
Christina Liebl
Praktisches Jahr
06.09. – 26.12.2021
Woche 1: 05.09. – 12.09.2021
Es ist schon Sonntag spät abends als ich in Kirchberg ankomme. Ich bin schon wahnsinnig gespannt, was mich in den kommenden Wochen erwarten wird und welche neuen Kollegen und Patienten ich kennen lernen darf. Nach einem viertel Jahr wohnen in einem ehemaligen Patientenzimmer im Krankenhaus mit einer Mini-Küche für viele PJler, erscheint mir die top eingerichtete WG in Kirchberg sehr luxuriös.
Am Morgen lerne ich meine Mitbewohner kennen und dann geht es auch schon auf nach Lalling. Dort angekommen zeigen mir die netten MFA’s die Praxis. Dabei sprechen mich die hellen und modernen Praxisräume an und bei dem Leinwandbild des kleinen Arbersees fühle ich mich gleich sehr heimisch.
Dann kommen auch schon die ersten Patienten. Ich hänge mich erst mal an die Ärztinnen, um zu sehen, wie der Praxisalltag in der Praxis funktioniert. Nach einer kleinen Einweisung in das Computerprogramm der Praxis darf ich auch schon bei den ersten Patienten alleine die Anamnestik durchführen. Anschließend kommt eine Ärztin mit dazu und wir besprechen gemeinsam, was von der Krankengeschichte des Patienten noch wichtig wäre, welche gefährlichen Verläufe ich ausschließen muss und welche Therapie wir einleiten. So vergeht der Vormittag wie im Flug. In der Mittagspause gibt es eine Besprechung mit dem gesamten ärztlichen Team und allen Studenten über Zoom zum Thema Nahrungsmittelunverträglichkeit. Ein sehr alltägliches Thema, zu dem ich auch schon von Freunden um Rat gefragt wurde, aber bisher noch nicht wusste, in welcher Reihenfolge und was genau man diagnostisch abklären sollte. Ich bin schon gespannt auf das Protokoll von einer Mit-PJlerin Julia. Auch am Dienstag und Donnerstag finden online Meetings statt, um komplizierte Fälle aus allen Praxen zu besprechen. Diese waren sehr unterschiedlich. Von einem Patienten bei dem vor allem die soziale Gesamtsituation den Ärzten Sorge bereitete, über einen bis jetzt noch unklaren Fall eines jungen Mannes mit Schmerzen am gesamten Körper, zu einen Fall, bei dem das konsequent durchgeführte Schema bei erhöhten Leberwerten zur richtigen Diagnose führte. Diese Team-Konferenzen fanden auch schon vor Corona-Zeiten online statt. Dies erfüllt für manche wahrscheinlich so gar nicht das Klischee einer Landarztpraxis im Bayerischen Wald.
Einen Tag darf ich zusammen mit Dr. Blank die Praxis in Grafenau kennen lernen. Auch hier sind die MFA’s sehr wertschätzend: Der morgen beginnt gleich mit einer Check-Up-Untersuchung und einer Kontrolluntersuchung für eine anstehende OP. Dabei kann ich zweimal hintereinander eine körperliche Untersuchung durchführen und darf schon mal vorschallen. Anders als bei meinen Tertial im Krankenhaus bekomme ich anschließend direkt ein ausführliches Feedback von Dr. Blank, das ich sehr dankbar annehme. Die weiteren Tage bin ich wieder in Lalling. Ein paar Patienten, die zur Wundversorgung kommen, kenne ich nun schon und kann direkt nachverfolgen, wie sich der Befund täglich verbessert.
Mit vielen neuen Eindrücken freue ich mich auf das Wochenende.
Woche 2: 13.09. – 19.09.2021
Auch diese Woche darf ich wieder einige neue Gesichter und als neue Praxen Auerbach und Kirchberg kennen lernen. Als interessante Krankheitsbilder bekomme ich diese Woche eine Patientin mit einen lehrbuchreifen Erythema migrans zu sehen. Ein anderer Fall hat sich sehr erfreulich entwickelt. Eine Frau wurde von starken Ganzkörperschmerzen geplagt. Die Behandlung mit Prednisolon hat zu einer fast völligen Beschwerdefreiheit geführt. Interessant für mich war dabei, dass diese Frau ein nahezu blandes Laborbild aufzeigte und die Diagnose Polymyalgia rheumatica nicht unbedingt, wie in den Lehrbüchern beschrieben eine Sturzsenkung aufweisen muss.
Die Montagsbesprechung behandelt den Hanta-Virus. Für mich bis jetzt nur eine ausgefallene Antwortmöglichkeit in MC-Fragen. Doch nun weiß ich, dass bei einem ungewöhnlich schweren oder langen Verlauf der Grippe, dieses Krankheitsbild als Differentialdiagnose berücksichtigt werden muss. Auch die anderen Fallbesprechungen sind wieder sehr interessant. Ich finde es super, dass jeder niederschwellig seine Fragen anbringen kann. Wir diskutieren unter anderem wie und in welchen Rahmen eine Behandlung eines Herpes labiales erfolgen sollte und welche Komplikationen auftreten könnten. Mit Frau Aicher bin ich an einem Vormittag mit auf Hausbesuchstour unterwegs. Letzte Woche fielen Ihr beim Besuch eines älteren Patienten Rasselgeräusche über der Lunge und Bein-Ödeme auf, nach Erhöhung der diuretischen Therapie geht es dem Patienten bei unserem Besuch schon wieder viel besser und von Frau Aicher bekomme ich noch ein kleines Privatteaching zu Diuretika.
Auch am Wochenende geht es abwechslungsreich weiter. Ich fahre nach Hause, am Freitag Abend ist Ausbildung bei der Bergwacht. Zusammen mit einem Anästhesisten als Referenten gehen wir Verletzungsmuster durch, die bei dem kommenden Ultratrail vorkommen könnten. Besonders interessant finde ich die thermischen Verletzungen, wie Unterkühlung, Hitzeerschöpfung, Sonnenstich und Hitzeschlag zu unterscheiden und richtig zu behandeln. Samstag vormittags findet für die Studenten des Exzellenten Sommers ein Untersuchungskurs in Regen statt. Mein Thema ist die Ohrenuntersuchung. Auch ich profitiere davon sehr, da ich in Vorbereitung dafür die Untersuchungsschritte wiederhole. Die Studenten sind alle sehr motiviert neues praktisch auszuprobieren und daher macht der Kurs auch richtig Spaß. Gerade zu Hause angekommen, beginnt ein Bergwachteinsatz. Eine Wanderin hat sich eine Sprunggelenksverletzung zugezogen. Diese wird mit einer Vakuumschiene versorgt und unproblematisch an den RTW übergeben, der auch fast bis an die Einsatzstelle fahren kann. Da dieser Einsatz nicht lange dauert, können wir noch an der Einsatzübung auf der Schareben teilnehmen. Dabei wurde ein Flugzeugabsturz mit mehreren Verletzten mit einem begleitenden Waldbrand auf der Heugstatt simuliert. Ich fand es sehr interessant zu sehen, wie wichtig bei solchen Ereignissen eine gute Organisation und Koordination der vielen Helfern von Feuerwehr, Rettungsdienst, Notärzten, Technikern und Bergwachten ist. Am nächsten morgen ist ein weiterer Bergwachteinsatz. Ein Wanderer hatte sich noch in der Dunkelheit eine Sprunggelenksverletzung zugezogen. Eigentlich das gleiche Verletzungsbild wie am Tag zuvor, doch dieses mal kann der Verletzte nur über einen steilen Wanderweg zu Fuß erreicht werden. Mittels Gebirgs-Trage wird der Patient dann nach unten transportiert. Anschließend haben wir noch Ausbildung und wiederholen Klettertechniken, Standplatzbau und Abseilen.
Woche 4: 27.09. – 03.10.2021
Anfang der Woche bin ich wieder in Auerbach und lerne dort Dr. Kalmancai kennen. Es kommen einige Patienten zum Check-Up und ich darf schon vorschallen. Anschließend bekomme ich von Dr. Kalmancai immer noch hilfreiche Tricks, wie man die einzelnen Organe, je nach Körperbau des Patienten noch besser darstellen kann. Mit ein paar Erfolgserlebnissen macht das sonographieren gleich noch mehr Spaß.
In Lalling stellt sich eine Patientin nach überstandener Covid-Infektion vor. Nach anfänglicher Symptomlosigkeit hatte ihr Verlauf eine drastische Wendung genommen, mit einem langen Intensiv-Aufenthalt inklusiver ECMO-Behandlung im Uniklinikum. Sie berichtet eindrucksvoll von den Wochen auf der Intensivstation. Von einer Kraftlosigkeit, nicht mal den Arm heben zu können, von der fehlenden Kommunikationsmöglichkeit, über das nicht unterscheiden zu können, was Albträume und was Realität war. Nun sitzt die Frau mit einen unglaublichen Kämpferwillen, bald wieder arbeiten und Autofahren zu können, uns gegenüber. Im Inneren Tertial habe ich die Zeit auf der Intensivstation sehr lehrreich gefunden. Deshalb ist es nun sehr interessant die persönlichen Eindrücke vom Aufenthalt auf einer Intensivstation eines Intensiv-Patienten geschildert zu bekommen.
Am Mittwoch findet in Jena ein Präsenz-Seminar statt. Während alle anderen Seminare mittels Zoom stattfinden, war es den Verantwortlichen wichtig für dieses eine Seminar vor Ort zu erscheinen. Es sollte eine Balint-Gruppe stattfinden. Ich hatte bis jetzt nur ein paar wenige theoretische Infos zu dem Thema und war etwas skeptisch. Ich schilderte dann einen Fall eines jungen Patienten mit einem sehr schweren Verlauf einer Pankreatitis. Es war interessant, welche Denkansätze meine Kommilitonen dazu hatten. Meine anfängliche Skepsis war also unbegründet und ich denke, dass man mittels Balint-Gruppen seine eigene Arzt-Patienten-Beziehung überdenken und somit auch verbessern kann.
Am Freitag ist in den Praxen nochmal einiges los. Viele Patienten wollen ihre Beschwerden vor dem Wochenende abklären lassen. Unter anderem stellt sich eine Mutter mit Ihrer zweijährigen Tochter vor. Diese hat Fieber über 39 °C und ist sehr matt. Ich finde es schwierig zur richtigen Diagnose zu kommen, denn die Patientin kann uns natürlich nicht genau schildern, was Ihr fehlt. Mit Ihrer ruhigen Ausstrahlung untersucht Frau Dr. Takacs dann die Kleine systematisch und kommt zur Diagnose einer Otitis media.
Nach den vielen Eindrücken der Woche, merke ich erst wieder wie abwechslungsreich die Allgemeinmedizin ist und freue mich auf ein sonniges Wochenende.
Woche 5: 04.10.2021-10.10.2021
In dieser Woche bin ich wieder in Lalling eingeteilt.
In der Montagsbesprechung geht es um das Thema Übelkeit, in der Woche vorher um Muskelkrämpfe. Bis jetzt finde ich die Themen dieser Besprechung super, da es sich um wirklich häufige Beratungsanlässe handelt. Auch läuft das ganze sehr strukturiert ab, da wir zuerst überlegen, wie sich die Patienten mit ihren Beschwerden wörtlich bei uns vorstellen. Anschließend tragen wir zusammen, was bei der Anamnese alles gefragt werden sollte, bevor wir dann mögliche Ursachen erörtern. Dabei nutzen wir immer das gleiche Schema und gehen verschiedene Ursachen (entzündliche, autoimmune, traumatische, von den Gefäßen ausgehende, durch Tumore, stoffwechsel- oder psychisch bedingte) durch. Ich merke, dass dieses Schema wirklich sinnvoll ist keinen abwendbaren schweren Verlauf zu vergessen und ich versuche dieses Schema in dieser Woche bei Patienten direkt anzuwenden. Anschließend tragen wir mögliche Therapien je nach Ursache zusammen. Da wir PJler für das Protokoll verantwortlich sind, beschäftigen wir uns nachher noch mit dem Thema und verfestigen dadurch das Besprochene.
Manchmal ist es aber auch ganz einfach Patienten wieder glücklich zu machen. Ein Patient kann nicht mehr gut hören und fragt sich was die Ursache dafür ist. Ein kurzer Blick mit dem Otoskop zeigt viel Cerumen, nachdem ich die Ohren gespült hatte, sind die Ohren wieder frei und der Patient freut sich über die schnelle Lösung des Problems.
Auch merke ich, wie wichtig es ist, die Patienten mit unseren Aussagen nicht zusätzlich zu verunsichern. Eine Patientin mit eigentlich gut eingestelltem Hypertonus hatte in den letzten Tagen eine hypertensive Entgleisung. Sie hat große Angst, nun davon einen Schlaganfall zu tragen. Auch wenn der Blutdruck wieder im normalen Bereich ist, das EKG und klinische Untersuchung keine Auffälligkeiten zeigen, benötigen wir doch ein etwas längeres Gespräch die Patientin zu überzeugen, dass Sie sich darüber keine Sorgen machen sollte und nicht andauernd zu Hause selbst Blutdruck messen sollte.
Auch impfe ich diese Woche ein paar Patienten gegen Influenza. Mittags besprechen wir die verschiedenen Grippe-Impfstoffe, ob wir Influenza gemeinsam mit der 3. Corona-Impfung verbreichen könnten und wie das nun am besten bei den Hausbesuchspatienten organisiert werden kann.
Am Wochenende ist das Wetter wieder traumhaft und die Landschaft zeigt sich schon von der herbstlichen Seite.
Woche 6: 11.10. – 17.10.2021
In dieser Woche merke ich wieder, welchen Stellenwert Weiterbildung in der Gemeinschaftspraxis hat. Am Mittwoch hat das gesamte Team die Möglichkeit an einem Vortrag zum Thema Kopfschmerzen von einer Dozentin der Kopfschmerzambulanz teilzunehmen. Ich fand dieses Thema sehr interessant, da es sich zum einen um einen sehr häufigen Beratungsanlass handelt, zum anderen in seltenen Fällen auch ernste Ursachen hinter den Beschwerden stecken können. Die Dozentin gab uns Tipps diese seltenen sekundären Kopfschmerzen von den primären zu Unterscheiden. Weitere Themen waren Migräne und der medikamenteninduzierte Kopfschmerz. Am Ende wurden noch viele Fragen beantwortet, was auch zeigt, wie vielschichtig dieses Thema ist.
Neurologisch geht es in dieser Woche weiter. Ich bin zum größten Teil in Schöfweg eingeteilt. Dr. Kleudgen ist nicht nur Fachärztin für Allgemeinmedizin, sondern zusätzlich auch noch Neurologin. Gemeinsam diskutieren wir einen Patienten mit neu aufgetretenem Schwindel, welche Differentialdiagnosen in Betracht kommen könnten und was bei diesem Symptom besonders bei der neurologischen Untersuchung wichtig ist. Hilfreich ist zum Beispiel auch der Tipp, dass der Patient den Schwindel beschreiben soll, ohne dass er dabei das Wort Schwindel benutzen darf.
Generell finde ich dieses Konzept der Gemeinschaftspraxis mit den verschiedenen Ärzten, die zusätzlich noch Profis für ein Teilgebiet sind, sehr gut und auch die Patienten profitieren von dem gemeinschaftlich geballten Wissen. Bei einer Patientin, die zum präoperativen Check kommt, denke ich, dass die Patientin etwas unspezifische EKG-Veränderungen hat, auch wenn Sie über keinerlei Symptome klagt. Nach einem kurzen Telefonat mit dem Internisten Dr. Machac, der sich das EKG auch am Computer in Kirchberg anschauen kann, stellen sich die Veränderungen, die öfters bei jungen Patienten auftreten können, als völlig harmlos heraus. Wir können durch den „Telefon-Joker“ das EKG guten Gewissens als unauffällig bewerten und müssen die Patientin nicht unnötig beunruhigen. Auch durch die Rotation zu den verschiedenen Ärzten lerne ich unterschiedliche Arten der Gesprächsführungen kennen und kann mir von jedem ein paar verschiedene gute Herangehensweisen abschauen.
Mittlerweile versuche ich immer nach der durchgeführten Anamnese und Untersuchung unter Vorbehalt eine konkrete Therapie aufzuschreiben. Anschließend bekomme ich Feedback. Wenn mein Therapievorschlag nicht so zielführend ist, lerne ich hoffentlich aus meinen Fehlern, falls dieser aber mit dem Vorgehen der Ärzte übereinstimmt, ist es jedes Mal ein kleines Erfolgserlebnis und sehr motivierend. An einem Nachmittag werde ich kurzfristig gefragt, ob ich nach Lalling kommen könnte, da hier nur eine Ärztin bei vielen Patienten ist. Das mache ich gerne und freue mich eine kleine Unterstützung sein zu können.
Am Wochenende ist das Wetter schon wieder richtig schön sonnig und herbstlich 🙂
Woche 7: 18.10.21 – 24.10.21
In dieser Woche bin ich meistens in Schöfweg eingeteilt. Ein paar Patienten „kenne“ ich nun schon aus der vorherigen Woche, da diese zur Verlaufskontrolle kommen. Für mich ist dies zum einem schön, um zu sehen, wie sich das Krankheitsbild verändert hat und ob unsere Therapie erfolgreich war. Zum anderen wissen die Patienten schon wer ich bin, am Anfang der Konsultation besteht schon ein kleines Vertrauensverhältnis und wir können in der Anamnese gleich nahtlos vom letzten Besuch weitermachen.
Am Mittwochabend findet der Journal Club statt. Interessant war unter anderem ein Beitrag zur 3. Corona-Impfung. Ich bin schon von ein paar Patienten, als ich Sie gegen Grippe geimpft hatte, gefragt worden, wie es denn mit der 3. Impfung ausschaue. Nun bin ich froh, dass ich jetzt die Empfehlungen und ein paar wichtige Studienergebnisse zum zeitlichen Verlauf des Impfschutzes kenne. Des weiterem wurde ein Score vorgestellt. Mithilfe dessen kann bei niedriger Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Lungenarterienembolie diese auch ohne Bestimmung der D-Dimere ausgeschlossen werden. Im Zuge dessen bekamen wir noch einen Tipp für eine App, die alle möglichen medizinischen Scores kompakt beinhaltet.
Interessant fand ich diese Woche auch, dass es wichtig ist, sofern es medizinisch vertretbar ist, die Patientin in den Entscheidungsprozess miteinzubeziehen. Besonders schön zu sehen war dies bei zwei rüstigen Senioren. Beide hatten Schulterschmerzen, der Bewegungsumfang war etwas eingeschränkt und die klinische Untersuchung deutete auf eine Läsion einer Sehne der Rotatoren-Manschette hin. Ich überlegte, ob ich die Patientin ins MRT und zum Orthopäden überweisen sollte, doch die Patienten meinte, auf keinen Fall, denn Sie habe Platzangst würde ungern „in die Röhre“ und außerdem würde Sie sich in Ihrem Alter sicher nicht mehr operieren lassen. Der andere Patient mit den ähnlichen Symptomen meinte bei der Frage nach einer weiteren Abklärung, dass er das natürlich wolle, schließlich könne es so nicht mehr weitergehen und falls eine OP anstehen würde, würde er diese auch durchziehen.
Manchmal kommen die Patienten auch mit mehreren „Baustellen“ gleichzeitig. Ich habe schon bemerkt, dass es ambulant schwierig ist alle Probleme gleichzeitig weiter abklären zu lassen, sodass man sich eine Strategie überlegen muss, die Probleme nacheinander anzugehen. Bei der Priorisierung kann auch helfen, sofern keine Red flags vorhanden sind, den Patienten einfach mal zu fragen, wovor er die meiste Sorge hat. Dann kommen auch Zusammenhänge zum Vorschein, die einem vorher nicht bewusst waren. Zum Beispiel erfuhr ich diese Woche von einem Patienten, der unter anderem über gelegentliche Bauchschmerzen und Verstopfung klagte: „mein Nachbar ist neulich leider an einem Krebs im Bauch verstorben, der hatte anfangs auch Schmerzen im Bauch, jetzt habe ich Angst, dass mir das gleiche blühen könnte“. Dieses Problem kann man sich dann als erstes vornehmen und den Patienten im besten Fall schon eine große Sorge dann abnehmen.
Am Sonntag lädt das schon wieder traumhafte Herbst-Wetter zum Wandern ein 🙂
Woche 8: 25.10. – 31.10.2021
In dieser Woche merke ich wieder, wie abwechslungsreich die Allgemeinmedizin ist und aus wie vielen verschiedenen Fachgebieten man Ahnung haben muss. Auch habe ich das Gefühl, in der Uni nichts umsonst gelernt zu haben, weil man in der Allgemeinmedizin ein breit gefächertes Wissen haben muss. Zu manchen Krankheitsbildern habe ich jetzt auch einen Patienten vor meinem Auge und kann mir dadurch hoffentlich Symptome und entsprechende Therapie besser merken. Manchmal sind es aber auch sehr spezielle Beratungsanlässe, die man in Lehrbüchern oder Vorlesungen bis jetzt noch nicht detailliert behandelt hat.
Im Rahmen der Wundkontrollen stellen sich verschiedene Patienten vor. Ein Mann hat sich im frischen Beton beide Knie verätzt, ein anderer kommt mit einem ausgeprägten Befund einer Osteomyelitis und wieder zwei andere stellen sich mit einem Hundebiss vor. Aus dermatologischer Sicht haben wir einen Patienten mit Verdacht auf ein Basaliom und einen Fall einer Purpura. Im Schilddrüsen-Ultraschall sehe ich eine Patientin mit einer Hashimoto-Thyreoditis. Kardiologisch werden meine EKG-Kenntnisse aufgefrischt, bei einem Patienten bestätigt sich der Verdacht auf eine Perikarditis, einen anderen schicken wir mit neu aufgetretenen Linksschenkelblock in das Krankenhaus. Darüber hinaus darf ich ein paar Fäden ziehen, reichlich impfen und meine Knie-Untersuchungstechnik verbessern. Auch den im Journal Club vorgestellten PERC-Score können wir bei einer Patientin mit Verdacht auf eine tiefen Beinvenenthrombose anwenden.
Bei schönsten Herbstwetter gehe ich mit meiner Mit-PJlerin Julia am Mittwoch eine Runde laufen. Ich freue mich schon auf das verlängerte Wochenende, denn da treffe ich ein paar PJlerinnen aus dem ersten Tertial. Es ist interessant zu hören, wie es den anderen PJler in den unterschiedlichsten Fachgebieten gefällt, was jeder machen darf und was wir mittlerweile schon ganz gut können und wo wir noch dazu lernen können. Dabei merken wir, dass jetzt Halbzeit des gesamten PJ vorbei ist und sind erstaunt, wie schnell die Zeit im PJ vergeht. Nach diesem schönen Wochenende in den Bergen, freue ich mich auf eine wieder sicher abwechslungsreiche Woche mit Dr. Kalmancai in Auerbach.
Woche 9: 01.11. – 07.11.2021
In dieser Woche merkt man, dass die Inzidenz der Corona-Infizierten in der Region steigt. Die Infekt-Sprechstunde wird ausgeweitet und der Anteil an positiv getesteten an allen getesteten beträgt an manchen Tag 100%. Auch rechtliche Fragen, wie ob ein Antikörpertest einen Genesenen-Nachweis entsprechen kann oder ob man eine AU ausstellen darf bei Patienten mit Symptomen, die aber einen Abstrich verweigern, sind Teil der Fragen, die die Patienten an uns stellen. Zum Glück gibt es die Fallbesprechungen und im Team diskutieren und recherchieren wir offene Punkte. Nachmittags verabreichen wir zahlreiche Corona-Impfungen. Dabei ist das Patientenklientel sehr unterschiedlich von Erstimpfungen bis zu Drittimpfungen.
Großen Respekt habe ich vor den MFA’s, die im Hintergrund Patienten für Abstriche, Infektsprechstunde und Impfungen einbestellen, während noch „normale“ Patienten an der Anmeldung stehen, das Telefon klingelt und die von uns angeordneten Rezepte und Überweisungen ausgestellt werden. Ohne diese gute Koordination der MFA’s würde vieles nicht so reibungslos funktionieren.
Ein paar Patienten sind sich bezüglich der Impfung noch unsicher und haben Sorge vor Nebenwirkungen oder Langzeitfolgen. Da ich bei einigen Beratungsgesprächen mit dabei war und mir von verschiedenen Ärzten ein paar Formulierungen „abgeschaut habe“, bin ich mir mittlerweile schon sehr sicher, wenn ich solch ein Beratungsgespräch alleine führe.
Trotz der Corona-Thematik gibt es noch genügend andere Patienten mit verschiedenen Krankheitsbildern, die zu uns kommen. Zwischen den Patienten nimmt sich Dr. Kalmancai immer wieder Zeit um mir ein kleines Privat-Teaching zu geben. Wir besprechen die Einstellung von Marcumarpatienten inklusive Briding oder dem Absetzen vor einer OP. Auch werde ich zu interessanten Befunden mit dazu geholt, wenn ich gerade noch bei einem anderen Patienten bin.
In meiner Wohnung wohnen immer noch ein paar Blockpraktikantinnen, die vor der Wahl Ihres PJ stehen. Ich kann guten Gewissens das Wahltertial in der Allgemeinmedizin weiterempfehlen. Im Vergleich zum Inneren Tertial finde ich, dass man im Krankenhaus kaum eine so gute 1:1-Betreuung hat, wie es jetzt in der Praxis ist. Des Weiteren kann man reichlich Erfahrung bei Anamnese und körperlicher Untersuchung sammeln und sieht verschiedene Krankheitsbilder und Patienten in allen Lebenslagen. Diese Erfahrung kann man später sicher in jedem Fachbereich gut gebrauchen 🙂
Woche 10: 08.11. – 14.11.2021
Auch in dieser Woche ist wieder einiges los in der Praxis in Auerbach. Auf der einen Seite stellen sich Patienten mit Beschwerden vor, wie z.B. Rückenschmerzen, Harnwegsinfekt oder Cerumen im Ohr, bei denen ich mir über Befunderhebung und das weitere Vorgehen mittlerweile schon sehr sicher bin. Auf der anderen Seite, sehe ich Krankheitsbilder zum ersten mal. Ich schalle einen vergrößerten Lymphknoten am Hals bei einer Patientin mit der schon vorbekannten Grunderkrankung eines Non-Hodgkins-Lymphoms oder sehe einen sehr ausgeprägten Befund einer Neurodermitis. Hier kann mir die neue Ärztin Dr. Krenn gute Tipps geben, da Sie oftmals zuvor in der pädiatrischen Praxis Kinder mit Neurodermitis behandelt hat. Auch diskutieren wir über außergewöhnliche Laborbefunde. Ein Patient war schon lange nicht mehr beim Arzt, hat uns nun aber aufgesucht, da er am Tag bis zu 6-8 Liter trinke. Jetzt im Labor passt der extrem hohe HbA1c dann gut zu seinen Beschwerden. Einen Tag später kommt der Patient wieder und wir eruieren Lebensstil, weitere Risikofaktoren und Ernährungsgewohnheiten. Zusammen mit dem Patienten leiten wir die weitere Therapie ein. Außerdem erläutert Dr. Kalmancai anschaulich die vielen Risikofaktoren, die der Patient hat und versucht den Patienten zu motivieren Ernährung und Lebensstil zumindest in kleinen Schritten zu verändern. Auch hier konnte ich mir wieder ein paar gute Bausteine der Gesprächsführung einprägen. Ein weiterer Patient zeigt im Labor eine Polyglobulie und wir überlegen, wie wir nun weiter vorgehen und welche Krankheiten dahinterstecken könnten.
Mitten in der Sprechstunde werden wir zu einem notfallmäßigen Hausbesuch gerufen, bei einem Patienten besteht der Verdacht auf eine Hypoglykämie. Der somnolente Patient bekommt schnell Glucose und wird zur weiteren Abklärung dann ins Krankenhaus gebracht.
Am Mittwoch bin ich zusammen mit Julia in Kirchberg eingeteilt. Ausnahmsweise ist an diesem Tag weniger los und Dr. Machac stellt uns immer wieder Fragen zu bestimmten Themen oder wir gehen das praktische Vorgehen bei Hyperkaliämie oder chronischer Niereninsuffizienz durch. Ich denke, wir beide konnten an diesen Nachmittag wieder einiges lernen. 🙂
Vor dem Wochenende wollen dann wieder einige Patienten ihre Beschwerden noch abklären lassen. In allen Praxen ist mir bisher aufgefallen, dass versucht wird Antibiotika wirklich nur dann zu verschreiben, wenn es auch nötig ist. Manchmal kommt auch ein weiterer guter Ansatz zum tragen. Dieser erfordert zwar die Mitarbeit des Patienten, kann aber, insbesondere vorm Wochenende eine unnötige Antibiotika-Gabe verhindern. Der Patient bekommt ein Rezept mit dem passenden Antibiotikum, beobachtet sich in den nächsten ein bis zwei Tagen selbst. Sollten die Beschwerden schlimmer werden, nimmt er das Antibiotikum einfach ein, sollten die Beschwerden besser werden, kann er guten Gewissens das Antibiotikum weglassen.
Mit diesen und weiteren praktischen Tipps freue ich mich auf das Wochenende. 🙂
Woche 11: 15.11. – 21.11.2021
Anfang der Woche ist das Wetter noch schön sonnig und bei einem Spaziergang in der Mittagspause lernen Julia und ich unsere neue Mit-PJlerin Leonie kennen. Ich finde es super, dass man nicht die einzige PJlerin ist, sondern Gleichaltrige hat, mit denen man sich austauchen kann oder über ein paar Geschichten, die man tagsüber erlebt hat lachen kann.
Mitte der Woche zieht dann dichter Nebel um Kirchberg. Zu dem Wetter passt auch thematisch das Seminar das Landkreises Cham. Die Chefärztin Frau Dr. Prasser von der medbo des Standortes Cham hält einen Vortrag zu Depressionen. Auch wenn man die Zahlen schon öfters gehört hatte, ist man immer wieder überrascht, wenn man diese vor Augen geführt bekommt. Die Lebenszeitprävalenz der Depression liegt bei 16-20%. Der Großteil davon wird von den Hausärzten behandelt. In meiner Zeit bis jetzt in der Allgemeinmedizin, durfte ich schon ein paar Patienten mit diesem Krankheitsbild kennen lernen. Einige sprechen ganz offen über Ihre Erkrankung, bei wieder anderen ist es gar nicht so einfach, diese Diagnose zu stellen, da zuerst körperliche Beschwerden im Mittelpunkt stehen und diese zu Beginn auch ausgeschlossen werden müssen und bei wieder anderen sind plötzlich veränderte Lebensumstände, wie der Verlust des Ehepartners verantwortlich für die momentane Gefühlslage. Bei der Therapie ist es besonders für den Patienten schwer in naher Zukunft einen Platz bei einem Psychotherapeuten zu finden, da die Termine teilweise bis ins nächste Jahr schon ausgebucht sind. Ich kann mir gut vorstellen, dass es für Patienten, die gerade eh sehr antriebslos sind, sehr schwer sein muss, dann Listen von verschiedenen Psychotherapeuten durchzutelefonieren, bis irgendwann ein passender Platz gefunden wird. Das Seminar ist sehr interessant, da die Dozentin uns nicht nur verschiedene medikamentöse und nicht-medikamentöse Therapiemöglichkeiten aufzeigt, sondern uns auch konkrete Tipps zur Gesprächsführung gibt.
Am einen Vormittag fahre ich zusammen mit Frau Dr. Hill zu einem notfallmäßigen Hausbesuch. Der Pflegedienst hat in der Praxis angerufen und von einer sich verschlechternden kardialen Dekompensation mit Sauerstoffabfall gesprochen. Wir versuchen mittels intravenöser Diuretika-Therapie, Erhöhung der Dauerdiuretika und regelmäßigen Kontrollen der Patientin, auch im Anbetracht der momentanen Corona-Situation, einen Krankenhausaufenthalt zu ersparen. Auch wenn die Patientin leider keine nächsten Angehörige mehr hat, fand ich es sehr schön zu sehen, dass bei unserer Ankunft zwei Nachbarinnen und eine Bekannte bei der Patientin waren und auch in nächster Zeit weiter nach der Patientin schauen und diese unterstützen werden.
Woche 12: 22.11. – 28.11.2021
In dieser Woche bin ich Montag und Dienstag in Kirchberg bzw. in Lalling. Zusammen mit Leonie und Frau Dr. Hill haben wir einen Patienten, der ein ausgeprägtes Ekzem um die Augen aufweist. Da der Patient beruflich metallischen Stäuben ausgesetzt ist, denken wir, dass dies als Ursache auf alle Fälle berücksichtigt werden muss. Hier merke ich wieder, wie wichtig eine gründliche Anamnese ist. Da der Befund sehr ausgeprägt ist, überweisen wir den Patienten zum Augenarzt und auch eine weitere betriebsärztliche Vorstellung sollte erfolgen. Ich bin schon auf den weiteren Verlauf des Patienten sehr gespannt.
Am Mittwoch schließe ich mich Petra Weinmann bei den Wundversorgungen an. Man merkt sofort, dass Sie eine Expertin auf diesen Gebiet ist. Sie erklärt mir die Grundlagen der Wundversorgung und gibt mir einige praktische Tipps. Trotz der großen Vielzahl an Wundauflagen findet Frau Weinmann für die unterschiedlichsten Wunden eine gute Lösung. Auch betreut Sie einige Patienten mit chronischen Wunden über einen längeren Zeitraum und merkt sofort, wenn sich der Befund verändert. Auch ist sie für die diabetische Beratung zuständig. So kann ich bei Ernährungsberatung und Medikamentenanpassung mit dabei sein und darf einen Fußstatus erheben. Der Mittwochnachmittag ist von Online-Seminaren geprägt. Zuerst hören wir einen interessanten Vortrag zu Borreliose. Ein Thema, mit dem ich in diesem Tertial schon öfters konfrontiert wurde. Anschließend habe ich von der Uni Jena ein dreistündiges Seminar zum Thema Klimawandel und Gesundheit, bevor sich dann der abendliche Journal-Club anschließt.
Donnerstag und Freitag bin ich dann beim Kinderarzt Dr. Weiß in Bad Kötzting. In die hausärztliche Praxis kamen bis jetzt auch immer wieder einige kleine kranke Patienten. Da ich bisher keine Famulatur oder Praktika in der Pädiatrie gemacht habe, möchte ich einen kleinen Einblick in dieses Fach bekommen und ein hoffentlich ein paar Erfahrungen und praktische Tipps von dieser Hospitation mitnehmen. Ich werde sehr freundlich vom Praxisteam in Empfang genommen. Das Wartezimmer ist sehr voll und ich kann von der U3 bis zu der U11 gleich mit dabei sein. Bei der U3 finde ich die Neugeborenen-Reflexe und das im Vergleich zum Erwachsenen wahnsinnig schnell schlagende Herz sehr faszinierend. Daneben kommen einige kleine Patienten mit obstruktiven Bronchitiden und sehe im direkten Vergleich verschiedene Schwereformen der Dyspnoe. Auch einige seltenere Krankheitsbilder bekomme ich innerhalb dieser nur 2 Tage zu sehen. Ein Kind hat nach einer Gastroenteritis nun Blut im Stuhl und immer noch Bauchschmerzen. Das Sonobild zeigt eine schießscheibenähnliche Struktur und Dr. Weiß weist den Patienten mit V.a. Darm-Invagination in die Kinderklinik ein. Bei einer Patientin sehen wir im Ultraschall einen Megaureter bei vesikoureteralen Reflux und bei wieder einer anderen Patientin kann man im Sono eine Doppelniere sehen. Als weiteres Krankheitsbild stellt sich ein Junge mit einer Coxitis fugax vor.
Mit vielen unterschiedlichsten Eindrücken freue ich mich nun auf den ersten Advent mit etwas Schnee. 🙂
Woche 13: 29.11. – 05.12.2021
Da letzte Woche die beiden Hospitations-Tage in der Kinderarzt-Praxis Dr. Weiß in Bad Kötzting sehr lehrreich waren, durfte ich die Hospitation verlängern und konnte diese Woche nochmals ein paar Erfahrungen mehr mit den kleinen Patienten sammeln. Da momentan im Landkreis Cham nur wenige Kinderärzte diese wichtige Versorgung aufrechterhalten, ist das Wartezimmer mit Patienten, die zu den U-Untersuchungen und Impfungen kommen, schon reichlich gefüllt. Hinzu kommen die spontanen Termine der akut erkrankten Kinder. Trotz der Vielzahl an Patienten nehmen sich sowohl Dr. Weiß, als auch die beiden anderen Ärztinnen Dr. Schiebelsberger und Dr. Turba-Bernhardt Zeit mit mir die Krankheitsbilder durchzusprechen oder mich abzufragen. Auch werde ich mit dazu geholt, wenn es in einem anderen Zimmer einen interessanten Befund zu sehen gibt oder differentialdiagnostisch ähnliche Exantheme werden mir in einem Buch gezeigt. In dieser Woche darf ich, ähnlich wie es in der Gemeinschaftspraxis im Bayerwald üblich ist, schon mal zu den Patienten vorgehen, mit den Kleinen bzw. manchmal eher mit der Mama Anamnese machen und die Kinder dann untersuchen. Im Vergleich zur Allgemeinmedizin ist die Anamnese meist deutlich kürzer ausgefallen und man muss sich sehr auf den Untersuchungsbefund konzentrieren um z.B. den Fokus einer Infektion zu finden. Die Untersuchung stellt sich im Vergleich zum Erwachsenen manchmal schon deutlich schwieriger dar, da sich manch ein Kind schon mal weigert den Mund zu öffnen oder die Auskultation der Lunge eher von Schreigeräuschen überlagert ist. Die Ärzte hatten für mich aber ein paar praktische Tipps, um dann doch noch zu einem verwertbaren Untersuchungsbefund zu kommen. Im Laufe der Woche habe ich wieder einige Krankheitsbilder zum erstmals in „echt“ gesehen. So konnte ich einige dermatologische Befunde sehen, wie z.B. Dellwarzen, die Hand-Mund-Fuß-Krankheit, eine Pityriasis rosea oder eine Urtikaria nach Haselnuss-Konsum in Lebkuchen. Auch viele Kinder mit Infekten stellen sich vor. Im Laufe der Woche sehe ich dann einige Otitiden und Tonsillitiden und werde sicherer eine obstruktive Bronchitis zu diagnostizieren. Auch in dieser Praxis wird Antibiotika nur dann verschrieben, wenn es auch wirklich notwendig ist. Sehr hilfreich finde ich dabei die Möglichkeit mittels eines kleines Fingerlanzetten-Stichs ein Blutbild inklusive CRP innerhalb weniger Minuten erstellen zu können, das bei der Unterscheidung zwischen einem viralen und bakteriellen Infekt sehr hilfreich ist. Trotz der technischen Unterstützung und den verschiedenen erhobenen Messwerten habe ich vermittelt bekommen, dass allen voran der klinische Gesamt-Eindruck des Kindes eine bedeutende Rolle spielt.
Darüber hinaus darf ich wieder bei den U-Untersuchungen mit dabei sein. Ein Neugeborenes stellt sich mit der Mutter zur U2 vor. Es ist schon sehr faszinierend, wie schnell sich die Kinder, sowohl körperlich, als auch geistig und motorisch innerhalb der ersten Lebensjahre entwickeln. Auch kann ich bei den Sprach-, Seh-, und Hör-Vortests, die die MFA’s durchführen, mit dabei sein. Des Weiteren werden auch einige Ultraschalluntersuchungen durchgeführt. Ein Säugling ist unfallbedingt auf den Kopf gefallen, auch wenn es klinisch überhaupt keine Auffälligkeiten zeigt, wird zum Blutungsausschluss eine Ultraschalluntersuchung des Gehirns durch die noch offene Fontanelle durchgeführt. Beim Sono von Hüfte, Abdomen und Schilddrüse durfte ich ebenfalls mit dabei sein.
Ich finde es super, dass wir im Rahmen unseres PJ‘s die Möglichkeit bekommen auch einmal in anderen Fachbereichen Erfahrungen sammeln können und möchte mich dafür und bei dem ganzen Team der Kinderarztpraxis in Bad Kötzting bedanken!
Ich freue mich schon sehr auf das Wochenende, da am Bretterschachten schon top Langlaufbedingungen herrschen. Damit ist die Langlauf-Saison eröffnet. 🙂
Woche 14: 06.12. – 12.12.2021
Nachdem ich letzte Woche beim Kinderarzt war, freue ich mich auf meine Woche in Schöfweg.
Auch medizinisch ist es wieder sehr abwechslungsreich. Ich sehe erstmals eine ausgeprägte Otitis externa beim Patienten. Des Weiteren gehen wir verschiedene Differentialdiagnosen bei einem jungen Patienten durch, der sich mit sehr häufigen Durchfällen nachts vorstellt. Nachdem die Beschwerden Ende der Woche nur leicht besser geworden sind, leiten wir neben Blut- und Stuhluntersuchung eine Ursachenforschung beim Spezialisten ein. Ein Kind kommt mit einer Torticollis. Ein Krankheitsbild, das ich bisher auch nur aus dem Lehrbuch kenne. Wieder eine andere Patientin hat neu aufgetretenes Vorhofflimmern. Auch drei Krankenhauseinweisungen innerhalb eines Tages zeigen mir, dass man beim Auftreten von Red flags dann schnell handeln muss. Ein Patient hat typische Angina pectoris Beschwerden, eine Patientin klagt über ausgeprägte Gesichtsfeld-Ausfälle und eine ältere Patientin mit Verschlechterung des Allgemeinzustandes hat über der Lunge feuchte Rasselgeräusche.
Am Mittwochnachmittag haben wir wieder ein interessantes Seminar vom Landkreis Cham. Nachdem letzte Woche das Notfall-Seminar von Dr. Igl schon sehr gut war, haben wir diese Woche eine Einführung in die Echokardiographie von Prof. Buchner. Wir bekommen die vier Standardschnitte erklärt und erhalten hilfreiche Tipps, wie man z.B. in der Notaufnahme mittels Echokardiographie schon wichtige Erkrankungen, wie Wandbewegungsstörungen, Rechtsherzbelastung, Perikard Erguss und eine Stauung bei Herzinsuffizienz erkennen kann, ohne detaillierte Kenntnisse in der Echokardiographie haben zu müssen. Teilweise kann man für einen ersten Überblick auch den Abdomen-Schallkopf verwenden und ich versuche in der Praxis mittels dieses Schallkopfes das ganze praktisch zu üben und probiere die Vena cava und den subxiphoidalen Schnitt darzustellen.
Die wunderbare Winterlandschaft lädt am Wochenende dazu ein, die Tage draußen zu genießen. Ich denke jeder, der nur ein bisschen naturbegeistert ist, kann super Erlebnisse im Bayerischen Wald sammeln. Von Schneeschuhgehen, Langlaufen, Tourengehen, Alpin-Skifahren oder Rodeln, kann jeder die passende Sportart finden. Auch der Blick in der Wohnung morgens bei Sonnenaufgang über das verschneite Kirchberg passt wunderbar zu der vorweihnachtlichen Stimmung.
Woche 15: 13.12. – 19.12.2021
In meiner letzten Woche warten noch einige Highlights auf mich.
Am Dienstag durfte ich bei Dr. Kammerl in der nephrologischen Praxis in Zwiesel hospitieren. Zuerst bekomme ich die Funktionsweise der Dialyse erklärt. Dies war für mich bisher ziemlich unverständlich. Doch Dr. Kammerl beginnt die Einführung als erstes im Keller des Gebäudes, damit ich sehen kann, welche weiteren Geräte notwendig sind, aber für Patient und auch für mich als Studentin bisher verborgen blieben. Danach darf ich das nette Pflegepersonal begleiten, das die Patienten nun an die Dialyse anschließt. Danach habe ich das Gefühl, erstmals die Funktionsweise einer Dialysemaschine verstanden zu haben.J Anschließend hat Dr. Kammerl zwei Patienten herausgesucht, die mir Rede und Antwort stehen. Der eine Patient – mit einer unbekannten Ursache einer Nierenfunktionsstörung – war zuerst 10 Jahre an der Dialyse, bis er eine Nierentransplantation erhielt. Nun ist er in der Praxis zur Kontrolle der Spiegel der Immunsuppressiva. Die andere Patientin leidet an einer erblich bedingten polyzystischen Nierendegeneration. Neben dem Vater ist auch der Sohn davon betroffen. Beide Patienten schildern mir die alltäglichen Einschränkungen, die die Dialyse mit sich bringt, dennoch haben beide eine unglaublich positive Lebenseinstellung! Anschließend darf ich in der Sprechstunde mit dabei sein. Eine Patientin kommt zur Neuvorstellung. Der Rheumatologe hatte den Verdacht auf einen Lupus erythematodes gestellt. Nun soll eine Nierenbeteiligung ausgeschlossen werden. Ich darf unter fachkundiger Aufsicht schallen und lerne noch ein paar Tipps, speziell die Niere komplett darzustellen. Danach bin ich beim Abschluss der Dialyse mit dabei. Die Patienten werden „abgehängt“, die Shunts werden überprüft, damit keinesfalls Nachblutungen auftreten und der Erfolg der Dialyse wird mittels wiegen der Patienten überprüft. Zusammenfassend war es ein sehr lehrreicher und interessanter Tag. Danke an Dr. Kammerl, der sich sehr viel Zeit für mich genommen hat!
Bei Dr. Kalmancai in Auerbach darf ich im Hinblick auf das jetzt folgende chirurgische Tertial in der Unfallchirurgie meine Nahtkenntnisse auffrischen. Ich besorge einen Schweinefuß und dann kann ich Einzelknopfnaht, Donati-Naht und Intrakutannaht üben und bekomme Feedback von Dr. Kalmancai. Es macht sehr viel Spaß. J Nebenbei holt mich Dr. Kalmancai in die Sprechstunde, wenn sich Patienten mit spannenden Fällen vorstellen.
Ansonsten heißt es dann leider Abschied nehmen von Kirchberg und Umgebung. Dies fällt mir dann doch schwerer als gedacht. Auch meine beiden Mit-PJlerinnen Julia und Leonie werde ich vermissen. Nach der Arbeit nutzen wir diese Woche die super Loipen in Greising, auf der Rusel und in Klingenbrunn zum Langlaufen.
Abschließend möchte ich an das ganze Team der Gemeinschaftspraxis Danke sagen! Ich konnte sehr viel lernen. Seien es medizinische Dinge und Untersuchungstechniken, aber auch der Umgang mit den Patienten. Es ist nicht selbstverständlich an allen Standorten auf so ein nettes Team zu treffen. Ich bin froh, bei euch im Bayerischen Wald mein PJ-Tertial verbracht zu haben. 🙂
Hauptstandort Kirchberg
Am Alten Sportplatz 3
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