möchte ich mich von Herzen bei allen bedanken, die zu diesem wunderschönen PJ-Tertial beigetragen haben. Euer Engagement und eure Unterstützung haben diese Erfahrung unvergesslich gemacht.
An jeden, der diese Erfahrungsberichte liest und sich überlegt, am exzellenten Sommer oder Winter teilzunehmen, ein Blockpraktikum  oder PJ hier zu machen – wagt es, es lohnt sich allemal!