
Chiara-Sophia Kutz
Praktisches Jahr
26.12.2022 – 16.04.2023
Woche 1: 26.12. – 30.12.2022
Es ist so weit: mit einem Bauch voller Plätzchen und großer Vorfreude und Spannung mache ich mich am 2. Weihnachtsfeierabend auf den Weg in mein letztes PJ-Tertial: Allgemeinmedizin im winterlichen bayerischen Wald. Allein die Anreise nach Kirchberg im Wald hält schon die ersten Abenteuer bereit. Nachdem ich die dicke Nebelsuppe auf den letzten 10 km Landstraße hinter mir gelassen habe und mein Auto nach erschwerter Parkplatzsuche am vollgeparkten Kirchberg – ganz Kirchberg hatte sich wohl zum Weihnachtssingen in der Kirche verabredet – abgestellt ist, begrüßt mich bereits meine Mit-PJlerin Mira in unserer PJ-Wohnung in Kirchberg. Da wir uns schon aus einem Exzellenten Sommer Projekt 2020 kennen, haben wir zwei uns ganz besonders auf die gemeinsame Zeit in der WG in Kirchberg gefreut. Zusammen beziehen wir unser neues Zuhause für die kommenden Monate und machen es uns mit einem Tee gemütlich. Am ersten Tag geht’s für mich gemeinsam mit Dr. Blank in die Praxis nach Grafenau. Da zwischen den Jahren einige der umliegenden Hausarztpraxen geschlossen haben, sammeln sich im und vorm Wartezimmer schon einige praxisbekannte PatientInnen, aber auch PatientInnen, welche die Praxis in Vertretung aufsuchen. Heute laufe ich für den ersten Einblick in den Grafenauer-Praxisalltag mit Dr. Blank mit und schaue ihm über die Schulter. Sehr schnell merke ich, wie wertvoll gerade in solch unplanbaren Tagen zwischen den Jahren ein eingespieltes Praxisteam ist, um das Patientenaufkommen nicht nur bewältigen zu können, sondern auch jedem Einzelnen genug Zeit einräumen und damit eine angemessene medizinische Versorgung gewährleisten zu können.
Nachdem alle PatientInnen versorgt werden konnten, was heute deutlich länger als die normale Sprechzeit in Anspruch genommen hat, fahren Dr. Blank und ich auf dem Rückweg nach Kirchberg noch zu einem Hausbesuch. Zuhause angekommen, wird kurz etwas gegessen und dann geht’s auch schon zur Nachmittagssprechstunde in die Kirchberger-Praxis. Hier zeigt sich im Wartezimmer ein ähnliches Bild wie am Vormittag. Beim Mitlaufen mit Frau Dr. Kleudgen bietet sich mir noch einmal ein anderer medizinischer Blickwinkel auf Krankheitsbilder und ein inspirierender Umgang mit PatientInnen. Abends geht’s noch schnell einkaufen und dann machen Mira und ich uns schon ans erste gemeinsam gekochte Abendessen. Neben dem Kochen erzählen wir uns von all den neu gewonnen Eindrücken und Erfahrungen des ersten Tages, besprechen Fälle und fallen nach dem Abendessen todmüde, aber schon mit großer Vorfreude auf den nächsten Tag ins Bett. Der zweite Tag (Mittwoch) startet mit einem wunderschönen Sonnenaufgang, der mir mein Frühstück versüßt und es geht erneut mit Herrn Dr. Blank nach Grafenau. Hier erwartet uns ein ähnlich volles Wartezimmer wie am Vortag. Da ich den groben Ablauf und das Praxissystem nun schon kennengelernt habe, vertraut mir Herr Dr. Blank die Voranamnese und -untersuchung erster Erkältungs-PatientInnen an. Hierdurch habe ich die Möglichkeit, durch ein häufig wiederkehrendes und in den meisten Fällen sehr harmlos verlaufendes Krankheitsbild, erste Anamnesen und Untersuchungen durchzuführen, mir eine Therapieempfehlung zu überlegen, diese Herrn Dr. Blank vorzustellen und unter Rücksprache den Fall zu dokumentieren. Schnell kann ich durch die direkte Rückmeldung von Herr Dr. Blank mein Vorgehen verbessern, den Blick für wichtige abwendbar-gefährliche Verläufe schärfen und ich lerne wie man trotz eines sich wiederholenden Krankheitsbildes, PatientInnen mit einem höheren Risiko für schwere Verläufe, von denen mit unkompliziertem Verlauf trennt und richtig weiter betreut. Diese Erfahrungen und Einschätzungen kann ich am Nachmittag in Kirchberg gemeinsam mit der Assistenzärztin Stella Kunzendorf und Frau Dr. Takacs weiter ausbauen und vertiefen.
In den darauffolgenden Tagen lerne ich noch die Arztpraxis in Auerbach mit Herrn Dr. Kalmancai und einigen spannenden Fällen kennen.
So geht mit der ersten, etwas turbulenten, aber sehr sehr interessanten und lehrreiche Woche ein wirklich spannendes PJ-Jahr 2022 zu Ende. Schon jetzt habe ich das Gefühl, dass mich die kommenden Monate im neuen Jahr 2023 hier nicht nur fachlich, sondern auch menschlich sehr bereichern werden. Mit diesem Gedanken im Kopf freue ich mich schon sehr, in der kommenden Woche die Arztpraxen in Lalling und Schöfweg mit allen MitarbeiterInnen kennen lernen zu dürfen.
Woche 2: 02.01. – 08.01.2023
Das neue Jahr beginnt und damit auch eine Woche mit neuen Praxen, neuen ÄrztInnen und MitarbeiterInnen, neuen Fortbildungen, neuen Krankheitsbildern und neuen Herausforderungen.
Zunächst geht es für mich zwei Tage nach Schöfweg und gemeinsam mit Fr. Dr. Kleudgen und den Assistenzärztinnen Sofia Quaderer und Jenny Hill lerne ich die 4. Praxis im Bunde kennen. Wie erwartbar hält sich als einer der Hauptkonsultationsgründe weiterhin der grippale Infekt. Nach dem hohen Patientenaufkommen mit derartigen Symptomen in der vergangenen Woche merke ich, wie ich in der Anamnese und Untersuchung sicherer werde, die abwendbar gefährlichen Verläufe durch gezielte Nachfrage und strukturierteres Untersuchen mehr und mehr ausschließen und mich bei der Vorstellung vor den ÄrztInnen auf eine strukturierte Übergabe konzentrieren kann. Langsam, aber sicher habe ich die ersten 40-50 Lungenauskultationen zusammen und kann ein spastisches Atemgeräusch von feinblasigen Atemgeräuschen und Rasselgeräuschen zunehmend sicher unterscheiden. Daneben sehe ich hier aber noch ganz andere interessante Krankheitsbilder, hausärztliche Konsultationsgründe und Wundversorgungen. Ich anamnestiziere und untersuche zum Beispiel meine ersten Knieschmerzen in einer allgemeinmedizinischen Praxis und bin hierbei froh, dass ich auf die Erfahrungen aus der Unfallchirurgie bei der orthopädischen Untersuchung zurückgreifen und diese mit neuen Aspekten ausbauen kann. Ebenfalls bin ich bei den ersten Check-Up-Untersuchungen des neuen Jahres dabei und sammle Erfahrungen im Ablauf, um diese in den kommenden Wochen selbst unter Rücksprache durchführen zu können. Ein weiteres spannendes Feld eröffnete mir die Wundexpertin Bea. Zum einen erklärt sie mir bei ihren Wundversorgungen in der Praxis, mit welchen Salben/Gelen/Cremes und Verbandsmaterialien sie im jeweiligen Fall arbeitet. Zum anderen darf ich sie zu Wundversorgungs-Hausbesuchen begleiten und lerne u.a. wie sie mit einer recht großen Verbrennungswunde am Oberschenkel umgeht. Durch sie erhalte ich einen neuen Blick auf das Regime der Wundversorgung, besonders das der chronischen und Verbrennungswunden und mich fasziniert ihr erfahrener Blick und ihr Verständnis für die einzelnen Heilungsphasen und das jeweils passende Hilfsmittel aus ihrem Wundversorgungs-Schränkchen.
An den zwei darauffolgenden Tagen geht’s für mich in die noch fehlende Praxis Nr. 5: Standort Lalling. Hier erweitert sich mein Repertoire gesehener Krankheitsbilder unter anderem um dermatologische Konsultationsgründe, wie unklare Hautausschläge – teils juckend, teils trocken und schuppig -, um Augenerkrankungen/-entzündungen und vieles vieles mehr.
Erneut geht eine spannende Woche zu Ende. Gemeinsam mit Mira lassen wir bei einem mystischen Spaziergang durch den nebelverhangenen Todtenauer Moor am Feiertag die Woche Revue passieren und genießen den Austausch über den Praxisalltag, einzelne medizinische Fälle und die Idylle des bayerischen Walds. Darüber hinaus rundet ein Ausflug ins sonnige Passau am Samstag die Woche wunderschön ab und ich freue mich schon sehr auf alles, was mich in den bevorstehenden Tagen erwarten mag.
Woche 3: 09.01. – 15.01.2023
Nach einem langen Wochenende geht es für mich in die erste komplette Woche in der Praxis in Auerbach bei Dr. Kalmancai.
Ich freue mich sehr darauf, einige PatientInnen nun im Wochenverlauf beurteilen und reevaluieren zu können, um so ein Gefühl für den individuellen Krankheitsverlauf zu erhalten.
Beispielsweise ist gleich zu Beginn der Woche am Montagmorgen ein Patient mit zwei großen Wunden am linken Kniegelenk zur Wundkontrolle in der Praxis angemeldet. Diese habe er sich in der vorherigen Woche im häuslichen Umfeld zugezogen und sie mussten in der Notaufnahme versorgt und genäht werden. Aus dem Notaufnahme-Bericht kann ich unter anderem entnehmen, dass der Patient bei verschmutzten Wundverhältnissen bereits im Krankenhaus ein Antibiotikum verschrieben bekommen hat. Diese Informationen wappnen mich also schon einmal für den ersten Blick auf die Wunden. Insgesamt sieht die Wunde sehr gut versorgt aus und der Patient gibt an, dass sowohl die Schwellung als auch das Spannungsgefühl seit der Verletzung zurückgehen würden. Es fällt uns allerdings eine flächige Rötung um die Wundränder auf. Da wir auf keine Fotodokumentation der Tage vorher zurückgreifen können, haben wir keinen Vergleich und wir überlegen, wie wir diese Situation bewerten können. Da es dem Patienten subjektiv besser gehe, er kein Fieber oder sonstige Zeichen einer systemischen Infektion hat und bereits seit 5 Tagen ein Antibiotikum einnimmt, entschließen wir uns im Gespräch mit dem Patienten zu einer Kontrolle der Entzündungsparameter im Blut und einer kurzfristigen Wiedervorstellung am nächsten Tag. Am Dienstag können wir uns nun ein eigenes Bild vom Verlauf der Wundheilung machen und obwohl der Wundrand immer noch gerötet ist, können wir insgesamt einen Rückgang feststellen. Dem Patienten geht es weiterhin gut und auch im Labor zeigen sich rückläufige Entzündungswerte im Vergleich zum Krankenhaus-Labor. Im Zusammenspiel sind dies also alles Hinweise auf einen aktiv-voranschreitenden Heilungsprozess, der erst im Verlauf als ein solcher gewertet werden konnte. Am Montag war uns diese Einschätzung noch nicht möglich gewesen.
Insgesamt zeigte sich die Rötung im Wochenverlauf zunehmend rückläufig und falls sich dies übers Wochenende fortsetzt, steht dem Fadenzug am kommenden Montag nichts mehr im Weg.
Weitere Fälle bekräftigen im Verlauf der Woche noch einmal die Vorteile der Verlaufskontrolle im Rahmen der hausärztlichen Tätigkeit, aber eine Beschreibung all dieser würde sicherlich den Rahmen dieses Beitrages sprengen. Ich nehme diese neue und lehrreiche Erfahrung mit ins Wochenende und bin schon sehr gespannt, wie sich der oben beschriebene Fall am Montag präsentiert.
Woche 4: 16.01. – 22.01.2023
Woche vier beginnt und als mein Wochen-Lernziel habe ich mir die Schilddrüsensonographie mit Volumenmessungen, typischen Befunden, Kriterien für gut- und bösartige Knoten, Krankheitsbildern und Kontrollintervallen vorgenommen.
In dieser Woche stehen in der Praxis in Auerbach und Grafenau (ein kleiner Ausflug in dieser Woche) einige Gesundheitsuntersuchungen („Check-Ups“), sowie Schilddrüsen-Kontrollen an. Demnach die perfekten Ausgangsbedingungen für eine Menge Schallmöglichkeiten bei unterschiedliche PatientInnen.
Zunächst schaue ich den erfahrenen Ärzten bei der Schilddrüsensonographie über die Schulter, bevor ich mich dann selbst bei darauf folgenden PatientInnen unter Aufsicht an den ersten Volumen-Messungen dieses spannenden Organs versuche. Am Anfang der Woche fällt es mir noch schwer, die Handhabung des Ultraschallgeräts mit der Darstellung der Schilddrüse in zwei Ebenen zu koordinieren. Mit jeder weiteren Schilddrüse merke ich allerdings die Fortschritte, die ich durch die Übung und regelmäßige Rückmeldung und Tipps der Ärzte innerhalb kürzester Zeit mache.
Von kleinen unauffälligen Schilddrüsen mit homogenem Schilddrüsengewebe ohne Knoten über einzelne solitäre oder multiple Knoten bis hin zu einem Struma multinodosa oder einer aufgelockerten und entzündlich veränderten Schilddrüse im Rahmen einer Hashimoto-Thyreoiditis ist diese Woche alles dabei. Diese Vielfalt ermöglicht es mir, sowohl einen Blick für häufige Veränderungen der Schilddrüse zu erhalten als auch die Dokumentation der unterschiedlichen Pathologien mithilfe der Sonographie zu üben. Hier profitiere ich ungemein von der jahrelangen Erfahrung der Ärzte, die bei einem Befund, den ich gedanklich als stark von der Norm abweichend und damit verdächtig einstufen würde, ruhig bleiben, die Harmlosigkeit der Veränderung bekräftigen und PatientInnen bei kontrollwürdigen Befunden zu einer Kontrolle in definierten Zeitabständen (meist 6 Monate oder 1 Jahr) einbestellen.
Somit geht eine sehr spannende vierte Woche zu Ende und mit der Sicherheit, die ich bei der Schilddrüsen-Sonographie in dieser Woche erhalten habe, freue ich mich schon sehr auf alle weiteren Möglichkeiten, um mein Wissen in dieser Hinsicht auszubauen. In Zukunft wird wohl kein Schilddrüsen-Patient oder keine Patientin vor mir sicher sein.
P.S.: Für all diejenigen, die sich noch an den Patienten mit Wunde am Kniegelenk von vergangener Woche erinnern und sich fragen, wie sich die Wunde übers Wochenende entwickelt hat: Der Patient stellte sich am Montagmorgen in gutem Allgemeinzustand und mit weiterhin rückläufigen Wundverhältnissen in der Praxis vor. Somit konnten wir den Fadenzug problemlos durchführen.
Woche 5: 23.01. – 29.01.2023
Ich kann es ehrlich gesagt noch gar nicht glauben, aber traut man dem Kalender (und den vier bereits verfassten Wochenberichten) ist der erste Monat schon vorbei. Wie schnell die Zeit vergeht …
Nachdem ich in den letzten Berichten vor allem auf den Praxisalltag und die Erfahrungen aus der direkten Patientenversorgung eingegangen bin, will ich dieses Mal den Fokus auf all die weiteren spannenden und lehrreichen Lernquellen außerhalb der Praxis legen.
Jeden Montag Mittag in der sprechstundenfreien Zeit trifft sich das ärztliche Team zu einer virtuellen Fortbildung. Die Themen sind hierbei vielfältig, wie die Allgemeinmedizin eben ist. Zum einen wird die Auswahl von Schwerpunkten des jeweils vortragenden Arztes/der vortragenden Ärztin, zum anderen aber auch durch offene Fragestellungen aus der täglichen Praxis inspiriert. Beispiele hierfür sind die Fortbildungen zum Thema chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) oder zum Umgang mit Digitalisglykosiden in der Hausarztpraxis von Herr Dr. Machac. Nicht nur aus dem Vortrag selbst, sondern auch aus der sich anschließenden Diskussion innerhalb der Gruppe kann ich viele hilfreiche Informationen, Tipps und Herangehensweisen für den täglichen Alltag in der Praxis mitnehmen.
Außerdem findet in gleicher Konstellation jeweils dienstags und donnerstags eine Fallbesprechung statt, bei der im Team schwierige Patientenfälle vorgestellt und diskutiert werden können. Ich finde es sehr inspirierend, wie durch die Präsentation im Team neue Blickwinkel und Sichtweisen auf teils verzwickte oder komplizierte Patientenfälle gewonnen werden können und damit eine optimierte Beratung und Betreuung der PatientInnen gewährleistet werden kann. Dieses Format und damit die Möglichkeit, sich gegenseitig zu helfen und zu beraten, gibt mir als angehende Ärztin einen Einblick in gutes Teamwork und was dies möglich machen kann.
Außerdem nehmen meine Mit-PJlerin Mira und ich uns jeden Mittwochnachmittag Zeit, um gemeinsam wichtige Themen und Patientenfälle durchzusprechen. Dies hilft uns nicht nur dabei häufige Beratungsanlässe von PatientInnen in der Praxis besser zu verstehen, unsere Anamnese und körperliche Untersuchung zielgerichteter zu strukturieren und einen besseren Überblick über die therapeutischen Möglichkeiten zu erhalten, sondern es dient ebenfalls der Vorbereitung auf das anstehende mündliche Staatsexamen. Gemeinsam lernt es sich einfach besser, weil man sich gegenseitig motivieren kann. Motivierend ist ebenfalls, dass wir die erarbeiteten Inhalte direkt am nächsten Tag in der Praxis anwenden können. Bisher haben wir das Thema „arterielle Hypertonie“ mit dem Spezialfall der arteriellen Hypertonie in der Schwangerschaft und das vielfältige Symptom „Schwindel“ besprochen. Und die Liste der noch ausstehenden Themen ist – wie ihr euch sicher vorstellen könnt – noch sehr sehr lang. Zum Glück bleiben uns noch einige Wochen hier im bayerischen Wald.
Woche 6: 30.01. – 05.02.2023
Woche sechs beginnt und ich habe das Gefühl, dass sich meine Lernkurve immer noch im steilen Aufstieg befindet. Insgesamt konnte ich über die vergangenen Wochen bereits viel Sicherheit im Patientengespräch und -umgang erlangen und außerdem meine Struktur in Anamnese und körperlicher Untersuchung verbessern. Diese Grundlagen geben mir Sicherheit, mich den verschiedenen Krankheitsbildern zu nähern, auch solchen, die ich bis dato noch nicht in der Praxis gesehen habe. Damit darf ich mein medizinisches Repertoire jeden Tag aufs Neue erweitern und freue ich mich, eine weitere Woche in Schöfweg und Grafenau zu verbringen.
Als Schwerpunkt in Woche sechs habe ich mir die Abdomen-Sonographie ausgewählt. Mira und ich nutzen die Mittagspause am Montag nach der Montagsfortbildung (die ganz nebenbei über neurologische Krankheitsbilder wie Schlaganfall/Blutung und Status epilepticus in der Notfallmedizin von Dr. Kalmancai gehalten wurde) dafür, an uns gegenseitig die Ultraschalluntersuchung der Bauchorgane zu üben, mithilfe eines Sonographie-Atlas in allen gängigen Schnitten Organe und Strukturen zu benennen und uns damit einen Überblick über einen physiologischen Befund zu verschaffen. Bis zu diesem Punkt haben wir beide bereits einige Ultraschalluntersuchungen der ÄrztInnen in der Praxis gesehen oder unter Supervision selbst durchführt. Es hilft jedoch sehr, ohne volles Wartezimmer im Nacken und mit Struktur diese Untersuchungstechnik noch einmal Schritt für Schritt durchzugehen. Die hierdurch vertieften Schnitte kann ich gleich bei einigen Patienten im Verlauf der Woche ausprobieren und stelle direkt fest, wie viel leichter mir diese Untersuchungen fallen und wie ich Tricks zur Anwendung bringen kann, um selbst bei schwierigen Schallbedingungen zu einem zufriedenstellenden Bild zu gelangen. Das absolute Schall-Highlight der Woche habe ich dann allerdings doch nicht selbst geschallt, sondern Herr Dr. Blank hat es bei einem Gesundheitscheck eines Patienten mit Ultraschall der Bauchorgane entdeckt. Ich war sehr dankbar, dass er mir das 6 cm große, bis dato unbekannte Aortenaneurysma – also eine Aussackung der Bauchschlagader, die mit dieser Größe auf jeden Fall weiter abgeklärt werden sollte und auch eine OP-Indikation darstellt – gezeigt hat. Dadurch, dass mir Herr Dr. Blank versichert, dass er diesen Befund zum ersten Mal in seiner langen Laufbahn als praktizierender Allgemeinmediziner diagnostiziert, wird mir bewusst, wie selten und damit besonders diese Erfahrung auch für mich ist. Außerdem zeigt es mir noch einmal die Wichtigkeit der Durchführung bestimmter Standardschnitte in der Abdomensonographie, durch die eine solche asymptomatische Pathologie überhaupt erst gefunden werden kann. Ich bin sehr gespannt, wie es in diesem Fall mit dem Patienten weitergeht.
Abseits dieser Erfahrungen in der Praxis gibt es aber noch viel mehr Highlights. Wenn ich dem Ende dieser Woche (Donnerstag und Freitag) einen passenden Titel geben sollte, dann wohl auf jeden Fall „Land unter“ – oder doch besser „Schnee unter“ im bayerischen Wald.
Bereits zu Beginn der Woche hat sich der Schnee angekündigt, doch in der Nacht zu Donnerstag verzaubert er Kirchberg im Wald und Umgebung in ein Wintermärchen. Auch wenn es mir an diesem Morgen sehr schwer fällt, meinen Morgenkaffee mit Blick auf Kirchberg aus der PJ-Wohnung zu beenden, weiß ich, dass draußen eine ganz andere Aufgabe auf uns wartet. Autos suchen und ausgraben. Der Morgen wird damit und mit der Tatsache, dass die abenteuerlich steile Straße zur PJ-Wohnung noch nicht geräumt worden ist, zu einer ganz besonderen Erfahrung. Zum Glück habe ich einen kleinen Zipflbob von zu Hause mitgenommen und Mira und ich können zur Nachmittagssprechstunde in der Praxis in Kirchberg rodeln. Wer kann das schon von seinem Arbeitsweg erzählen?
Mit all dem Neuschnee starten Mira und ich gleich nach der Freitagssprechstunde mit einer ersten Skating-Runde ins Wochenende. Für mich ist es das erste Mal auf Skating-Skiern und neben der Praxis sicher mein persönliches Highlight der Woche. Ich bin mir sicher, dass es nicht die letzte Runde an diesem Wochenende auf den Skating-Skiern sein wird und ich freu mich auf das Wochenende im Schnee.
Woche 7: 06.02. – 12.02.2023
Die siebte Woche wird mit einem strahlend-blauen Himmel und eisiger Kälte eingeläutet. Diese Wetterlage hält auch den Schnee der vergangenen Woche tapfer bis zum Wochenende und verlängert damit das bereits beschriebene Wintermärchen. Perfekte Ausgangsbedingungen, um die freie Zeit in der Mittagspause für eine kleine Skating-Runde oder einen Sonnenspaziergang im Schnee zu nutzen. Von der frischen Luft am Rusel oder in Klingenbrunn gestärkt und mit roten Bäckchen geht’s dann zurück in die Nachmittagssprechstunden in Schöfweg.
Neben diesen schönen Freizeitaktivitäten, die der bayerische Wald aktuell für uns bereithält, warten aber auch in der Praxis wieder viele spannende Fälle und Krankheitsbilder. In dieser Woche habe ich die Möglichkeit, die Ärztinnen und die Wundexpertin der Praxis bei einigen Hausbesuchen begleiten zu dürfen. Spannend und lehrreich ist dies vor allem deshalb, weil ich einige der PatientInnen nun schon aus der Praxis, von den Laborwert-Besprechungen im Team, den Fallbesprechungen oder vereinzelten Hausbesuchen bereits kenne und so im Verlauf die Entwicklung der Gesundheits- und Wundzustände besser beurteilen kann.
Hausbesuche sind ein essentieller Teil einer guten ambulanten hausärztlichen Versorgung. In ländlichen Regionen wie auch hier im bayerischen Wald ist es für einige stark in ihrer Mobilität eingeschränkte oder sehr kranke PatientInnen oft die einzige Möglichkeit einen regelmäßigen Arztkontakt zu erhalten. Die Wege zu einer hausärztlichen Praxis und die Möglichkeiten, diese selbstständig zu erreichen, sind oft zu weit oder zu schwerfällig, um selbst den Weg auf sich zu nehmen.
Hausbesuche bedeuten auf der einen Seite einen Mehraufwand für die behandelnden ÄrztInnen und Helferinnen durch den zusätzlichen Weg, bieten allerdings auf der anderen Seite auch einen großen Mehrwert: Ein Hausbesuch eröffnet unter anderem die Möglichkeit, sich ein Bild von der ganz individuellen häuslichen Situation und vom Alltag der PatientInnen zu machen um damit Ansatzpunkte zur Verbesserung der Gesundheitssituation oder der häuslichen Versorgung zu finden. Beispielsweise können Stolperfallen, Mobilitätsbarrieren wie Treppenstufen ohne Lift oder vermehrte Schwierigkeiten in der Haushaltsführung identifiziert und passende Hilfsangebote wie Treppenlifte, Putzhilfen oder Essen auf Rädern für die PatientInnen organisiert werden. Natürlich haben Hausbesuche auch den Vorteil, dass sehr kranke oder durch eine Demenz kognitive eingeschränkte PatientInnen ihr gewohntes Umfeld nicht verlassen müssen.
Gemeinsam mit der Wundexpertin Bea sehe ich zum Beispiel die bereits aus Woche zwei bekannte Verbrennungswunde am Oberschenkel einer Patientin. Insgesamt schreitet der Heilungsprozess der recht großen Wunde sehr gut voran, ich sehe aber auch wie langwierig und kleinschrittig sich die Versorgung dieser Wunde über nunmehr fünf Wochen zieht und wie wichtig eine geduldige und optimal an die Wundverhältnisse und Heilungsphase angepasste Wundversorgung für das Outcome ist.
Ein Highlight dieser Woche ist sicherlich der alle vier bis sechs Wochen angebotene Journal Club für ÄrztInnen der Region, in welchem über 1 ½ Stunden ausgewählte aktuelle Studien zunächst vorgestellt, anschließend gemeinsam im Plenum diskutiert und zum Schluss ein Fazit für die hausärztliche Praxis formuliert werden. Dies ist meine erste Teilnahme an einem Journal Club und ich finde das Format wirklich eine sehr gute Möglichkeit um neueste wissenschaftliche Studien und Erkenntnisse auf ihre Aussagekraft und Praktikabilität hin prüfen, ihre Praxistauglichkeit und -relevanz diskutieren und anschließend in den Praxisalltag und die Patientenversorgung integrieren zu können.
Woche 8: 13.02. – 19.02.2023
In meiner achten Woche habe ich die Möglichkeit, meine Erfahrungen in der ambulanten Patientenversorgung in der Region des bayerischen Walds um eine weitere Disziplin zu erweitern. Im Rahmen einer Hospitation bei Herrn Dr. Werner im MVZ Aberland Regen kann ich für einen Tag hinter die Kulissen eines ambulant tätigen Internisten blicken.
Herr Dr. Werner hat mit seiner Zusatzbezeichnung Psychotherapie und Naturheilverfahren und seiner langjährigen Berufserfahrung auf diesem Gebiet eine andere internistische Arbeitsweise, als ich sie bisher aus meiner Famulatur und meinem PJ-Tertial in der stationären Inneren Medizin kenne. Er nimmt sich viel Zeit für die gesundheitlichen Beschwerden seiner PatientInnen und bezieht hierbei sowohl die möglichen physischen als auch psychischen zugrundeliegenden Erklärungen in seinen therapeutischen Ansatz mit ein.
Neben der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie bietet er seinen PatientInnen ein breites Feld an internistischer Diagnostik an. Hierzu zählen u.a. Ultraschall-gestützte Verfahren wie Echokardiographie und Carotis-Ultraschall, eine Lungenfunktionsuntersuchung mittels Bodyplethysmographie, die Ergometrie und das Schlafapnoe-Screening. All diese Verfahren konnte ich auch an meinem Hospitationstag in der direkten Patientenversorgung miterleben und dadurch mein Verständnis für die genannten Untersuchungen ausbauen. Bis dahin kannte ich z.B. die Untersuchungen mittels Bodyplethysmograph oder das Schlafapnoe-Screening nur aus dem Lehrbuch und hatte keine konkrete Vorstellung zum Ablauf dieser Techniken in der alltäglichen Praxis.
Zufällig ist eine der Patientinnen, die sich an diesem Tag konsiliarisch bei Herrn Dr. Werner vorstellt, aus der Praxis in Auerbach überwiesen worden. Persönlich kannte ich ihren Fall noch nicht, es ist allerdings sehr spannend an dieser Patientin die zwei Seiten hinter dieser Überweisung kennen zu lernen und verknüpfen zu können. Zum einen kann ich mir durch den Praxisalltag aus Auerbach, wo ich einen Tag zuvor noch selbst mit Dr. Kalmancai solche Überweisungen ausgeschrieben habe, vorstellen, welche Überlegungen hinter der Überweisung stecken. Zum anderen erweitert sich durch die Hospitation mein Blick um die Seite, die hinter dem Brief steckt, den man als Hausarzt/ärztin anschließen erhält und mit den PatientInnen bespricht. Eine spannende neue Erfahrung, die mein Bild der interprofessionellen Zusammenarbeit in der ambulanten Patientenversorgung weiter vervollständigt. Ich freue mich schon darauf, gemeinsam mit Herrn Dr. Kalmancai in den kommenden zwei Wochen mit der Patientin in der Praxis in Auerbach das weitere Vorgehen zu besprechen und hierbei die Empfehlungen von Herrn Dr. Werner miteinfließen zu lassen.
Daneben zieht sich ein weiterer sehr schöner und leckerer roter Faden sowohl in der Praxis in Auerbach, als auch im MVZ bei Herrn Dr. Werner durch meine achte Woche: der tägliche Anblick bzw. Genuss eines frischen Faschings-Krapfens!!!! Als großzügige Spender entpuppen sich PatientInnen oder Praxis-MitarbeiterInnen, die früh morgens einen Abstecher zum lokalen Bäcker gemacht haben. Kann man sich eine passendere Zwischen-Stärkung vorstellen?
Woche 9: 20.02. – 26.02.2023
Diese Woche verbringe ich bei Dr. Kalmancai in Auerbach und Kirchberg. Bereits zu Beginn der Woche habe ich das Gefühl, dass sich zu den grippalen Infekten, die sich in den vergangenen zwei Wochen nun wieder vermehrt in der Praxis vorstellen, jetzt eine Reihe von Magen-Darm-Infekten gesellen. Als Lernziel in dieser Woche nehme ich mir somit die Einordnung der Symptome Bauchschmerz, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall sowie die hierbei zu beachtenden Warnsymptome (Red Flags) und abwendbar gefährlichen Verläufe vor.
Mehrere PatientInnen stellen sich mit den oben genannten Symptomen in unterschiedlichen Konstellationen vor. Beim Einen stehen Übelkeit und Erbrechen im Vordergrund, bei Anderen dagegen liegt der Fokus auf einem plagenden Durchfall oder auf mäßig starken epigastrischen Bauchschmerzen. Trotz der großen Varianz können wir bei vielen PatientInnen nach einer genauen Anamnese, einer körperlichen Untersuchung und – je nach Schwere der Beschwerden – einer Ultraschalluntersuchung Entwarnung geben und die Symptome im Rahmen eines gastrointestinalen Infekts werten. Mit dem Hinweis zur Einhaltung einer Schonkost, ausreichender Flüssigkeits- und Elektrolytaufnahme und je nach Fall mit einer symptomatischen Medikation zum Beispiel gegen die Übelkeit können die meisten PatientInnen nach Hause entlassen werden. Wichtig ist uns hierbei aber immer zu betonen, dass sich die PatientInnen bei zunehmenden Beschwerden oder einem unguten Bauchgefühl jederzeit wieder in der Praxis vorstellen oder telefonisch melden sollen. Was zum Zeitpunkt der Konsultation in der Hausarztpraxis noch unauffällig aussehen kann, kann sich im Verlauf zu einem schwerwiegenden Krankheitsbild entwickeln, das eine sofortige weitere Abklärung oder stationäre Therapie erfordert. Warnsymptome, sogenannte Red Flags, auf die wir im Zusammenhang mit Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen besonders achten sind u.a. Fieber, progrediente Beschwerden, Gewichtsverlust, Hämatemesis, Blut im Stuhl, intermittierende Stuhlentfärbung, längere NSAR-Einnahme oder ein akutes Abdomen bzw. Abwehrspannung im Bauch. In dieser Woche haben wir glücklicherweise keine PatientInnen, die derartige Symptome berichten.
In diesem Zusammenhang erinnere ich mich allerdings an einen Fall von vor ca. zwei bis drei Wochen. Hier hatte sich ein 14-jähriger Patient mit seiner Mutter in der Praxis vorgestellt. Seit 4 Tagen habe er immer wieder Bauchschmerzen. Diese seien nicht immer da, aber doch konstant stark und in dieser Art und Ausprägung so nicht bekannt. Zunächst seien die Schmerzen vor allem im Epigastrium lokalisiert gewesen und mit Übelkeit und einmaligem Erbrechen einhergegangen. Am Tag des Praxisbesuchs läge das Schmerzmaximum aber eher im rechten Unterbauch. Fieber sei im Verlauf nicht gemessen worden. Diese Symptomkonstellation und der Krankheitsverlauf ließen uns aufhorchen. Als abwendbar gefährlicher Verlauf stand sofort die Appendizitis im Raum. Auch in der Praxis hatte der Patient kein Fieber und bis auf ein blasses Hautkolorit sah er recht gesund aus. Bei der darauf folgenden körperlichen Untersuchung konnten wir regelhafte Darmgeräusche und einen weichen Bauch feststellen. Durch Palpation war allerdings ein leichter Druckschmerz im rechten Unterbauch (über McBurney) auslösbar. Weitere klinische Zeichen für eine Appendizitis wie beispielsweise der kontralaterale Loslassschmerz (Blumberg-Zeichen) oder das Psoas-Zeichen waren negativ. In der anschließenden Ultraschalluntersuchung konnten wir den Appendix nicht darstellen, es zeigte sich kein Kokardenphänomen und keine freie Flüssigkeit oder Luft im Bauchraum. Aufgrund des recht guten Allgemeinzustandes des Patienten, des uneindeutigen Untersuchungsbefundes und der fehlenden Zeichen im Ultraschall vereinbarten wir im Einvernehmen mit dem Patienten und seiner Mutter eine Blutentnahme mit Abnahme einiger Entzündungswerte (CRP, Leukozyten) auf Notfall (Notfall bedeutet in diesem Kontext, dass die Laborergebnisse bis zum Nachmittag des gleichen Tages vorliegen). Außerdem gaben wir dem Patienten eine Einweisung für die Notaufnahme mit, falls sich die Beschwerden bis zum Vorliegen der Laborergebnisse verschlimmern sollten oder sich ein ungutes Bauchgefühl einstellen sollte bzw. Patient und Mutter eine weitere Abklärung wünschen. Zum Glück zeigte sich das Notfall-Labor am Nachmittag blande, also ohne einen laborchemischen Hinweis auf eine aktuell ablaufende Entzündung. Dies teilten wir der Mutter des Patienten telefonisch mit und im Zuge dessen berichtete sie uns, dass die Beschwerden ihres Sohnes bereits rückläufig seien. Bei einem erneuten Telefonat am darauffolgenden Tag, waren die Bauchschmerzen schon deutlich gebessert und am Tag danach komplett verschwunden.
Dieser Fall zeigt, wie wichtig es ist, die abwendbar gefährlichen Verläufe im Kopf zu haben, diese zunächst auszuschließen und bei einem unguten Bauchgefühl auf Nummer sicher gehen.
Woche 10: 27.02. – 05.03.2023
Nach zwei Praxistagen in Auerbach wartet diese Woche eine dreitägige Hospitation auf Mira und mich. Voller Vorfreude machen wir uns am Mittwochmorgen gemeinsam auf den Weg in die Rehabilitationsklinik Schaufling. Hier sind wir in der orthopädischen Abteilung eingeteilt und können einen Blick hinter die Kulissen eines Reha-Aufenthalts werfen.
„Ein Blick hinter die Kulissen“ ist dabei aber eher untertrieben. Dr. Buvar und das Team der Orthopädie haben für uns ein umfangreiches Programm zusammengestellt, das sowohl physiotherapeutische und physikalische Anwendungen, als auch Trainingseinheiten und orthopädische Untersuchungen beinhaltet. Und hierbei ist nicht nur das Zuschauen, sondern auch die aktive Teilnahme gemeint.
An den ersten beiden Tagen stehen verschiedene Sportgruppen, wie Rückenschule, Rückenstabilisationstraining, Koordinationstraining und Gehschule unter physiotherapeutischer Leitung auf dem Programm. Außerdem erhalten wir bei Wärmebehandlungen mit Paraffin, Massagetechniken wie dem Hydrojet (= spezielle Massageliege, welche mit zahlreichen feinen Düsen den Körper pulsierend massiert), physikalischen Anwendungen mit Interferenzstrom, Ultraschall oder Magnetresonanz einen Einblick in die unterschiedlichen Anwendungsmöglichkeiten im Rahmen einer Rehabilitation. Neben den Anwendungen werden aber auch Vorträge z.B. im Bereich der Ernährungsmedizin oder Schulungen für den Umgang mit bestimmten Erkrankungen z.B. Diabetes oder Bluthochdruck angeboten. Es gibt ebenfalls Angebote für psychologische Gespräche oder Treffen mit dem Sozialdienst, um die RehabilitantInnen ganzheitlich zu unterstützen.
Außerdem kann ich an einem Aufnahmegespräch von Dr. Buvar teilnehmen. Hierbei finde ich es sehr beeindruckend, wie ausführlich hier das RehabilitantInnen-Gespräch sowie die orthopädische Untersuchung ausfällt. Der Fokus liegt nicht nur auf den medizinischen Aspekten, sondern auch auf der sozialen, beruflichen und persönlichen Situation der RehabilitantInnen.
Schön ist insgesamt zu sehen, wie individuell die TherapeutInnen und ÄrztInnen auf die einzelnen RehabilitantInnen mit unterschiedlichen Erkrankungen, Komorbiditäten und damit speziellen Bedürfnissen eingehen. Nicht jede Person mit z.B. einer Knie-TEP hat die gleiche Vorgeschichte, bringt die gleiche Fitness oder den gleichen Gesundheitszustand mit und jede Person steht nach der Operation/Erkrankung vor ganz anderen Herausforderungen. Interdisziplinär wird versucht, mit den RehabilitantInnen den aktuellen Stand komplett zu erfassen, ein realistisches Ziel zu formulieren und darauf mit einem individuellen Reha-Programm hinzuarbeiten.
Am letzten Tag haben Mira und ich die Möglichkeit, unsere Kenntnisse in den orthopädischen Untersuchungstechniken für das Schulter- und Kniegelenk zu erweitern und vor Ort zu üben. Außerdem zeigt uns Herr Dr. Buvar die Anwendungsmöglichkeiten der Gelenksonografie, welche ich im Gegensatz zu der Schilddrüsen- und Abdomensonografie noch nicht in der hausärztlichen Praxis durchgeführt habe. Abschließend erhalten Mira und ich einen Einblick in die manuelle Therapie, welche Herr Dr. Buvar bei einer Patientin mit chronischen oberen Rückenschmerzen anwendet.
Damit gehen drei sehr interessante, lehrreiche und vor allem bereichernde Tage in der Rehaklinik Schaufling zu Ende. Ich freue mich schon sehr darauf, all die neuen Erfahrungen und Eindrücke mit in den Praxisalltag am Montag zu nehmen. Der recht bürokratische wirkende Reha-Antrag aus dem Alltag einer allgemeinmedizinischen Praxis hat für mich nun eine völlig neue Bedeutung und Wichtigkeit erhalten und bei Bedarf kann ich den PatientInnen nun auch ein realistisches Bild von der Rehabilitation, ihren Stärken, Möglichkeiten und vielleicht auch Limitationen schildern.
Hauptstandort Kirchberg
Am Alten Sportplatz 3
94259 Kirchberg
Tel: 09927 441
info@praxis-bayerwald.de