Franziska Roth

Praktisches Jahr
27.06. – 16.10.2022

Woche 1: 27.06. – 03.07.2022

In mein letztes Tertial startete ich mit derselben leichten Nervosität, die ich am Anfang eines jeden Tertials hatte. Allerdings gab es einen kleinen Unterschied. Bereits durch die Hospitation und den engen Kontakt vorab mit Dr. Blank wusste ich, dass dieses Tertial viel persönlicher und intensiver werden würde als meine bisherigen Tertiale – und darauf freute ich mich. Im Haus in Grafenau empfing mich meine neue Mitbewohnerin Mirjam. Ich bin so dankbar, dass wir hier kostenlos wohnen dürfen. Wir haben sogar einen großen Garten. Ich fühlte mich von Anfang an wohl.

Meine Praxis liegt direkt in Grafenau, sodass ich entspannt zu Fuß zur Arbeit gehen kann. In der Praxis von Dr. Carlberg und Dr. Scholz wurde ich herzlich empfangen. Sicherlich werde ich von beiden viel lernen können. Beide haben ganz besondere Qualitäten und ihr Umgang mit den Patienten ist einfach toll.

Die erste Woche in der Praxis bot mir schon eine große Vielfalt an Eindrücken und Erfahrungen. Ich konnte EKGs befunden, impfen, Blut abnehmen, die Anamnese üben, körperliche Untersuchungen vornehmen, war bei einigen U-Untersuchungen dabei und ging bei Hausbesuchen mit. Außerdem konnte ich mich in der Schilddrüsen- und der Abdomensonografie üben. So war es mir möglich, ein breites Spektrum an Patienten kennenzulernen. In meinem zweiten Tertial in der Chirurgie vermisste ich, dass sich Ärzte Zeit für Gespräche mit den Patienten nehmen. Nun bin ich ganz froh, das hier anders zu erleben. Die Zeit ist zwar auch hier oft knapp, aber ich habe das Gefühl, dass das Zwischenmenschliche dennoch einen höheren Stellenwert hat. Es ist auch schön zu sehen, wie gut die Ärzte die Patienten im Laufe der Zeit kennen. Somit behandeln sie nicht nur ein einzelnes Symptom, sondern haben den ganzen Menschen im Blick.

Das den Praxisalltag  begleitende Programm, auf das ich mich auch besonders gefreut hatte, war gleich in der ersten Woche super. Es gab eine Themenbesprechung zur Reisediarrhö, ein Teaching zum Nähen und Fädenziehen, einen Journal Club, sowie eine Fällebesprechung. In allen Treffen begegneten sich PJ-ler, Assistenten und Fachärzte auf Augenhöhe und alle trugen dazu bei, dass produktive und interessante Gespräche und auch wirklich fruchtbare Diskussionen zustande kamen. In dieser wertschätzenden Atmosphäre fällt es mir als Studentin leichter, mich einzubringen. Besonders gewinnbringend ist für mich auch das interne Treffen der PJ-ler. Dort werden wir nun anhand von Leitlinien jede Woche ein relevantes Thema besprechen und Fragen zusammentragen. Auch wurden wir von Dr. Blank zum Essen eingeladen – eine tolle Gelegenheit, sich besser kennenzulernen.

Das Begleitprogramm neben dem Arbeitsalltag ist eine Herausforderung, und ich merke, dass ich doch ganz schön platt bin am Ende dieser mit Eindrücken und Begegnungen vollgepackten Woche. Dennoch weiß ich, dass ich hier enorm viel lernen werde und so freue ich mich auf alles was kommt. Ich wünschte, schon während meines Studiums hätte es mehr solcher Formate gegeben, denn so macht Lernen wirklich Spaß.

Die Woche endete mit einem Aufzug der Vereine und Musikkapellen beim Grafenauer Volksfest, den Mirjam und ich gemeinsam anschauten. Es blieb in der ersten Woche noch keine Zeit, die schöne Natur des Bayerischen Waldes zu erkunden, die ich seit den Familienurlauben meiner Kindheit im Herzen trage. Umso mehr freue ich mich auf die kommenden Monate!

Woche 2: 04.07.  10.07.2022

In dieser Woche war vor allem der Praxisalltag und das Patientenspektrum sehr spannend und es gab interessante klinische Befunde. Außerdem gab es einige Themen, die mich nach Feierabend noch beschäftigten.

An einem Morgen ging ich mit der Arzthelferin Gabi auf Hausbesuche. Sie machte auf mich einen sehr erfahren Eindruck und hatte eine wirklich herzliche Art. Über die Versorgung zu Hause wurde oft gesprochen. Mir fällt auf, dass hier die familiäre Unterstützung zu Hause noch viel häufiger gegeben scheint als in der Stadt. Oft wohnen mehrere Generationen in einem Haus oder auf einem Hof und unterstützen sich gegenseitig. Trotzdem ist die Versorgung oft schwierig und eine hohe Belastung für die Angehörigen.
In der Praxis sah ich viele verschiedene Patienten und spannende Krankheitsbilder. Unter anderem stellte sich ein junger Mann mit Luftnot bei leichter Belastung vor, die seit seiner Covid Infektion besteht. Er hatte bereits einen auffälligen Bronchospasmolysetest vor einigen Wochen, wurde mit einem Spray therapiert und kam nun zur Kontrolle. Für mich war dieser Fall Anlass, mich nochmals im Detail mit der Lungenfunktionsdiagnostik zu beschäftigen.

Es stellte sich außerdem eine Patientin mit einem prätibialen Ausschlag mit erhabenen, verhärteten, roten Effloreszenzen vor, die seit ihrer Covid Infektion bestehen. Wir vermuteten ein Erythema nodosum, veranlassten aber weitere Untersuchungen.
Ein junger Patient mit Migrationshintergrund stellte sich vor, der seit einigen Jahren im Asylbewerberwohnheim wohnt. Er erzählte mir von der schwierigen und belastenden Situation, die ihm zu schaffen mache. Er habe seit längerem regelmäßig Schmerzen in der Brust. Wir initiierten einen Ausschluss kardialer Ursachen. Der Patient selbst vermutete aber, dass die Beschwerden auch stressbedingt sein könnten. Außerdem kam ein kleiner Junge mit Hautausschlag in die Praxis. Dass auch kleine Patienten hier ab und zu vorbeikommen, macht für mich die Arbeit noch abwechslungsreicher.

Die Mutter eines Jugendlichen mit psychischen Problemen kam zum Gespräch über die belastende Situation und das weitere Vorgehen. Ich finde es spannend mitzubekommen, wie intensiv sich die Ärzte dieser Praxis dafür einsetzen, dass Prozesse und Therapien angestoßen werden.
Außerdem stellte sich eine Angehörige eines Patienten mit einem Karzinom im Endstadium vor, bei dem es darum geht eine palliative Mitbetreuung zu initiieren. Der Begriff „Palliativ“ scheint Patienten und Angehörigen oft Angst zu machen und man muss sich Zeit nehmen und einfühlsam erklären, wie hilfreich und Lebensqualität-verbessernd eine solche Mitbetreuung sein kann.

Bei den Hausbesuchen in dieser Woche visitierten wir unter anderem auch eine Intensivpflege-Wohngemeinschaft mit beatmeten Bewohnern. Unter anderem lebt dort ein Patient mit Hirnschädigung, bei dem ich zum ersten Mal die sogenannte Cheyne Stokes Atmung sehen konnte.

Auch habe ich in dieser Woche unter Anleitung meine ersten Akupunkturnadeln gesetzt. Das ist für mich ein neues Feld, da man während des Studiums mit diesem Thema kaum Berührungspunkte hat. Ich sehe aber, dass der Wunsch der Patienten nach komplementärer Medizin sehr groß ist. Es beschäftigt mich in diesem Zusammenhang schon seit längerem immer wieder, dass es für bestimmte Methoden keine, und zu manchen nur eine sehr unzureichende Evidenz gibt. Gleichzeitig merke ich in den Diskussionen der Themenbesprechungen und im Journal Club auch immer wieder, dass zu so vielen Themen, nicht nur in der Alternativmedizin, noch keine ausreichende Evidenz existiert. So muss die Sachlage immer wieder neu bewertet werden. Und auch ich werde meinen eigenen Mittelweg finden müssen und mich weiter zu neuen Erkenntnissen auf dem Laufenden halten. Was ich aber wirklich wichtig und spannend finde ist, dass sich in Studien gezeigt hat, dass sich die Wirksamkeit alternativer Heilmethoden unter anderem auf die intensive Zuwendung durch den Behandler zurückführen lässt. Das sollte uns wirklich zum Nachdenken anregen. Ich hoffe es werden in Zukunft im Gesundheitssystem mehr Kapazitäten geschaffen, sodass man sich die Zeit nehmen kann, die nötig ist.

Dass die Zeit oft viel zu knapp ist, bestätigte sich auch bei einem Patienten, der aufgrund von Vorhofflattern im Krankenhaus war und nun im Anschluss zur Kontrolle in die Praxis kam. Er hakte in der Sprechstunde mehrmals nach und ließ sich seine Erkrankung und die Therapie detailliert erklären. Während meiner Praktika in den Krankenhäusern hatte ich sehr häufig das Gefühl, dass Patienten ihre Erkrankung, und vor allem auch die Therapie, nicht oder nur sehr unzureichend verstehen. Das hat meiner Ansicht nach die unterschiedlichsten Ursachen, von mangelndem Interesse seitens des Patienten bis hin zu mangelnder Zeit beim Arzt. Jedoch könnte ich mir vorstellen, dass mehr Wissen und Aufklärung einen großen Einfluss auf die Compliance des Patienten und auch auf den Therapieerfolg haben können. Leider hat man für solch ausführliche Gespräche im Arbeitsalltag kaum Zeit. Ein Fazit meiner Woche ist also, dass Zeit und Zuwendung eine große Rolle spielen, wenn wir von guter Medizin reden.

Am Ende der Woche nahmen sich Dr. Carlberg und Dr. Scholz Zeit, mit mir gemeinsam zu besprechen wie es mir bisher geht was ich mir wünsche für die Zukunft. Ich fühle mich sehr wertgeschätzt und ernstgenommen.

Woche 3: 11.07.  17.07.2022

Diese Woche konnte ich mich etwas intensiver mit dem Ultraschall der Schilddrüse beschäftigen. Dr. Carlberg zeigte mir nochmals den genauen Ablauf, den ich dann an zwei Patientinnen mit Raumforderungen in der Schilddrüse üben konnte. Es fällt mir immernoch schwer, Raumforderungen zu erkennen und von zum Beispiel inhomogenem Schilddrüsengewebe abzugrenzen, vor allem wenn die Raumforderungen isoechogen sind. Umso besser, dass ich jeden Tag mindestens einen Ultraschall durchführen kann. Außerdem sah ich diese Woche auch zum ersten mal einen Ultraschall zum Ausschluss einer Nierenarterienstenose bei neu aufgetretener arterieller Hypertonie.

In den Fallbesprechungen diese Woche konnte ich eine eigene Frage zu einer Patientin einbringen. Sie kam mit Magen-Darm-Beschwerden in die Praxis, wollte allerdings kurz bevor sie ging noch einen Rat von uns. Sie sagte, sie hätte eine akute Chlamydieninfektion, sei allerdings schon seit einigen Jahren in einer festen Partnerschaft. Nun wollte sie von uns wissen, ob Chlamydien nur sexuell übertragbar seien, da sie dann die Treue ihres Partners in Frage stellen müsse. Während sie davon erzählte, fing sie auch an zu weinen. In dieser Situation war es schwer für mich eine passende Antwort zu finden. Mir waren in diesem Moment keine anderen Übertragungswege bekannt, gleichzeitig wusste ich, dass diese Antwort für ihre Beziehung ernste Konsequenzen haben könnte. In der Themenbesprechung konnte ich einen Infektiologen zu dem Thema befragen und außerdem mit den Teilnehmern über meine Unsicherheit in der Kommunikation mit der Patientin sprechen. Das war wirklich sehr hilfreich.  

Eine weitere Patientin kam mit entgleisten Blutdruckwerten zu uns, nachdem sie ihre Medikamente selbständig abgesetzt hatte. Sie waren akut so stark erhöht, dass sie in der Praxis eine Notfallmedikation bekam. Sie musste erneut über die Wichtigkeit der Medikation aufgeklärt werden.

Es kam außerdem eine Patientin in die Praxis, die die typischen Symptome eines Herzinfarktes beschrieb. Im EKG konnte allerdings eine akute Ischämie nicht bewiesen werden. Eigentlich hätte die Patientin mit dem Notarzt ins Krankenhaus fahren müssen, um dort einen NSTEMI, also einen Herzinfarkt ohne die typischen EKG Zeichen, ausschließen zu lassen. Die Patientin ließ sich aber unter keinen Umständen dazu überreden, obwohl ihr klar war, dass das im schlimmsten Fall ihren Tod bedeuten könnte. Sie hatte zu Hause einen pflegebedürftigen, an Demenz erkrankten Ehemann und ihre nahen Verwandten oder Bekannten wären nicht verfügbar. Wir nahmen eine Blutprobe ab, das Ergebnis würde allerdings erst ein paar Stunden später fertig sein. Außerdem behielten wir die Patientin noch eine Stunde in der Praxis, um sie überwachen zu können. Die Patientin versprach uns, sofort den Notarzt zu rufen, sollte sich ihr Zustand verschlechtern. Eine wirklich schwierige Situation.

Am Donnerstag gingen wir PJler und Famulanten mit Julia, einer der Assistentinnen, abends gemeinsam in einen Biergarten. Ein wirklich schöner Abend und eine gute Gelegenheit, Fragen zu stellen und sich auszutauschen.

Woche 4: 18.07. – 24.07. 2022

Diese Woche war wieder vollgepackt mit Erlebnissen. Die Ärzte in meiner Praxis sind sehr bemüht darum, mich in meinem Lernprozess zu unterstützen und versorgen mich unter anderem mit zusätzlicher Lektüre. Dr. Carlberg brachte mir zum Beispiel einen interessanten Artikel zum Thema Insulintherapie mit, da dies noch ein sehr komplexes Thema für mich darstellt. Dr. Scholz gab mir ebenfalls hilfreiche Lektüre zum Thema Patientenverfügung und Naturheilkunde. Außerdem habe ich im Pausenraum einen Platz mit Computer und Büchern, wo ich in Ruhe recherchieren kann.

Ich durfte netterweise diese Woche an Dr. Carlberg üben, den Knöchel-Arm-Index mit Hilfe der Doppler-Sonographie zu bestimmen. Außerdem erklärte er mir ausführlich die Carotis-Sonografie.

Ich habe diese Woche gemerkt, dass ich nach und nach sicherer im Auskultieren werde. In der Klinik spielt dies oft nicht mehr eine so zentrale Rolle. Ich finde es wirklich toll, mein Gehör hier nochmal so intensiv trainieren zu können.

Wir waren diese Woche wieder gemeinsam im Seniorenwohnheim, wo wir einen Patienten in akut reduziertem Allgemeinzustand antrafen. Er war matt, kurzatmig und berichtete über Übelkeit und Luftnot. Der veranlasste Covid-Schnelltest war positiv. Aufgrund des schlechten körperlichen Zustandes, sowie in Zusammenschau mit den Vorerkrankungen und den schlechten Vitalzeichen (Blutdruck, Sauerstoffsättigung, Atemfrequenz), entschied sich Dr. Carlberg dafür, den Patienten ins Krankenhaus einzuweisen. Für mich war es spannend zu sehen, welch guten Blick man als Arzt mit der Zeit für kritisch kranke Patienten entwickelt und so bereits Situationen einschätzen kann, bevor man die entsprechenden Vitalparameter dazu erhoben hat. Außerdem konnte ich mir in dieser Situation den CRB-65 Score ins Gedächtnis rufen.

Auch neben dem Praxisalltag war diese Woche wieder einiges los.
Am Montag besprachen wir das Thema Reizhusten, was ich am folgenden Tag direkt bei einem Patienten mit Husten rekapitulieren konnte.
Am Mittwoch konnten wir an einem Vortrag zum Thema „Patienten mit Suchtproblemen in der Hausarztpraxis“ teilnehmen. Insbesondere die Kommunikation mit diesen Patienten wurde intensiv diskutiert. Außerdem lernte ich neue Screening Fragebögen kennen und lernte Neues zum Thema Substitution.
Nach dem Vortrag am Mittwoch war bei uns im Haus ein Termin mit der Presse. Der Landkreis unterstützt unsere Ausbildung hier finanziell, worüber es einen Artikel mit Foto in der lokalen Presse geben sollte. Ich bin immer wieder verblüfft, wie hier in unsere Zukunft investiert wird und wie ernst wir genommen werden. Auch in der Praxis freuen sich die Patienten immer wieder, dass junge Leute aufs Land kommen, um dort zu lernen – und einige von uns kommen ja sogar auch wieder. Am Ende ist dieses Projekt wirklich für alle Seiten gewinnbringend.
Am Donnerstagnachmittag trafen wir uns mit der Assistenzärztin Julia am See für ein Teaching zum M3, also zum 3. Staatsexamen. Sie gab uns nützliche Tipps und wir konnten unsere Fragen loswerden. Da ich vor mündlichen Prüfungen besonders großen Respekt habe, war dies wirklich hilfreich. Am Ende machte sie sogar noch eine Prüfungssimulation mit Mirjam und mir. Es war wirklich unglaublich hilfreich, denn ich bekam gutes, konstruktives Feedback von den anderen und weiß jetzt, wo in der Kommunikation noch meine Schwächen sind und woran ich arbeiten kann, um mich selbst wohler zu fühlen in einer solchen Situation.
Am Freitag traf ich mich online mit Dr. Blank, der mich neben der Praxis während meines PJs als Mentor begleitet. Ich konnte mit ihm darüber sprechen, was meine Gedanken, Probleme und Wünsche sind. Außerdem besprachen wir mein Curriculum, welches mir dabei helfen soll, ein Lernkonzept während meiner Zeit hier zu verfolgen. Der Input, den man hier bekommt, ist wirklich enorm und ich hoffe mit Hilfe des Curriculums eine bessere Struktur zu bekommen und meine Lerninhalte so besser ordnen zu können.

Die Woche wurde durch durch ein gemeinsames Wandern mit der Praxis gebührend abgerundet. Wir wanderten auf den Lusen und kehrten dort gemeinsam ein. Es war ein wirklich schöner Tag und ich war glücklich, hier so nett mit ins Team aufgenommen zu werden.

Woche 5: 25.07. – 31.07.2022

Diese Woche habe ich mir vorgenommen, mich ausführlicher mit orthopädischen Untersuchungen zu beschäftigen. Passenderweise kam am Montag gleich ein sehr netter und geduldiger Patient mit Schulterschmerzen in die Praxis. Ich führte an ihm mit Hilfe meines Untersuchungsbuches die Schulteruntersuchung im Detail durch. Ich bekam unterstützend ein sehr gutes Buch als Lektüre von Frau Scholz.

In dieser Woche fand auch wieder ein Journal Club statt. Es gab sehr spannende und relevante Themen, unter anderem ging es um die Therapie von Gürtelrose. Spannend war für mich, dass die antivirale Therapie noch immer keinen nachgewiesenen Effekt in der Vorbeugung einer Post-Zoster-Neuralgie hat. Diese Woche sah ich auch zwei Patienten mit Gürtelrose. Beide berichteten über quälende Schmerzen und mussten in ihrer Schmerzmedikation angepasst werden. Im Journal Club sprachen wir auch über die unzureichende Evidenz zum Thema Sport nach Covid-Infektion, wo es noch keine klaren Empfehlungen gibt. Weitere Themen waren Onychomykosen sowie die Anwendung von Apps bei Patienten mit Depression.

Auch diese Woche sah ich wieder viele verschiedene Patienten, konnte bei einigen U-Untersuchungen mit dabei sein, die Ultraschalluntersuchungen üben und auf Hausbesuche mitgehen. Bei den Hausbesuchen fiel wieder einmal auf, welch ein zentrales Thema Hitze und Exikkose bei geriatrischen Patienten, vor allem im Sommer, ist. Im Altenheim wurden wir notfallmäßig zu einer Patientin mit akutem Schwindel gerufen, welche nach Ausschluss anderer Ursachen vermutlich bei körperlicher Anstrengung zu wenig getrunken hatte. Auch ein Patient mit Demenz in schlechtem Allgemeinzustand schien unter Flüssigkeitsmangel zu leiden. Die Angehörigen berichteten über die Schwierigkeit, dem Patienten genügend Flüssigkeit zu verabreichen.

In den Fallbesprechungen diese Woche ging es unter anderem um die verzögerte Gabe von Antibiotika bei unkomplizierter Divertikulitis. In der Themenbesprechung am Montag ging es um den Umgang mit Medikamentenabhängigen. Wir konnten die Inhalte aus dem Vortrag in der Woche zuvor nochmals vertiefen. Wir Studenten beschäftigten uns diese Woche bei unserem PJler internen Treffen mit dem Thema Osteoporose. Wir merkten, wie viele Lücken wir bei diesem Thema noch hatten und es half uns allen, uns genauer damit zu beschäftigen. Wir haben auch die Möglichkeit beim Journal Club nächste Woche unsere Fragen dazu an die Ärzte zu stellen.

Woche 6: 01.08. – 07.08.2022

In der Montagsbesprechung ging es in dieser Woche um die Polymyalgia rheumatica – ein spannendes Thema und eine Diagnose, die man bei chronischen Schmerzen im Hinterkopf haben sollte.

Das Thema, mit dem ich mich in dieser Woche verstärkt beschäftigen wollte, war das EKG und vor allem auch die Auswertung von Langzeit-EKGs. Am Anfang der Woche befundete ich ein EKG von einem Kind, bei dem ich dann zum ersten Mal sogenannte U-Wellen sah. Diese sind anscheinend bei gesunden Kindern und Jugendlichen oft zu sehen und nicht pathologisch.

Außerdem sah ich mir das Langzeit-EKG eines Patienten an, bei dem viele ventrikuläre Extrasystolen zu sehen waren. Eine Patientin mit akuten Brustschmerzen kam in die Praxis und zeigte im EKG neu aufgetretene T-Negativierungen. Sie musste mit dem Rettungsdienst direkt in die Klinik befördert werden.

Es kam eine Patientin mit seit einer Woche neu aufgetretenen Beinödemen in die Praxis. Da die Patientin bei der körperlichen Untersuchung einen unregelmäßigen Puls hatte, machten wir ein EKG. Es zeigte sich ein Vorhofflimmern. In diesem Zusammenhang konnte ich mir dann den CHA2DS2VASc-Score sowie den HAS-BLED Score nochmals zu Gemüte führen.

Am Dienstag organisierten wir PJler für Wolfgang und die Ärzte aus unseren Praxen eine kleine Gartenfeier mit Buffet bei uns in Grafenau. Es war ein sehr schöner und geselliger Abend. Wir konnten uns so in Ruhe auch einmal privat austauschen. Außerdem traten wir in einer Partie Wikingerschach gegeneinander an.

Diese Woche fand auch wieder ein Journal Club statt, bei dem spannende Themen aufgegriffen wurden. Unter anderem ging es um die Trigeminusneuralgie (für mich als Neurologie-Begeisterte wirklich spannend), den neuen Lipidsenker Bempedoinsäure und dessen unzureichende Studienlage und über Thiamin-Substitution bei Alkoholabhängigkeit.

In der Praxis gab es wieder einige spannende Fälle. Unter anderem sah ich ein ganz klassisches Erythema migrans bei Borreliose, ein Patient mit stark geschwollenem und schmerzhaftem Lymphknotenpaket am Hals, einen Patienten im Altenheim mit symmetrischer Oligoarthritis in den großen Gelenken sowie eine Patientin mit diffusen Unterbauchbeschwerden. Außerdem kam eine Patientin mit Beschwerden, die mich zuerst an einen Reflux denken ließen, welcher auch bei der Patientin bereits bekannt war. Aufgrund einer etwas diffuseren Symptomatik mit atemabhängigen Schmerzen, sowie einem Schwächeanfall einige Tage zuvor, wurde noch ein EKG und eine Blutabnahme durchgeführt. Das EKG war unauffällig. Jedoch zeigten sich am nächsten Tag die D-Dimere erhöht und die Patientin hatte über Nacht auch Fieber entwickelt und hielt die Schmerzen kaum noch aus. Sie wurde dann ins Krankenhaus eingewiesen zum Ausschluss einer Lungenembolie oder anderen abwendbar schweren Verläufen.

Einige dieser Fälle sind noch offen, hoffentlich kann ich sie noch weiter mitverfolgen.

Die Woche endet wieder mit einem tollen Wochenende im Bayerischen Wald mit Wanderungen, einem Ausflug an den See sowie einem Mittelalterfest in Grafenau.

Woche 7: 08.08. – 14.08. 2022 

Diese Woche war ich nur zwei Tage in meiner Praxis, da sie ab Mitte der Woche Urlaub hatten. Es waren nochmal zwei intensive und spannende Tage. Am Montag morgen erfuhr ich von einer Patientin, die sich in der vorherigen Woche in der Praxis vorgestellt hatte. Dr. Carlberg hatte sie zum Ausschluss einer Lungenembolie oder anderer schwerer Verläufe ins Krankenhaus eingewiesen. Wir erfuhren über ihren Ehemann, dass sie nun beatmet auf der Intensivstation liegen würde. Die Ursache seien Abszesse, für die man noch keine Ursache gefunden habe. Wir waren alle etwas mitgenommen von dieser Nachricht. Auch mich persönlich hat diese Nachricht doch getroffen. Mir wurde erneut bewusst, wie groß die Verantwortung als Ärztin ist, die Patienten richtig einzuschätzen und rechtzeitig eine intensivierte Diagnostik oder Therapie einzuleiten. Gerade im hausärztlichen Bereich ist dies eine knifflige Aufgabe, da man begrenzte Diagnostikmöglichkeiten hat und über den Tag verteilt viele eher ungefährliche Verläufe von Krankheiten mitbekommt. An den richtigen Stellen hellhörig zu werden und genauer hinzuschauen, finde ich zum Teil wirklich schwierig.

Ich führte am nächsten Tag noch einen Ultraschall bei einer Patientin durch. Wir hatten dabei ein sehr nettes Gespräch über ihre Erkrankung und ihre familiäre Situation und sie gab mir danach ein sehr positives Feedback. Ich genieße es in meinem PJ sehr, mir ab und zu noch viel Zeit für die Patienten nehmen zu können und keinen direkten Zeitdruck zu haben. Dabei entstehen oft interessante Begegnungen und Gespräche mit Patienten.

Außerdem kam eine Patientin in die Sprechstunde, die mir die typischen Symptome einer pAVK schilderte. Ich konnte dann den AB Index bestimmen, welcher auffällig war. In der Klinik hatte ich schon einige Patienten mit pAVK gesehen, aber noch nie bei neu aufgetretenen Beschwerden selbst diagnostiziert.

Am Mittwoch durfte ich einen Tag in der Neurologie in Freyung hospitieren. Morgens war ich mit im Krankenhaus, mittags dann im MVZ mit Dr. Motzek-Noé. Im Krankenhaus war ich mit auf Visite und sah einige interessante Patientenfälle. Wir waren auch auf der Intensivstation und der Stroke Unit. Auf Station visitierten wir unter anderem eine Patientin mit Verdacht auf Myasthenia Gravis. Außerdem durfte ich einen Patienten aufnehmen, der mit Verdacht auf Multiple Sklerose zur weiteren Abklärung kam. Ich konnte somit die gesamte neurologische Untersuchung an ihm durchführen, welche mir immer besonderen Spaß bereitet. Im Anschluss besprach ich den Fall, sowie das weitere Vorgehen, mit dem Oberarzt und wir schauten uns gemeinsam das MRT-Bild des Patienten an. Der Oberarzt zeigte mir im Anschluss weitere interessante Befunde und nahm sich Zeit, mit mir darüber zu sprechen und meine Fragen zu beantworten.

Am Mittag im MVZ war es dann spannend für mich, die Arbeit eines Neurologen in einem ambulanten Setting zu sehen. Dr. Motzek-Noé nahm sich auch die Zeit, mir zwischendurch immer wieder Dinge zu erklären und ich sah einige spannende Fälle. Zwischendurch führte er immer wieder Botox-Therapien bei verschiedenen Spastiken durch, u.a. nach Schlaganfall, bei Blepharospasmus, bei Torticollis spasticua, bei Hemispasmus facialis usw. Außerdem wurden auch Patienten mit z.B. Migräne, Hyperhidrose und dystonischem Kopftremor mit Botoxinjektionen behandelt. Die Patienten gaben an, mit den Therapieergebnissen zufrieden zu sein; es würde den Leidensdruck zumindest ein paar Monate reduzieren.

Ende der Woche durfte ich dann ein Palliativ-Team in Deggendorf begleiten. Auch dies war sehr spannend. Es war ein ganz anderes Arbeiten als man es sonst in der Medizin gewöhnt ist. Es war viel mehr Raum und Zeit für Gespräche, es lag viel Fokus auf der Kommunikation mit Patienten und Angehörigen. Sorgen und Ängste fanden einen angemessenen Raum. Es geht zentral um die bestmögliche Beschwerdefreiheit des Patienten, was für alle Beteiligten enorm wichtig zu sein scheint. Es war schön zu sehen, wie enorm eine solche Mitversorgung durch das Team die Familie entlastet, Bürokratie sowie Arztbesuche und vor allem auch Krankenhausaufenthalte ersparen kann.

Woche 8: 15.08. – 21.08. 2022

Nach einem schönen verlängerten Wochenende im Bayerischen Wald mit viel Wandern und Sport startete ich erholt in die neue Woche. Am Sonntag zog eine neue Famulantin in unser Haus in Grafenau. Wir freuen uns, dass noch mehr Leben in unser großes Haus kommt und konnten zur Begrüßung in unserem schönen Garten gemeinsam frühstücken.

Auch diese Woche konnte ich wieder auf verschiedene Hospitationen gehen. Begonnen hat die Woche mit HNO bei Dr. Träger in Grafenau. Mir wurde trotz der knappen Zeit und der hohen Patientenzahl viel erklärt. Ich bekam einige Schwindelabklärungen, Allergieabklärungen und Hörtestbesprechungen mit. Außerdem durfte ich auch selbst mit dem Mikroskop die Otoskopie durchführen, was garnicht so einfach war. Es kamen erstaunlich viele Patienten, die einen Hörsturz erlitten hatten. Ich konnte mich wieder einmal mit den verschiedenen Diagnostikmöglichkeiten der HNO auseinandersetzen, wie u.a. der Tympanometrie, der Stapediusreflextestung, des Rinne- und Weber-Versuchs, Nystagmus Testungen etc. Außerdem sah ich einige Ultraschalluntersuchungen des Sinus maxillaris.

Es kam eine Patientin mit deutlich geschwollener Parotis, die prall und überwärmt tastbar war. Im Ultraschall zeigte sich sogar eine beginnende Abszedierung. Interessant war für mich, dass sehr viele Patienten mit verringertem Hörvermögen es ablehnten, ein Hörgerät auszuprobieren. Laut Dr. Träger würden viele Patienten es sehr lange hinauszögern, bis sie dann schließlich einwilligten. Dann sei es aber oft schon schwerer, eine optimale Einstellung des Hörgerätes zu erreichen. Anscheinend scheint der Verlust des Hörvermögens noch mehr mit Stigma behaftet zu sein, als beispielsweise der Verlust des Sehvermögens.

Auch diese Woche konnte ich wieder bei dem Palliativteam in Deggendorf mitfahren. Ich war mit einer Onkologin unterwegs, sowie einer erfahrenen Intensivpflegerin. Das Team war so lieb, extra für mich an diesem Tag spannende Hausbesuche einzuplanen.

Es zeigte sich wieder, wie wichtig, aber auch schwierig die Kommunikation vor allem mit den Angehörigen oft ist. Der Angehörige einer Patientin verlangte die maximal mögliche parenterale Ernährung bei seiner Frau, damit sie besser zu Kräften kommen könne. Die Ärztin klärte über die Nachteile und Risiken einer solchen Therapie bei der Patientin auf und es wurde im Konsens mit den Angehörigen ein guter Mittelweg gefunden.
Außerdem war ich bei dem Einbau einer Morphinpumpe dabei. Da der Patient mit Pleuramesotheliom regelmäßig unter starker Atemnot und Schmerzen litt, sollte ihm diese die Schmerztherapie zu Hause erleichtern. Auch hier gab es wieder einige Sorgen und Ängste mit den Angehörigen zu besprechen.

Die Woche endete mit einer spannenden Hospitation bei der Dermatologin Dr. Friedl in Freyung. Der Tag begann mit der Notfallsprechstunde, wo es sehr zackig zuging. Da auch hier die Patientenzahl sehr hoch war, sah ich einige spannende Befunde, u.a. Aktinische Keratosen, Pilzinfektionen der Haut, Acne conglobata, Psoriasis vulgaris usw. Ich konnte auch selbst einige Hautkrebsscreenings durchführen und erkannte nach und nach immer deutlicher die Unterschiede zwischen suspekten und unauffälligen Befunden. Ich bekam die Therapie des Facharztes mit bei Befunden, die mir auch in der Hausarztpraxis ab und an begegneten und konnte zum Teil dazu Nachfragen stellen.

Außerdem führte Dr. Friedel einige kleine Eingriffe unter Lokalanästhesie durch. U.a. wurde eine Nachresektion durchgeführt bei Malignem Melanom.

Wir hatten zwischendurch auch Zeit uns zu unterhalten. Es war für mich sehr schön zu sehen, welche Perspektiven es für junge Frauen mit Kindern in der Medizin gibt. Dr. Friedl ist selbständig und hat sich schon in jungen Jahren eine eigene Praxis mit tollem Team, familiengerechten Arbeitszeiten, breitem Behandlungsspektrum und moderner Ausstattung aufbauen können.

 Am Donnerstag bekamen wir wieder ein Teaching von der Assistentin Julia. Wir besprachen die INR-Einstellung bei Marcumartherapie. Außerdem besprachen wir die Therapie des akuten Asthmaanfalls.

Woche 10: 29.08. – 04.09.2022 

Erholt startete ich nach meinem Urlaub in die 10. Woche. In der Praxis war sehr viel los nach den 2,5 Wochen Urlaub.

Ich beschäftigte mich diese Woche etwas intensiver mit Marcumar Patienten und Gerinnungshemmung allgemein. Ich nahm selber die Quick/INR Werte ab und konnte mir überlegen, wie ich die Marcumar-Gabe weiterführen würde. Wo ich am Anfang meines PJs lediglich ein wildes Durcheinander aus Brüchen in den Marcumarausweisen erkennen konnte, erschloss sich mir so langsam eine Herangehensweise. Auch das Teaching mit Julia in der Woche vor meinem Urlaub half mir dabei. Bei einer Patientin war die Marcumareinstellung seit längerem so schwierig, dass sie auf ein NOAK umgestellt werden musste.
Obwohl es durch den Patientenansturm recht flott zuging, sah ich wieder einige spannende Patientenfälle.

Es kam unter anderem ein Kleinkind in die Praxis, das nach Angaben der Mutter den Stuhlgang über mehrere Tage zurückhalten würde. Es gab wohl in der Vergangenheit des Kindes ein traumatisierendes Erlebnis, was vielleicht damit in Zusammenhang stehen könnte.

Eine andere Patientin hatte mit Unwohlsein und Unruhe, sowie seit einigen Wochen Bauchschmerzen. Im EKG zeigten sich muldenförmige ST-Streckensenkungen, die schon an eine Intoxikation mit Digitalis denken ließen. Im Labor bestätigte sich schließlich dieser Verdacht.

Bei einer Ultraschalluntersuchung fiel mir bei einer Patientin als Zufallsbefund eine große Raumforderung in der Leber auf. Ich darf die Ultraschalluntersuchung immer vor den Ärzten durchführen, sodass ich als erste auf diese Raumforderung stieß. Mir fiel in dieser Situation die Kommunikation mit der Patientin schwer, da ich den Befund nicht verschweigen wollte, sie aber auch nicht verunsichern wollte. Da ich die Dignität der Raumforderung nicht einschätzen konnte und sie nicht zystisch aussah, konnte ich also keine Entwarnung geben. Ich denke jedoch, dass ich der Situation entsprechend angemessen ehrlich und trotzdem zurückhaltend kommuniziert habe. Herr Carlberg veranlasste eine rasche CT Untersuchung, um die Patientin nicht so lange im Ungewissen zu lassen. Ich bin auf den CT Befund gespannt.

An einem Vormittag kollabierte in der Praxis ein älterer Herr. Er hatte eine Kopfplatzwunde und niedrigen Blutdruck. Der Notarzt wurde gerufen. Da der Patient einige Vorerkrankungen hat, hoffe ich, dass es trotz allem nur eine orthostatisch bedingte Synkope war. Die Patienten im Altenheim, bei denen wir jede Woche zum Hausbesuch kommen, freuten sich sehr, uns wiederzusehen.

Es war auch ein neuer Patient dabei. Er hatte eine Stammganglienblutung und war nun unter anderem verlangsamt und hatte eine Hemispastik. Er ist relativ jung und Herr Carlberg betreute ihn auch davor schon länger als Patient. Ein tragischer Fall. Außerdem besuchten wir eine Patientin mit fortgeschrittener Demenz. Die Pflege berichtete über eine Sekretion aus der Brustwarze. Als wir es uns anschauten, sonderte sich blutiges Sekret ab und es ließ sich ein derber Knoten direkt unterhalb tasten. Ein Mamma-Ca war bei der Patientin bekannt. Die Aussicht auf einen eventuell noch schweren Verlauf mit einem exulzerierenden Karzinom ist nicht schön.

Am Donnerstagnachmittag traf ich mich mit Sabine, um gemeinsam Fälle aus dem Allgemeinmedizin-Fallbuch zu besprechen. Das näher rückende Examen sitzt uns im Nacken und es tat gut, das Formulieren und sich gegenseitig abfragen zu üben.

Am Mittwoch trafen wir uns mit den PJlern, Famulanten und Julia zum Abendessen im Burggasthof Weißenstein. Es war die letzte Woche für Anja und Mirjam, also auch ein Abschiedsessen. Es ist so schön, dass man hier so nette Leute kennenlernt. Und verrückt, wie schnell die Zeit vergeht. Mirjam wird mir im Haus fehlen. Zum Glück ist Caro gerade zur Famulatur da, mit ihr werde ich am Wochenende einige Wanderungen unternehmen.

Woche 11: 05.09. – 11.09.2022

Diese Woche zeigte mir Herr Dr. Carlberg bei einer Patientin im Detail den Carotis-Ultraschall, den ich netterweise im Anschluss an ihm üben durfte. Allerdings fiel es mir noch schwer, die richtigen Einstellungen hinzubekommen.

Am Mittwoch durften Caro und ich abends in die Praxis und Ultraschall an uns gegenseitig üben. Ich versuchte dann auch bei Caro die Carotis-Ultraschalluntersuchung durchzuführen, brauche aber definitiv noch mehr Übung darin. Mir macht Ultraschall wirklich viel Spaß und ich bin so dankbar, hier so viel üben zu können.

 In dieser Woche begegneten mir einige Patienten aus vorherigen Wochen wieder. 

Der Patient mit der ausgeprägten Lymphknotenschwellung stellte sich wieder zum Ultraschall vor. Er hatte zwischenzeitlich eine Antibiotikatherapie abgeschlossen und war auch beim HNO-Arzt und in einer Klinik zur weiteren Abklärung, bei der jedoch keine Ursache gefunden wurde. Die Lymphknoten waren im Ultraschall nun zwar deutlich kleiner, aber immer noch vorhanden. Der Patient hat außer den leicht schmerzhaften Lymphknoten keine Beschwerden. Es wird nun eine weitere Ursachensuche folgen. Ich hoffe, dass ich diesen Fall weiter mitverfolgen kann.

Die Patientin mit der Digitalis-Intoxikation war für ein Kontroll-EKG da. Die muldenförmigen ST-Senkungen waren nach der angeordneten Digitalis-Pause nun fast nicht mehr vorhanden.

Der Patient, der letzte Woche in der Praxis kollabiert war, wurde aus dem Krankenhaus entlassen. Es wurde tatsächlich eine schwere 3-Gefäß KHK diagnostiziert. Eine Bypass-Operation steht nun an.

Außerdem kam ein Patient in die Praxis, um Überweisungen zu Kontrolluntersuchungen vor einer geplanten Mitralklappen-Operation zu holen. Er war relativ jung und sportlich. Vor einiger Zeit stellte er sich erstmalig wegen Leistungsminderung in der Praxis vor. Im Langzeit-EKG hatten sich dann 18000 ventrikuläre Extrasystolen gezeigt, woraufhin er schnellstmöglich beim Kardiologen vorstellig wurde. Dort stellte man eine Mitralklappeninsuffizienz und ein schon etwas umstrukturiertes Herz fest.
Ich hörte sein Herz ab und konnte ein deutliches Herzgeräusch über der Herzspitze hören. Das ist ein wirklich toller Lerneffekt für mich hier in der Hausarztpraxis, dass man anhand der klinischen Untersuchung schon sehr viele wichtige Hinweise auf Erkrankungen erlangen kann.

Zusätzlich stellte sich ein junger Patient mit Alkoholabhängigkeit vor. Es waren bei der Laboruntersuchung erhöhte Leberwerte aufgefallen und er kam zur Ultraschalluntersuchung. Das Lebergewebe zeigte sich echoreich. Er plante in naher Zukunft eine Entgiftung. Ich hoffe sehr, dass er dies schafft.

Zudem kam eine Mutter mit ihren beiden Töchtern in die Praxis. Es ging um die Kopfschmerzen der Tochter. Während des Gesprächs bekam die Mutter glasige Augen, was ich nicht sofort richtig deuten konnte. Im Verlauf des Gesprächs stellte sich heraus, dass das Mädchen vor einiger Zeit an ALL erkrankt war und die Mutter sich nun immer Sorgen mache, wenn es der Tochter nicht gut gehe.
Es ist eine für mich wirklich wichtige Erfahrung, hier Gesprächsführung zu üben und zu lernen, auf die Gefühle der Patienten einzugehen, ohne mitzuleiden. Eine zugewandte Professionalität ist vielleicht der richtige Weg, der nicht immer einfach zu finden ist.

Ein längeres Gespräch führte ich außerdem mit einem Ehepaar, wo die Frau eine rasch progrediente Carotisstenose diagnostiziert bekommen hatte, welche nun einer Operation bedurfte. Sie hatte große Angst und ich konnte mir Zeit nehmen, auf ihre Fragen und Bedenken einzugehen.

Ich unternahm unter der Woche und am Wochenende wieder einige Wanderungen und Läufe, auch mit Caro. Die Zeit hier rast und ich habe noch so viele Touren, die ich gerne schaffen möchte. Eigentlich wollte ich auch Tschechien noch etwas erkunden, dafür reicht allerdings die Zeit wahrscheinlich nicht mehr. Da muss ich wohl oder übel wieder hierher zurückkommen!

Woche 12 : 12.09. – 18.09.2022

In dieser Woche begann der Exzellente Sommer. Auch in unserer Praxis fing eine Famulantin an.

Ich wurde gleich voll eingespannt in die Teachings, die die Famulanten hier bekommen. Diese Position ist eher neu für mich, bisher war ich meist diejenige, die selbst an solchen Kursen teilnahm. Das Ganze von der anderen Seite zu erleben hat mich schon jetzt gestärkt.

Am Dienstag half ich beim Wissenskurs aus, wo die Studenten einiges zur evidenzbasierten Medizin lernten.

Am Mittwoch durfte ich mit Herr Carlberg zusammen den Ultraschallkurs halten.

Am Samstag fand in Regen ein Untersuchungskurs statt, wo ich die neurologische Untersuchung anleitete und eine Anamnesegruppe leitete.

Ich merkte schon bei diesen drei Veranstaltungen, wie sehr sich Wissen bei einem selbst vertieft, wenn man es anderen Studenten beibringen muss. Ich fühlte mich von Mal zu Mal sicherer und selbstbewusster. Auf Rückfragen von Studenten einzugehen und Dinge verständlich zu erklären, ist zugleich auch eine gute Übung für meine mündliche Prüfung.

Auch der Praxisalltag war wieder abwechslungsreich diese Woche. Bei einer Patientin sah ich im Ultraschall mehrere, größere Nierenzysten. Sie wurde zum Nephrologen überwiesen. Außerdem stellte sich ein Patient mit typischen linksseitigen Unterbauchschmerzen vor. Im Labor zeigten sich erhöhte Entzündungswerte, außerdem sah ich nun zum ersten Mal im Ultraschall die typisch verdickte Darmwand im Sigmabereich.

Zudem kam eine Patientin mit Z.n. Magenkarzinom zum Ultraschall. Bei ihr wurde eine Gastrektomie mit Roux-Y Anastomose durchgeführt und die Anatomie im Bereich der Leberpforte war nicht ganz eindeutig. Es war eine gute Übung, sich auch ohne die klassischen Standart Schnittbilder zurechtzufinden.

Ein weiterer Patient schilderte mir eine Nykturie seit einigen Wochen. Eine gute Möglichkeit, an die verschiedenen Differentialdiagnosen zu denken und nach möglichen weiteren klinischen Symptomen zu suchen und zu fragen.

Bei den Hausbesuchen diese Woche sahen wir den Patienten mit der Stammganglienblutung wieder. Er verweigerte seit kurzem Essen, sowie Tabletten, klagte über Übelkeit und Erbrechen und gab diffuse Schmerzen an, unter anderem auch im Thorax. Der Patient war schwer zu untersuchen, da er nicht klar äußerte, wie und wo seine Beschwerden genau waren. Wir wiesen ihn ins Krankenhaus ein.

Ich merke nun kurz vor Ende meiner Zeit hier, dass ich mich immer sicherer fühle. Sowohl in meiner inneren Haltung, als auch bei meinen Fertigkeiten scheine ich Fortschritte gemacht zu haben. Hier so viel Patientenkontakt zu haben, selbst Gespräche leiten zu müssen, so viele körperliche Untersuchungen durchzuführen und mir Herangehensweisen überlegen zu müssen, hat mir sehr gut getan. In diesem Umfang wäre dies im Krankenhaus vermutlich nicht möglich gewesen.

Woche 13 & 14: 19.09. – 02.10.2022

Meine letzten beiden Wochen vergingen wie im Fluge. Leider war ich nicht mehr ganz so oft in der Praxis, da ich drei Tage Strahlenschutzkurs hatte und 3 Tage Resturlaub genommen habe.

Der Strahlenschutzkurs war reiner Frontalunterricht und ich habe gemerkt, wie dankbar und froh ich darüber bin, nun endlich praktisch tätig zu sein. Dabei lernt man viel nachhaltiger und es macht auch viel mehr Spaß.

Am Wochenende war ich wieder beteiligt an einem der Teachings für den Exzellenten Sommer. Dieses Mal war das Thema Chronische Erkrankungen und ich leitete mit Lisa den Kurs zum Thema Herzinsuffizienz. Das kam mir sehr gelegen, denn für mein mündliches Examen war das eine sehr gute Übung. Das Thema Herzinsuffizienz ist ein sehr großes Thema und es hat mir gut getan, mich nochmals im Detail damit auseinanderzusetzen und es dann auch mit den 4 Kleingruppen mehrmals zu erarbeiten. In dieser Thematik fühle ich mich nun sehr sicher und das ist ein großer Gewinn.

Im Anschluss an das Teaching gingen Nicole und ich am Abend auf ein Konzert in Passau. Einer der Ärzte, Anton, spielte dort mit seiner Band. Es war ein schöner Abend. Neben uns PJlern waren auch andere Ärzte und Kollegen gekommen und wir waren ein großer Fanclub.

In der Praxis sah ich noch ein paar spannende Fälle, sah einen Carotis-Doppler mit Stenose, konnte meinen letzten Schilddrüsen Ultraschall durchführen.

Unter anderem kam auch eine jugendliche Patientin mit ihrer Mutter zum Gespräch. Bei der jungen Patientin bestand seit ihrer ersten Periode Dysmenorrhoe, Hypermenorrhoe sowie Menorrhagie. Ich fand es in dieser Situation schwierig, die eigentliche Patientin, also die Jugendliche, im Zentrum des Gesprächs zu lassen, da die Mutter das Gespräch sehr an sich riss. Das Thema Verhütung tat die Mutter schnell ab und meinte, das wäre noch kein Thema bei ihrer Tochter. Das war für mich eine schwierige Situation, da ich darüber mit der Tochter gerne allein gesprochen hätte.

In meiner letzten Themenbesprechung am Montag ging es um das Thema Multiple Sklerose. Ein Thema, welches mich wieder sehr interessiert hat. Zudem war es spannend, die Thematik aus Sicht des hausärztlichen Settings zu betrachten.

An meinen Urlaubstagen konnte ich die Sonne gut ausnutzen und so den Bayerischen Wald auch in seinem herbstlichen Glanz genießen. Ich werde die Natur hier sehr vermissen.

Mein letzter Tag in der Praxis war sehr schön, ich wurde von allen herzlich verabschiedet.

Ich bin unendlich dankbar für die Erfahrungen, die ich hier sammeln konnte und dankbar für die Mühe und Zeit, die sich alle genommen haben.

Diese Zeit hat mich nach einem sehr theoretischen Studium und nach wegen Covid online absolvierten Blockpraktika nachhaltig geprägt und mir sicherlich einen entscheidenden Schliff verpasst.

Auch die Begleitveranstaltungen, die Themen- und Fallbesprechungen, die Journal Clubs, die Teachings haben mich geprägt und mir gezeigt, wie wertvoll und gewinnbringend der Austausch unter Kollegen ist und wie wichtig es ist, sich stets fachlich auf dem Laufenden zu halten. Es war auch so angenehm, als Kollegin wahrgenommen und wertgeschätzt zu werden.

Ich werde die Zeit hier nie vergessen und stets mit großer Dankbarkeit zurückblicken.