Katharina Schade

Praktisches Jahr
04.09.2023 – 31.12.2023

Woche 1: 04.09. – 10.09.2023

Mein zweites PJ Tertial steht an. Und auf dieses freue ich mich schon ganz besonders, denn es ist mein Wahltertial, welches ich auf dem bayerischen Land in einer Hausarztpraxis absolvieren werde. Da ich meine Wohnung in Jena zu Ende August gekündigt und mir ein paar freie Studientage angesammelt habe, habe ich die Entscheidung getroffen mein Tertial eine Woche eher als regulär anzutreten. Gesagt-Getan. Mit nur dem nötigsten (7 Umzugskartons und 1 Fahrrad) vollgestopft bis unter die Dachkante meines Autos bin ich am Samstag ins fast 4,5h entfernte bayerische Grafenau gefahren. Dort werde ich zusammen mit PJ-lerin Carla die nächsten 4 Monate wohnen. Als ich die Tür aufmachte, stand im Eingangsraum ein Empfangstresen, denn bei dem Haus in dem wir wohnen, handelt es sich um eine ehemalige Pension, die ausstattungstechnisch keine Wünsche übrig lässt. Es verfügt über eine große Gemeinschaftsküche, ein zugegeben altmodisch eingerichtetes Wohnzimmer und vor allem über geräumige Zimmer mit jeweils eigenem Bad. Da ich ja eine Woche früher startete, hatte ich jedoch das Glück meine Vorgängerin Alicia zu begleiten, die mich in den paar Tagen sowohl in den Haushalt inklusive komplizierter Mülltrennung und Gartenpflege sowie auch in der Praxis gut einarbeiten konnte. 
Den Sonntag haben wir aber erstmal bei bestem Wetter direkt für eine Wanderung auf den Falkenstein genutzt – so hätte der 1. Tag wahrlich nicht besser starten können.
Am Montagmorgen ging es dann kurz nach 7 los zur Praxis Bolla/ Hackl ins ca. 25 min entfernte Fürstenstein. Das gesamte Team begrüßte mich super freundlich und ich wusste, dass ich hier sehr gut aufgehoben sein werde. Nach einem kurzen Rundgang ging es auch schon mit dem ersten Patienten los- progrediente Hüftschmerzen, Anlaufschmerz, Ruhe- und Nachtschmerz. Ich konnte direkt zeigen, wo ich mein erstes Tertial verbracht habe- nämlich in der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, in der wir als PJ’ler die Aufgabe der Aufnahme inklusive orthopädischer Untersuchung hatten. 
Die zweite  Patientin hatte mich dann aber schnell auf den Boden der unwissenden Tatsachen geholt, denn mit der Autoimmunhepatitis hatte ich mich sicherlich schonmal in Vorbereitung aufs M2 beschäftigt, aber viel ist davon nicht mehr übrig geblieben. Aber schnell wird mir klar, dass es genau das ist, worauf ich mich in diesem Tertial so sehr gefreut habe – Anamnesen erheben, Diagnostik starten, über die Diagnose tüfteln, nochmal nachlesen und dann hoffentlich ganz viel verschiedene Krankheitsbilder an Patienten kennenlernen, anstelle sie nur im Buch nachlesen zu müssen.
Die erste Woche ging wahnsinnig schnell um und ich war auch ganz schön platt. Neben dem Praxisalltag finden mehrmals wöchentlich verschiedene Fallbesprechungen statt, in denen per Zoom in einem überregionalen Ärztenetzwerk über aktuelle Patientenfälle kontrovers diskutiert und beraten wird. Hier kann man einiges mitnehmen und natürlich auch ohne Ende fragen stellen. Eine tolle Möglichkeit, sich über die Praxis hinaus noch zu connecten und Wissen zu erlangen. 
PS: In den bayerischen Dialekt hört man sich tatsächlich sehr schnell rein. Nur bei einem Patienten, der zu seiner bayerischen Sprache auch noch stark alkoholisiert war, wünschte ich mir einen Übersetzer gehabt zu haben- doch so blieb mir nur nicken und lächeln übrig 🙂
 

Woche 2: 11.09. – 17.09.2023

Das Wochenende habe ich zunächst mit einer Wanderung auf den allseits erwähnten Lusen verbracht, was sich bei hochsommerlichem Wetter und wolkenfreiem Himmel sehr gelohnt hat. Außerdem hab ich mich in Passau beim Sport angemeldet, damit ich neben der Arbeit noch einen kleinen körperlichen Ausgleich habe. An den beiden Nachmittagen stand jeweils nochmal ein bisschen Sonographietheorie auf meinem Programm. Ich werde schon bald anfangen in der Praxis die Patienten vorzuschallen und möchte darauf natürlich möglichst gut vorbereitet sein. In der Uni habe ich bisher nur wenig Schallerfahrung sammeln können und somit ist dies eins meiner persönlichen Ziele im Tertial Allgemeinmedizin.
Den Montag habe ich mit Dr. Hackl verbracht. Ich bin sehr beeindruckt davon, wie viel Zeit er sich für jeden Patienten und dessen Untersuchung nimmt. Da meine letzte neurologische Untersuchung schon etwas her ist, hat er mir nochmal ausführlich erklärt, worauf es ihm im hausärztlichen Setting besonders ankommt und worauf ich achten sollte. 
Am späten Vormittag sind wir dann ins Altersheim nach Tittling gefahren. Hausbesuche sind in der Allgemeinmedizin ein fester Bestandteil und deswegen war ich besonders gespannt darauf, was mich erwarten würde. Den Kontakt zwischen der Pflege und uns als Ärzteteam habe ich als sehr kooperativ wahrgenommen. Mit einem engen und regelmäßigen Austausch kann man den ein oder anderen (unnötigen) Krankenhausaufenthalt vermeiden. Außerdem ist mir extrem positiv aufgefallen, wie dankbar viele der Heimbewohner sind, dass wir uns Zeit für sie genommen haben. 
In der Mittagspause stand in der Themenbesprechung die „Gicht“ auf dem Programm- passte perfekt, denn am nächsten Tag haben wir für die Studenten aus dem Programm „Exzellenter Sommer“ zusammen mit Stella, einer Ärztin aus dem Team der Gemeinschaftspraxis, einen Wissenskurs zu dem Thema gegeben- bzw. sie hat ihn gegeben und wir haben eher eine unterstützende Funktion eingenommen 😉 
Eine Patientin am Mittwochvormittag lag mir besonders am Herzen, weswegen ich sie hier auch erwähnen möchte. Sie leidet an einem Reizdarmsyndrom, was sie v.a. in stressigen Phasen ihres Lebens sehr belastet. Medikamentös habe sie schon vieles probiert, aber nichts habe so richtig geholfen. Schließlich habe ich ihr angeboten, eine Ernährungsberatung mit ihr durchzuführen. Ich habe 2022 eine Weiterbildung zum „Ernährungscoach-IHK“ durchgeführt und bin im allgemeinen wahnsinnig interessiert an der Ernährungsmedizin als Ergänzung zur Schulmedizin. So habe ich sie zunächst gebeten, mal eine Woche detailliert aufzuschreiben, was für Speisen und Getränke sie zu sich nimmt- dies werden wir in der nächsten Woche besprechen und gemeinsam durchgehen. Ich bin sehr gespannt inwiefern ich ihr helfen kann, denn im hausärztlichen Setting ist so eine Beratung auch Neuland für mich #staytuned.
Die restliche Woche verlief wie im Flug, bis wir am Samstag erneut einen Kurs mit den Studenten aus dem exzellenten Sommer hatten. Diesmal nahmen wir als PJ’ler eine aktivere Rolle ein und haben jeweils in 25 min einen Teil der körperlichen Untersuchung angeleitet. Mir war das Abdomen zugeteilt und so sind wir gemeinsam anhand der Beispiele Appendizitis und Aszites nochmal die einzelnen Tests und Untersuchungstechniken durchgegangen- auch für mich immer wieder eine wichtige, sehr praxisrelevante Auffrischung. 
 

Woche 3: 18.09. – 24.09.2023

Am Montagmorgen habe ich mich gefühlt, als wären wir als Vertretung der Dermatologie eingesetzt- es kam ein Patient nach dem anderen mit verschiedensten Effloreszenzen in die Sprechstunde herein. Für mich bisher noch ein sehr sehr schwieriges Feld der Medizin- sowohl in der Befundbeschreibung, Diagnosefindung, als auch in Therapieversuchen. Was ich zwar grundsätzlich schon gelernt habe, ist, dass man in der Allgemeinmedizin nicht immer sofort alles parat haben muss und auch viel erstmal ausprobiert (v.a bei dermatologischen Problemen), aber dennoch bin ich sehr motiviert zumindest grundlegende Effloreszenzen am Ende des Tertials sicher erkennen zu können. Dafür werde ich mir künftig jeden Befund abphotographieren und dokumentieren. Später in der Woche konnte ich einen ersten kleinen Diagnoseerfolg feiern- als ein 10-jähriger Junge in die Sprechstunde kam, habe ich ein „Erythema migrans“ identifizieren und die Diagnose „Borreliose“ stellen können. Wir haben ihm Doxycyclin verschrieben, welches er für 3 Wochen einnehmen soll. 
Im Laufe der Woche habe ich wieder regelmäßig meine Fähigkeiten im Ultraschall ausbauen können. Zum ersten Mal habe ich mehrere Zysten in beiden Nieren diagnostizieren können. Wie ich bei Dr. Bolla im Anschluss habe beobachten können, habe ich zwar längst nicht alle identifiziert, aber es ist zumindest ein kleiner Fortschritt. Per se sind Nierenzysten erstmal nichts Beunruhigendes, jedoch ist es wichtig, diese auszumessen und zu dokumentieren, um im Verlauf eine mögliche Größenprogredienz feststellen zu können. 
Zum hausärztlichen Tätigkeitsbereich gehört auch das sogenannte „GBA- geriatrische Basisassessment“, um bei Menschen ab 70 Jahren alltagspraktische Fähigkeiten einschätzen zu können. Dazu gehören u.a. das Aufmalen einer Uhr inklusive Uhrzeit, die eigenanamnestische Erhebung des Barthel-Index, sowie verschiedene Fragen und Aufgaben zur örtlichen, zeitlichen, situativen und persönlichen Orientierung. Objektiv konnte die 85-jährige Patientin, mit der wir die Tests durchgeführt haben, fast volle Punktzahl erhalten. Subjektiv jedoch kam Frau Hackl und mir die Patientin jedoch unruhig und suspekt vor. Aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung mit den geriatrischen Patienten hat sie schon ein Gespür dafür entwickelt, bei welchen Patienten evtl. noch etwas im Argen liegt. 
Ein weiteres Highlight dieser Woche war kulinarischer Art- die Mama einer MFA hat Erdapfelkäs gemacht- eine Art Brotaufstrich mit gekochten, zerstampften Kartoffeln, Rahm, saurer Sahne und Gewürzen… Himmlisch! 
Am Samstag Vormittag stand wieder ein Teaching für die Studenten vom Exzellenten Sommer an. Gemeinsam mit 4 Assistenzärzten haben wir die Themen COPD/Asthma, KHK, Herzinsuffizienz und Diabetes besprochen. Auch wenn ich eigentlich den lehrenden Part übernommen habe, konnte ich wieder viel Wissen dazu gewinnen- ein lehrreicher Abschluss einer anstrengenden, aber wirklich schönen Woche 🙂
Bayrisch für Anfänger: Schmerzen in den Haxen können das gesamte Bein vom Fuß bis zur Hüfte aufwärts betreffen oder aber auch nur Fuß bedeuten- kann man sich dann quasi aussuchen?! 🙂 

Woche 4: 25.09. – 01.10.2023

Der erste Monat ist um! Wahnsinn! Aber die Zeit vergeht schneller, wenn der Alltag Spaß macht- und das tut er in der Tat. 
Die Woche begann (wieder) mit einem spannenden Sonobefund. Manchmal habe ich das Gefühl, dass Patienten sich untereinander absprechen, denn so viele dermatologische Patienten wie wir letzte Woche hatten, so viele Patienten mit Gallensteinen hatten wir in der letzten Woche- immerhin 4 Stück. Eine gute Gelegenheit, um mit Dr. Bolla nochmal kurz die Hinweise sowie Befunde von Gallensteinen im Sono durchzugehen- ein echoreicher Reflex mit dorsalem Schallschatten. Besonders schwierig zu erkennen (zumindest für mich) sind sie, wenn viele kleine Steine dicht aneinander gepackt sind und zu einem einzigen Reflex verschmelzen.
Die erste Hälfte der Woche lag ein wenig Abschiedsstimmung in der Luft- Herr Dr. Hackl und seine Frau sind Ende September in den Ruhestand gegangen. Ganz viele Patienten haben sich nochmal einen Termin bei ihm gemacht, um sich nochmal zu verabschieden und zu bedanken. Viele von ihnen hat er jahrelang begleitet, ist durch medizinische Aufs und Abs gegangen und kennt auch die Familien gut. Das hat mir wieder bewusst gemacht, welche Rolle man als Hausarzt im Leben seiner Patienten spielt und welches Vertrauen einem entgegengebracht wird.
Verabschiedet hat Dr. Hackl sich auch in den beiden Altersheimen, die er betreut. Wir haben die Gelegenheit genutzt und sind gemeinsam mit dem Pflegepersonal nochmal alle Patienten durchgegangen, haben einige Medikamente und Diagnosen angepasst. Gerade bei älteren Patienten muss man immer wieder neu prüfen, ob die aktuelle Medikation noch unbedingt notwendig ist, bzw. wo man auch die Dosis reduzieren kann. 
Dann wurden wir noch zu einer Heimbewohnerin gerufen, deren Hausarzt gerade im Urlaub ist. Sie habe seit gestern akute Bauchschmerzen und gegenüber ihren Mitbewohnern auch über Brustschmerzen geklagt. Vom Pflegepersonal erfuhren wir, dass sie nach mehrmaligen Messungen einen Blutdruck um die 80/50mmHg und eine Herzfrequenz > 100bpm hatte. Wir begleiteten die Patientin in ihr Zimmer, wobei sie mit einem ziemlich ordentlichen Tempo am Rollator voraus eilte. Sieht so eine kranke Patientin aus? Ja, kann schon sein. Denn als sich ihre Atemfrequenz auch nach einiger Zeit nicht beruhigte und wir damit eine qSOFA Score >2 erhoben, ließen wir sie ins Krankenhaus einweisen.
 

Woche 5: 02.10. – 08.10.2023

Am Montag war ich erstmals in der Praxis in Grafenau und habe Dr. Blank dort unterstützen dürfen. Auch wenn ich mich in Fürstenstein sehr wohl fühle, ist ein Praxiswechsel und somit auch ein Perspektivwechsel immer sehr aufschluss- und lehrreich. Jeder Arzt agiert ein klein wenig anders, wobei anderes weder richtig noch falsch ist. Auf diese Weise bekomme ich die Möglichkeit, die für mich passendste Arbeitsweise herauszufinden und obendrein lerne ich noch eine ganze Menge dazu- also win win. Für diesen Bericht möchte ich eine vermeintlich einfache, aber dennoch vielseitige Tätigkeit näher beleuchten- das Impfen. Obwohl ich der Meinung bin, dass ich inzwischen schon einige verschiedene Impftechniken gesehen habe, war am Montag doch wieder eine neue dabei, die ich definitiv zu meiner eigenen machen will. Dr. Blank hat mit der einen Hand den Arm des Patienten leicht gedrückt und damit einen dumpfen Reiz gesetzt. Dieser stellte dann einen Kontrast zur spitzen Impfnadel her, weswegen der Patient den Stich als viel weniger intensiv wahrgenommen hat. Toll, oder? 

Der gleiche Patient berichtet außerdem anschließend, dass er sich am Vortag beim Fußball spielen wohl eine Prellung am Knie zugezogen hatte und deswegen nun humpelte. Tatsächlich wies er ein Beuge- und Streckdefizit auf. Durch einen kurzen geschulten Blick mit dem Ultraschall konnte Dr. Blank eine Flüssigkeitsansammlung feststellen, die am ehesten einem traumatischen Bluterguss zuzuordnen ist. Mit einigen Anrufen gelang es uns, einen sehr zeitnahen MRT Termin auszumachen, um damit weitere Diagnostik und notwendige Therapie schnellstmöglich einzuleiten. 

Der Mittwoch war der zweite und tatsächlich schon mein letzter Tag der Woche, da ich mich am Donnerstag bereits auf den Weg in die Heimat für eine Woche Urlaub machte. 

Woche 6: 16.10. – 22.10.2023

Die Woche nach meinem Urlaub startete mit einer neuen Praxis- diesmal durfte ich Dr. Kalmancai in Auerbach über die Schultern schauen und unterstützen. Ich bin super dankbar, dass ich immer mal wieder in anderen Praxen hospitieren darf- das bringt unglaublich viel Mehrwert. Die Infektsaison hat die Sprechstunde aktuell wohl überall im Griff. Umso besser für mich, dass ich ganz viele Lungen abhören, Rachenringe anschauen und cervikale Lymphknoten abtasten kann. Mit der Dauer der Krankschreibung tue ich mich ehrlich gesagt noch ein wenig schwer. Ich möchte den Patienten natürlich einerseits genug Zeit zur Genesung zusprechen, aber andererseits auch nicht zu lange rausnehmen. Was ich jedoch immer wieder feststelle ist, dass die meisten Patienten oft schon eine eigene Vorstellung von der Dauer der Krankschreibung haben, von denen die meisten zum Glück mit meiner übereinstimmt. 
Am Dienstag ging es wieder zurück in die Praxis nach Fürstenstein, wo ich nun auch Dr. Klein kennenlernen durfte. Nachdem Dr. Hackl Ende September in die wohlverdiente Rente gegangen ist, wird er die Praxis zusammen mit Dr. Bolla künftig führen. Mit ihm bin ich auch direkt am Vormittag zu einem Hausbesuch gefahren. Besucht haben wir eine Mitte 90-jährige Palliativpatientin, die frisch aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Ihr Allgemeinzustand war schlecht. Wir überprüften alle Indikationen der oralen Medikamente, so dass sie so wenig Tabletten wie möglich schlucken muss. Außerdem setzen wir einige, wegen wahrscheinlich auftretender Komplikationen, Bedarfsmedikamente an. Obwohl es ihr so schlecht ging, war sie unglaublich dankbar für die Situation, in der sie sich befand: zu Hause, bei ihrer Familie, in vertrauter Umgebung. Das war ein wirklich sehr berührender Moment.
 

Woche 7: 23.10. – 29.10.2023

Diese Woche standen wieder einige Hausbesuche auf dem Plan. Ich bin froh in den beiden Altersheimen, die wir betreuen, sowohl die Bewohner als auch das Pflegepersonal inzwischen ein bisschen zu kennen. So kann man gewissermaßen schon an die vorherigen Besuche anknüpfen, gerade was die Einstellung einiger Medikamente bzw. den generellen Verlauf angeht. Da unsere Praxis in dieser Woche auch die Vertretung einer anderen übernommen hat, hatten wir noch 2 extra „Notfälle“ auf dem Programm. Zunächst visitierten wir einen älteren Herren mit einem Dauerkatheter, von dem das Pflegepersonal berichtete, Blutkoagel gesehen zu haben. Außerdem gab er diffuse Schmerzen im Bauch und eine generelle Verschlechterung des Allgemeinzustandes an- mit dem Verdacht auf einen komplizierten Harnwegsinfekt behandelten wir ihn antibiotisch an. Dieser Fall gab mir Grund genug, um ein vermeintlich einfaches Thema nochmal ein paar Tage später in der PJ Besprechung durchzusprechen. Ab wann ist ein HWI kompliziert? Welche Antibiotika kommen in Frage? Und bei welchen muss ich evtl. noch die Nierenfunktion beachten? 
Es hilft sehr, sich gegenseitig austauschen zu können und festzustellen, dass man mit der ein oder anderen Wissenslücke nicht alleine ist. 
Die andere Patientin war eine Bewohnerin im Betreuten wohnen und wurde am Vortag mit mehrfachen Nachsinterungsfrakturen in der BWK/LWK aus dem Krankenhaus entlassen. Während im Entlassungsbrief von einer am Rollator mobilen Patienten geredet wurde, fand ich eher ein bettlägerige, schwache Omi vor. Nach kurzer Rücksprache mit der Pflege stellte ich fest, dass sie die eigentlich benötigte Thromboseprophylaxe noch nicht erhalten hat und bisher auch nicht rezeptiert wurde. Da die Patientin jedoch von einem externen Pflegedienst versorgt wurde, bedarf es noch einer extra Verordnung für die Injektion von Subcutanspritzen- diese klärte ich telefonisch mit dem zuständigen PD ab- ganz schön viel Bürokratie, aber super wichtig, dass ich auch diesmal mitbekomme und regeln muss. 
Ansonsten konnte ich auch in dieser Woche meine sonographischen Fähigkeiten weiter ausbauen- diesmal standen Schilddrüsenzysten auf dem Programm, von denen ich zum ersten Mal ALLE identifizieren und ausmessen konnte- es wird langsam… also hoffe ich 🙂 
Am Wochenende war ich endlich mal wieder wandern. Zusammen mit den Blockpraktikantinnen war ich auf dem großen Arber- eine tolle Wanderung mit einem leider sehr vernebelten Gipfel- da muss ich wohl nochmal hoch…

Woche 8: 30.10. – 05.11.2023

Diese Woche war sehr besonders. Da die Praxis in Fürstenstein im Urlaub war, habe ich mir Alternativen gesucht. Den Montag habe ich wieder in Grafenau verbracht, wo ich versucht habe Dr. Blank bei der Sprechstunde zu unterstützen. Besonders 2 Patienten sind mir in Erinnerung geblieben: Einer Patientin diagnostizierten wir einen unkomplizierten Harnwegsinfekt- eigentlich keine große Sache, aber für mich Grund genug, um mit Dr. Blank noch einmal dessen 3 wichtigste Kriterien durchzugehen- Brennen beim Wasser lassen, häufiges Wasser lassen und die Abwesenheit von vaginalem Ausfluss. Das ist und bleibt jetzt hoffentlich in meinem Gehirn verankert. 
Eine anderen Patientin stellte sich mit einem grippalen Infekt mit persistierendem Husten vor. Da die Fälle der oberen Atemwegsinfekte zur Zeit recht häufig vorkommen, habe ich da inzwischen schon ein recht festes Schema, um sichergehen zu können, dass ich z.B. keine Pneumonie übersehe. Bei den meisten Patienten ist der Auskultationsbefund der Lunge zumindest diesbezüglich normal. Die Lunge dieser Patientin hingehen hörte sich einfach anders an. Gepaart mit der fieberhaften Anamnese entschieden wir uns für eine Antibiotikagabe mit dem Verdacht einer Lungenentzündung. 
Die restliche Woche habe ich in einer Kinderarztpraxis in Passau verbracht, in denen auch eine Kinderpneumologin und ein Kinderneurologe arbeitet. Neben dem „normalen“ pädiatrischen Programm habe ich deswegen auch u.a. noch besondere Einblicke in die asthmatische Therapie der Kinder erhalten. Wahnsinnig spannend war dabei vor allem der Metacholin-Provokationstest- ein Test zur Diagnose bei Asthma bronchiale, bei dem im Anschluss mit Salbutamol inhaliert wird und dies bei positivem Ergebnis den künstlich getriggerten Anfall deutlich bessert. Insgesamt hat mir die Woche gezeigt, dass es sich durchaus lohnt, eine gewisse Zeit seiner Ausbildung zum Allgemeinmediziner beim Pädiater zu verbringen, um Routine im Umgang mit kranken Kindern zu bekommen. 
 

Woche 9: 06.11. – 12.11.2023

Ich habe ja in den vergangenen Berichten bereits angedeutet, dass sich die Patienten mit ihren Symptomen untereinander absprechen zu scheinen 🙂 Diese Woche stand wieder ganz unter dem Motto „Rückschmerzen“. Die passende Therapie hatten 3 dieser Patienten bereits auch direkt parat- Quaddeln. Das ist eine analgetische Therapie, bei der ein Lokalanästhetikum, z.B Lidocain, intrakutan in die betroffenen Arealen injiziert wird. Besonders Patienten mit Muskelverspannungen profitieren davon sehr… Und mir macht das ehrlich gesagt super viel Spaß zu Quaddeln 🙂
Im Laufe der Woche stellte sich außerdem eine Patientin vor, die wir in den letzten Wochen schon mehrfach gesehen haben. Erstmals beschrieb sie Mitte September einen persistierenden, teilweise krampfartigen, epigastrischen Druckschmerz. Nachdem wir in der damaligen Ultraschalluntersuchung die Gallenblase mit mehreren Konkrementen entdeckten, wurde sie wenige Tage später notfallmäßig bei kolikartigen Schmerzen laparoskopisch entfernt. Soweit-sogut. Leider hat die Operation jedoch nur für wenige Tage eine Linderung der Beschwerden gebracht und so kam sie einige Tage später wieder zu uns. Unser Verdacht auf eine mögliche Magenschleimhautentzündung hat sich durch das fehlende Ansprechen auf die Behandlung mit Pantoprazol nicht bestätigt. In dieser Woche hat sich das Rätsel (zumindest vorerst gelöst)- die Patientin hatte trotz entfernter Gallenblase noch einen Stein im Gallengang, der wieder notfallmäßig entfernt wurde. Ich bin gespannt, ob ihren Beschwerden nun endgültig ein Ende gesetzt wurde.
Ein weiterer besonderer Fall stellte sich am Donnerstag vor. Die Patientin kam recht aufgelöst in unsere Praxis, nachdem sie mit einer roten, juckenden, linearen Hautveränderung im Unterschenkel vom Dermatologen die Diagnose „Lichen ruber planus“ (Knötchenflechte) erhalten hat. Anschließend hat sie dies gegoogelt und ist dabei auf die Information gestoßen, dass sich dieses dermatologische Bild v.a. bei einer Virushepatitis C zeigt. Nun hat sie furchtbare Angst, dass sie leberkrank ist und möchte sich durch entsprechende Laborparameter und eine Ultraschalluntersuchung absichern lassen. Letztendlich lässt sich die genaue Ätiologie eines Lichen ruber planus in den meisten Fällen nicht feststellen- wahrscheinlich liegen Autoimmunreaktionen zugrunde. Es gibt zwar einen statistischen Zusammenhang zwischen Hepatitis Patienten und einem erhöhten Vorkommen von einer Knötchenflechte, jedoch kommt sie meist idiopathisch vor. Wir konnten mit diesen Informationen und komplett unauffälligen Untersuchungen die Patientin vorerst beruhigen. Für mich war es der erste Lichen ruber planus, den ich gesehen habe und wird mir daher hoffentlich in Erinnerung bleiben. 
 

Woche 10: 13.11. – 19.11.2023

Bis zum Mittwoch dieser Woche war ich mir nicht sicher, was ich diese Woche in den Erfahrungsbericht schreiben könnte, weil die letzten Tage wirklich ruhig und fast schon alltäglich waren. Wobei mir da wieder bewusst wird, wie schnell die Abläufe in der Praxis inzwischen zum Alltag geworden sind. Es haben sich sogar schon einige Patienten direkt  einen Termin bei mir gewünscht, was mich natürlich besonders gefreut hat 🙂 . Am Mittwochvormittag ging es dann mal wieder ins Altenheim nach Tittling. Dort erwartete uns eine Patientin, die wir den Tag zuvor bei Nackenverspannungen schon gequaddelt hatten. Dies habe ihr schon öfter geholfen- nur diesmal leider nicht. Dann kamen aber auch noch Oberbauchbeschwerden dazu. Aufgrund der neu verschriebenen Tilidin Tabletten fragten wir nach dem Stuhlgang, da die Opioide oft zu Verstopfungen führen, die die Bauchschmerzen erklären könnten. Die Patientin berichtete jedoch eher von Durchfällen. Aufgrund ihrer Immobilität konnten wir sie nicht in unsere Praxis für eine Ultraschalluntersuchung bestellen und ins Krankenhaus wollte sie nicht. Dann fiel ihr ein, dass sie auch noch erbrochen habe. Was macht man mit so einer Patientin? Wir haben ihr Pantoprazol aufgeschrieben und Ibuprofen durch Novamin gegen die Schmerzen ersetzt. Bei Verschlechterung soll uns die Pflege informieren. 
Die nächsten spannenden Fälle ereigneten sich Freitag: Ein Patient kam mit akuter Luftnot in die Praxis. Aus seinen Vorbefunden wussten wir, dass ihm bereits vor 3 Jahren die Implantation eines Herzschrittmachers sowie Defibrillators empfohlen wurde- dies hat er bisher aber immer abgelehnt. Bei kürzlich neu aufgetretenem Vorhofflimmern wurde er vom Kardiologen über 5 Tage mit Amiodaron aufgesättigt- jedoch ohne Erfolg. Nun präsentierte sich uns das Bild einer dekompensierten Herzinsuffizienz: Dyspnoe, Unterschenkel-Ödeme und ein Auskultationsbefund, der auf einen Pleuraerguss hindeutete. Wir riefen den Rettungsdienst, der ihn ins Krankenhaus brachte. 
Der Sanka (Bayrisch für Anfänger = Krankenwagen 🙂 )hätte direkt da bleiben können, denn wenige Minuten später kam wieder eine Patientin mit akuter Luftnot zur Praxistür rein. Seit der Nacht um 3 gehe es ihr schlecht, habe innere Unruhe und das Gefühl, etwas sei nicht in Ordnung. Im abgeleiteten EKG bot sie eine Frequenz von 180bpm- sie hatte bereits in der Vergangenheit öfter eine AVNRT- eine AV-Knoten-Reentry-Tachykardie. Der Troponin Schnelltest war negativ. Aufgrund ihrer gleichzeitig bestehenden COPD-Erkrankungen waren wir vorsichtig mit der Sauerstoffgabe, jedoch erholte sie sich in liegender Position ein wenig. Dr. Bolla erklärte mir, dass er in solch einem Fall schon öfter erfolgreich eine Carotis-Druck-Massage durchgeführt hat, der den Nervus Vagus aktiviert und damit die AVNRT beenden kann. Im ambulanten Setting ohne Monitorüberwachung wäre das jedoch zu riskant gewesen- also riefen wir kurz vor Sprechstunden Ende erneut den Rettungsdienst, der unsere Patientin ins Krankenhaus brachte. 
 

Woche 11 und Woche 12: 20.11. – 03.12.2023

Endspurt ist angesagt! Die letzten 4 Wochen haben begonnen und ehrlich gesagt begann damit so langsam auch ein Gefühl der Wehmut. Der bayerische Wald hat sich in den letzten Monaten zu einem liebgewonnenen Ort gemausert. Gepaart mit einer unglaublichen Bandbreite an verschiedenen Seminarangeboten und großen Spaß an der alltäglichen Arbeit in der Praxis kann ich schon jetzt sagen, dass dieses Tertial nicht zu übertreffen ist. Die letzten beiden Wochen vergingen so flott, dass ich total vergessen habe den Erfahrungsbericht zu schreiben- also kommt jetzt eine kleine Zusammenfassung der letzten 2 Wochen. Ein persönliches Highlight war eine kleine, eigentlich unspektakuläre Schnittverletzung einer Patientin an der linken Hand. Die Wunde war relativ oberflächlich, so dass man die Wundränder eigentlich mit Steristrips hätte adaptieren können. Nachdem uns die Patientin aber vorwarnte, dass sie ihre Hände definitiv nicht schonen könne und werde, entschieden wir uns gemeinsam mit ihr dafür sie zu nähen- shared decision making 🙂 . Und da war mein Moment gekommen, auf den ich insgeheim schon die ganze Zeit gewartet habe. In meinem 1. Tertial habe ich auf der Unfallchirurgie gearbeitet und durfte in der Notaufnahme die ein oder andere Wunde versorgen. Mich zieht es zwar definitiv nicht in die Chirurgie, aber Nähen bereitet mir großen Spaß. Nachdem ich der Patientin also mit Lidocain eine lokale Anästhesie verpasste, nähte ich die Wunde mit 4 Einzelknopfnähten. Nun bin ich gespannt auf das Ergebnis, wenn sie zum Fadenzug kommt 🙂 
In den letzten 2 Wochen gab es einige Todesfälle. Einerseits von Patienten, die wir palliativ schon eine Weile begleitet haben, aber auch von Patienten, deren Tod nicht ganz so vorhersehbar war. Bei den täglichen Helfen und Heilen gehört der Tod im medizinischen Bereich nun einmal genauso dazu. Die Aufgabe des Hausarztes ist es dann im Regelfall die Durchführung der Leichenschau. Was ich als erstes feststellte ist, dass der bayerische Totenschein sich ziemlich von dem thüringischen unterscheidet. Es gibt 3 Seiten statt einer und man muss sehr darauf achten, den richtigen Durchschlag auf dem Papier zu benutzen. 
Ich war zwar im Krankenhaus schon öfter bei einer Leichenschau dabei, aber noch nie im ambulanten Setting. Von der Angehörigen erfuhren wir in beiden Fällen, dass die verstorbene Person mutmaßlich wenig Schmerzen hatte und in der Nacht friedlich eingeschlafen sei. Außerdem war das SAPV-Team (spezialisiert ambulante Patientenversorgung) involviert, die stets einen großartigen Job leisten. 

Woche 13: 04.12. – 10.12.2023

Am Dienstag durfte ich in Deggendorf bei dem Kardiologen Dr. Toth hospitieren. Da die innere Medizin einen großen Teil in der Allgemeinmedizin einnimmt, finde ich es besonders wichtig, sich in diesem Fachgebiet auszukennen. Den Großteil der Sprechstunde nahmen die ECHO-Untersuchungen ein, wobei mir Dr. Toth versuchte, so viel wie möglich zu erklären und zu zeigen. Zugegeben- Ein Herzultraschall ist nochmal eine Sache für sich und man braucht einige Zeit, um sich in die Strukturen hineinzudenken. Was außerdem super spannend war, war der ein oder andere pathologische EKG Befund. Wer zum Kardiologen überwiesen wird, hat ja meist eine spezifische Fragestellung bzw. einen bereits pathologischen, evtl. unklaren Vorbefund. Eh mir klar wird, was ich im EKG so alles sehen kann, starre ich es zwar aktuell gefühlte 10 min an, aber es wird langsam klarer 🙂 Eine wichtige Take-Home Message war außerdem, dass man als Hausarzt wirklich klare Fragestellungen auf die Überweisung schreiben und immer alle Vorbefunde mitgeben sollte- sonst weiß auch der Kardiologe nicht so richtig, was er machen soll. 
Den Mittwoch habe ich wieder mit Dr. Blank in der Praxis in Grafenau verbracht. Neben den immer anwesenden Infektpatienten häuften sich an dem Tag vor allem die Bauchschmerzpatienten. Für mich eine prima Gelegenheit, meine sonographischen Fähigkeiten zu verbessern. Denn auch, wenn ich bei diesen Patienten nichts pathologisches im Ultraschall erkennen konnte, ist es wahnsinnig hilfreich verschiedene Normalbefunde zu sehen, so dass man im Zweifel bei einem pathologischen stutzig wird. 
Eine weitere Patientin, zu der mich Dr. Blank dazu holte, hatte vor ca. 3 Monaten eine Thyreoiditis de Quervain- eine subakut granulomatöse Schilddrüsenentzündung. Diese präsentierte sich bei ihr vor allem durch Abgeschlagenheit, Hals- und auch Ohrenschmerzen. Nach Glucokorticoidgabe und Analgesie besserten sich ihre Beschwerden rasch. An diesem Tag kam sie zur sonographischen Kontrolle und der Befund war auch nach diesen 3 Monaten sehr eindrücklich- es präsentierte sich ein inhomogenes Gewebe mit fokalen, hypoechogenen Arealen. 
Die letzten beiden Tage der Woche war ich wieder in meiner Stammpraxis in Fürstenstein. Am Donnerstag Vormittag hatten wir wieder einen Notfall. Ein älterer Patient fühlte sich seit dem Morgen “nicht ganz wohl”, hatte “Schwindelgefühle und Schwierigkeiten zu stehen”. Auf näheres Fragen berichtete er uns, dass er seit dem Morgen des Vortages bemerkte, weniger Gefühl in der linken Hand zu haben. Dies hat er aber auch seiner Ehefrau nicht erzählt, da er sich nichts dabei gedacht habe. Nachdem der Rettungsdienst eingetroffen war und ihn zum RTW begleitete, bemerkte er auch nun auch eine Schwäche im linken Bein. Auch wenn der Verdacht eines stattgefundenen Schlaganfalls relativ naheliegend ist, bin ich nun gespannt, was die weitere Diagnostik ergeben wird. 
 

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