Julia Friedel

Praktisches Jahr
Frühjahr 2016

4 Monate lang erlebte Frau Friedel, wie schön die Arbeit als Hausarzt in einer Ländlichen Gegend sein kann. Unsere Patienten haben sich gern von Ihr voruntersuchen lassen und haben somit gleich den Nutzen einer zweiten ärztlichen Meinung. Nach dem Abschluss Ihres Studiums wird Sie, im Februar 2016 zurück zu uns in die Gemeinschaftspraxis im Bayerwald kommen, um als Weiterbildungsassistentin unser Team zu unterstützen. Wir freuen uns jetzt schon auf diese gemeinsame Zeit.

Zunächst einmal heißt es ankommen, das Team und die Umgebung kennen lernen. Ein sehr herzlicher Empfang hat mir den Anfang sehr leicht gemacht. Für mich war es wichtig zuerst die Arbeitsweise des Arztes zu beobachten und meinen Platz im Praxisalltag zu finden. Inhaltlich standen vor allem die sog. „Abwendbaren gefährlichen Verläufe“, also Verletzung, Entzündung, Gefäße, Tumor, Stoffwechsel, Medikamente und Psyche, im Vordergrund. Auch eine gute Anamnese und das Erkennen des Problems des Patienten und die Zusammenfassung von diesen zählten zu meinen Aufgaben.
Nebenbei läuft bis Ende März auch eine besondere Hausarztfamulatur in der Region im Rahmen des Exzellenten Winters für 10 Medizinstudenten aus ganz Deutschland. An drei Nachmittagen in der Woche finden sog. Teachings statt, an denen ich auch teilnehmen konnte. Die Themen diese Woche: Der depressive Patient, Homöopathie in der Hausarztpraxis und Untersuchungstechniken von Schulter und Knie.

Diese Woche stand das Üben der körperlichen Untersuchung an. Ganz allgemein von Kopf bis Fuß, z.B. das Handling des Otoskops, um in den Ohren auch wirklich das Trommelfell zu sehen oder die genaue Auskultation der Lunge. Besonders schwierig ist es dabei nicht nur deutlich pathologische Atemgeräusche zu hören, sondern auch die feinen Nuancen von leicht mit Schleim belegten Bronchien. Darüber hinaus habe ich mit der Ultraschall-Untersuchung des Abdomens angefangen. Ziel diese Woche: Darstellung der Leber und orientierender Ultraschall der restlichen Organe.
Die Teachings diese Woche: Augenärztliche Untersuchung, Balint-Gruppe, Besuch des Dialysezentrums in Zwiesel und Herztag im Krankenhaus Viechtach. Zusätzlich bereite ich ab jetzt jede Woche eine Handlungsempfehlung oder Leitlinie der DEGAM vor und wir besprechen diese im Ärzte-Team zu Fortbildungszwecken. Den Anfang macht die „Akute Gicht“. Wichtige Erkenntnisse hieraus sind für mich zum einen, dass die Gicht rein klinisch diagnostiziert wird und keine Labordiagnostik oder Röntgen notwendig ist. Zum anderen, dass die Therapie „nur“ aus Schmerz- und Entzündungshemmung besteht. Auch ist Naproxen bei älteren Patienten zu bevorzugen, da es im Vergleich zu Ibuprofen weniger Nebenwirkungen am Herzen macht.

Diese Woche war ich viel mit der Praxismitarbeiterin Petra auf Hausbesuchen, ihre Spezialgebiete: Wundversorgung und Diabetes. Gemeinsam haben wir Patienten mit amputierten Zehen oder Ulcera an den Beinen/Füßen versorgt. Auch konnte ich zum ersten Mal alleine Patienten auf Hausbesuchen betreuen.
Natürlich weiterhin Üben der körperlichen Untersuchung und des Ultraschalls.
Die Teachings diese Woche: HNO-Untersuchungen, Betreuung geriatrischer Patienten und Notfallmedizin.
Die DEGAM-Handlungsempfehlung: „Chronische Gicht“. Wichtig für mich ist zu wissen, dass eine Dauertherapie mit dem Standardmedikament Allopurinol erst 2 Wochen nach einem akuten Gichtanfall begonnen werden darf und das es hierbei zunächst zu vermehrten Gichtanfällen kommt. Ab mehr als 2 Gichtanfällen im Jahr, bereits vorhandenen Einlagerungen in den Gelenken, sog. Tophi und zur Prophylaxe während einer Chemotherapie ist ein Einsatz von Allopurinol gerechtfertigt. Das Cochrane-Review von 2014 zu dem Thema spricht für einen nur sehr geringen Nutzen von Allopurinol. Zwar wurde die Harnsäuresenkendewirkung bestätigt nicht aber die Reduktion der Anfallshäufigkeit.

Diese Woche habe ich das Untersuchen des Abdomens vertieft. Inspektion, Auskultation und Palpation. Die meisten Patienten hatten trotz Beschwerden fast normale Befunde. Ein interessanter Fall kam diese Woche in die Praxis. Der Patient zeigte sich mit gelblich-gräulich verfärbter Haut und Skleren, geblähtem Bauch, petechialen Blutungen und Ödemen an den Unterschenkeln. Die körperliche Untersuchung zusammen mit einer Ultraschalluntersuchung des Abdomens deutete auf eine akute Entzündung der Gallenblase hin. Sofort schickten wir den Patienten ins Krankenhaus. Im Verlauf der Woche konnte ich mich dorr immer telefonisch nach dem Verlauf und Wohlbefinden des Patienten erkundigen und am Samstag besuchten Dr. Blank und ich den Patienten im Krankenhaus. Die Gallenblasenentzündung hat sich nicht bestätigt, dafür aber eine Leberzirrhose. Schön an diesem Beispiel war für mich, den Verlauf über den eigentlichen Besuch beim Hausarzt hinaus mitverfolgen zu können.

Die DEGAM-Handlungsempfehlung der Woche: Brennen beim Wasserlassen. Wichtige
Kernaussage: Bei Frauen mit der entsprechenden Symptomatik darf zunächst von einem unkomplizierten Harnwegsinfekt ausgegangen werden und es darf ohne Testung des Urins eine antibiotische Therapie eingeleitet werden. Auch eine Therapie mit Ibuprofen kann zunächst versucht werden. Passender Weise waren diese Woche auch mehrere Patienten mit einem Harnwegsinfekt in der Praxis und ich hatte einige Gelegenheiten das theoretisch Besprochene umzusetzen.

Diese Woche beschäftigte ich mich mit der Untersuchung von Patienten mit Verdacht auf lumbalen Bandscheibenvorfall – Kennreflexe, Dermatome mit Sensibilität und Motorik
Am Dienstag hospitierte ich einen Tag in der Gastroenterologie im Krankenhaus Viechtach. Mir wurden Einblicke in d die Eie Endoskopie  mit Magen- und Darmspiegelungen gewährt. Auch eine Visite auf Normalstation und die Intensivstation konnte ich mir ansehen.
Am Donnerstag ging es nach Würzburg zum Get Together des Bayerischen Hausärzteverbandes. Die Veranstaltung richtete sich an Studenten und sollte Einblicke in die Weiterbildungsmöglichkeiten in der Allgemeinmedizin geben und Möglichkeiten aufzeigen, wie man sich schon im Studium mit der Allgemeinmedizin beschäftigen kann.

Diese Woche konnte ich viele Einblicke in das LIA-Projekt der Praxis erhalten. LIA heißt Lebensqualität im Alter und soll es geriatrischen Patienten ermöglichen, so lange wie möglich zu Hause selbstständig leben zu können. Dafür wird unter anderem alle Halbe Jahre bei diesen Patienten das Geriatrische Basis Assessment durchgeführt. Dies beinhaltet verschiedene Tests, wie z.B. den Barthel-Index oder das Esslinger Sturzrisikoassessment, zur Einschätzung der alltäglichen Fähigkeiten, der Kognition und des Sturzrisikos des Patienten. Gemeinsam mit Waltraud Mader, unserer Geriatrie-Spezialistin, war ich also unterwegs, um die Patienten zu Hause zu besuchen und uns ein aktuelles Bild vom Zustand der Patienten zu machen. Hierbei wird schnell deutlich, das viele Patienten und Angehörige von der intensiven Betreuung und Beratung profitieren. Ein insgesamt gelungenes Projekt, bei dem es Spaß macht dabei zu sein!

Diese Woche stand ganz im Zeichen des Projekts „Gute Ärzte braucht das Land“ und dem Besuch der Staatsministerin Frau Melanie Huml. Als PJ-Studentin der Praxis war meine Aufgabe der Ministerin meine Wünsche für einen Umzug aufs Land und meine Integration in das Praxisteam vorzustellen. Das war eine tolle Erfahrung!

Am Samstag konnte ich beim 1.Hilfe Training durch das Bayerische Rote Kreuz teilnehmen. Es wurden alle wichtigen Notfallsituationen durchgespielt von der einfachen Schnittverletzung bis zur Reanimation. Durch die super Kursleiterin war es ein sehr informativer und interessanter Tag und alle hatten viel Spaß dabei!

Durch den Feiertag war es für mich nur eine kurze Woche. Daher habe ich diese Woche einfach „nur“ gearbeitet und versucht, alles, was ich in den letzten Monaten gelernt und erlebt habe, anzuwenden. Auch mal schön!

Diese Woche hatte ich noch einmal viel Gelegenheit das Geriatrische Basis Assessment zu üben. So versuchen wir z.B an Hand des Barthel-Index, des Geldzähltests, des Uhrentests und einer Sturzrisiko-Abfrage herauszufinden, wie gut sich ein Patient noch zu Hause selbst versorgen kann und ob er im Alltag zurechtkommt. 

Am Freitag war ich mit dem Lehrstuhl für Allgemeinmedizin der Universität Erlangen in Oberfranken, genauer gesagt in Effeltrich. Anlass war die Übergabe des Förderpreises durch das bayerische Gesundheitsministerium für die Landarztstudie des Lehrstuhls. An dieser nehme ich Teil, da ich mein Allgemeinmedizintertial hier in Kirchberg auf dem Land absolviere. Die Studie betreut und unterstützt also Studenten, die sich für die Allgemeinmedizin aufs Land wagen.

Diese Woche war bei mir Check-up Woche. Also körperliche Untersuchung von Herz, Lunge und Bauch, Hautkrebsscreening, Abfragen der Risikofaktoren für Herz-/Kreislauferkrankungen und Krebs, Blutentnahme und bei uns zusätzlich die sonographische Untersuchung der Schilddrüse und des Bauches. Viel Wert legen wir hierbei auf eine offene und neutrale Beratung der Patienten zu den aktuellen Vorsorgeuntersuchungen, die hinsichtlich ihres Nutzen kritisch hinterfragt werden müssen.

Diese Woche haben wir es tatsächlich auch mal wieder zu einer Fortbildung in der Praxis geschafft. Das Thema: Hyperthyreose, also die Schilddrüsenüberfunktion. Besprochen wurde unter anderem, wann der Arzt in der Hausarztpraxis an eine Überfunktion der Schilddrüse denken muss und welche diagnostischen Möglichkeiten er hat.

Diese Woche hatte ich noch einmal viel Gelegenheit den Ultraschall von Bauch und Schilddrüse zu üben. Außerdem ist mir aufgefallen, dass die Abgabe einer Stuhlprobe nicht so banal ist, wie zunächst angenommen. Daher war es mir ein Anliegen, eine Patienteninformation zu erstellen, die wichtige Hinweise enthält, damit die Probe sichere Ergebnisse liefert und nicht verfälscht ist. Auch so kann man sich in die Arbeit der Praxis einbringen.
Fortbildungsthema diese Woche: Antibiotikagabe bei Atemwegsinfektionen. Es war wieder hochspannend die Theorie mit der Erfahrung unseres Ärzte-Teams zu verknüpfen und für unsere Praxis einen Leitfaden zu erstellen.

Diese Woche konnte ich einen Nachmittag in der Physiotherapiepraxis der Familie Kufner hospitieren. Das Gefühl für Muskeln, Sehnen, Bänder und Gelenke wird in der Physiotherapie sehr intensiv gelehrt und angewandt. Da so etwas im Medizinstudium nicht zum normalen Lehrinhalt gehört, war es für mich eine tolle Erfahrung, mehr mit meinen Sinnen zu arbeiten. Das braucht aber viel, viel Übung! Ich kann mir gut vorstellen, noch einmal in der Physiotherapie zu hospitieren.

Unser Fortbildungsthema war erneut die Antibiotikagabe bei Atemwegsinfektionen. Letztes Mal hatten wir v.a. besprochen, wann ein Einsatz von Antibiotika Sinn macht. Diesmal wurde geklärt, welches Antibiotikum wir bei welcher Form des Atemwegsinfektes einsetzen und was es in den verschiedenen Altersgruppen zu beachten gibt.

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