Carla Ottens

Praktisches Jahr
11.09.2023 – 31.12.2023

Woche 1: 11.09. – 17.09.2023

Nach dem chirurgischen Tertial begann am Montag nun mein Tertial in der Allgemeinmedizin in der Praxis von Herrn Dr. Carlberg und Frau Dr. Scholz in Grafenau. Die beiden, wie auch das restliche Praxisteam, haben mich am ersten Tag sehr freundlich willkommen geheißen. Wir haben uns gegenseitig geduzt, was direkt eine angenehme Atmosphäre erzeugte. Ich bin die ersten beiden Tage zunächst mit Herrn Dr. Carlberg und Frau Dr. Scholz mitgelaufen. Beide haben ihren eigenen Weg mit den Patienten umzugehen und zu reden und von beiden kann ich mir einiges abgucken. Im Laufe der Woche durfte ich dann zunehmend die ersten eigenen Patienten voruntersuchen. Ich habe zunächst Zeit bekommen, den Patienten zu befragen und zu untersuchen. Danach kam einer der Ärzte dazu und hat mir bei Unklarheiten, der Diagnose oder der Therapie geholfen und mir hilfreiche Tipps gegeben. Nach jedem Patienten nahmen sich beide sehr viel Zeit mir Fragen zu beantworten. Das war für mich sehr hilfreich. Ich merkte, dass ich mit vielen Patienten überfordert war und in vielen Fällen noch nicht weiter wusste, bei anderen (vor allem den chirurgischen) fühlte ich mich schon etwas sicherer. Dass ein Patient alle klassischen Symptome einer Krankheit präsentiert, wie man es in der Uni gelernt hat, ist doch deutlich seltener. Umso wichtiger ist es, sich im Hinterkopf immer Differentialdiagnosen zu überlegen. In der ersten Woche habe ich in der Praxis schon viele Krankheiten – von Rückenschmerzen über Urozystitis, Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie, Scabies bis zu einem Umknicktrauma – kennenlernen können. Außerdem muss ich mich noch etwas an den Dialekt im bayerischen Wald gewöhnen. Aus NRW kommend, muss ich mich doch etwas konzentrieren, um einige Patienten zu verstehen oder gegebenenfalls nochmal nachfragen. Herr Dr. Carlberg als Internist macht zudem Ultraschalluntersuchungen, sodass ich in den nächsten Wochen hoffe, auch diese technische Fähigkeit zu verbessern und Pathologien zu erkennen. Frau Dr. Scholz behandelt viele Kinder und nutzt ergänzend die Homöopathie. In diesen Bereichen habe ich während meines Studiums noch nicht viel Erfahrung sammeln können, sodass ich dort in dieser Woche erste Eindrücke sammeln konnte. Ich bin gespannt, was die nächste Woche bringt.
Die Unterkunft in Grafenau ist eine alte Pension, sodass jeder sein eigenes Zimmer mit Bad hat. Dort lebe ich in den nächsten vier Monaten mit Katharina, einer weiteren PJlerin, zusammen. Es gibt eine Gemeinschaftsküche und Wohnzimmer und einen großen Garten, in dem man sich bei sonnigem Wetter sehr gut aufhalten kann. Die Praxis war von dem Haus in 10 Minuten fußläufig gut erreichbar.
 

Woche 2: 18.09. – 24.09.2023

Nach der ersten Woche habe ich mich schon gut an den Praxisalltag gewöhnt. Montags haben wir in der Mittagspause immer eine Fortbildung mit den anderen PJlern und Ärzten. Am Dienstag und Donnerstag sind zudem interessante – teilweise rätselhafte – Fallbesprechungen. Uns wird also unter der Woche nicht langweilig. Am Samstag durften wir als PJler beim „Exzellenten Sommer“ helfen und am Sonntag haben wir bei bestem Wetter die Landschaft genießen dürfen und waren im Nationalpark wandern. 
Ich ging diese Woche am Montag, Mittwoch und Freitag mit Herrn Dr. Carlberg mit und am Dienstag und Donnerstag mit Frau Dr. Scholz. In der letzten Woche hat Herr Dr. Carlberg einen Sonografie-Kurs gegeben, an dem ich teilgenommen habe. Diese Woche habe ich dadurch jeden Patienten morgens vorschallen dürfen. Herr Dr. Carlberg gab mir dafür so viel Zeit, wie ich benötigte. Danach hat er nachgeschallt, mir ein paar Tipps gegeben und Unklarheiten beseitigt. 
Auch diese Woche war das Krankheitsspektrum sehr groß. Insbesondere im Kopf geblieben ist mir ein Patient mit klassischen Symptomen und klinischen Zeichen einer Appendizitis, der sich bei uns vorstellte und den ich untersuchen durfte. Ich habe diese Woche aber auch mit einem Patienten mit akuter Belastungsreaktion reden dürfen. Außerdem habe ich die Disease Management Programme der Krankenkassen verschiedener chronischer Erkrankungen genauer kennengelernt und mir wurde erklärt, auf was bei den Kontrollen zu achten ist.
Ich gebe zu, dass ich mich in meiner zweiten Woche im Umgang mit dem Patienten noch nicht sicherer fühle. Und auch in der Kommunikation mit den Patienten kann ich nicht auslernen (den bayerischen Dialekt verstehe ich aber schon besser). Aber ich habe ja noch einige Wochen hier, um dies zu verbessern. 
 

Woche 3: 25.09. – 01.10.2023

In dieser Woche durfte ich viel sonografieren und war das erste Mal mit auf den Hausbesuchen. Direkt der erste Patient am Montag war für mich ein Detektivspiel in der Sonografie, da mir der Patient zuvor seine Diagnosen oder Symptome nicht mitteilen sollte. Schon das Pankreas konnte ich nicht darstellen, also habe ich erst einmal mit der Leber weitergemacht, in der Hoffnung, das Pankreas sei durch Luft im Magen und Darm überlagert und die Luft verschwinde im Laufe der Untersuchung. Die Leber sah für mich vielleicht etwas komisch aus und hatte einige Lichtreflexe, die ich aber zunächst auf Luft im Magen und Darm geschoben habe. Auch die Gallenblase konnte ich nicht finden. Zusammen mit Herrn Dr. Carlberg wurde der Fall dann aufgelöst. Dem Patienten wurde vor Jahren der Pankreaskopf nach Transverso Longmire reseziert und er hat aktuell erhöhte Leberwerte. Die Lichtreflexe in der Leber, die ich zuvor teilweise dem Magen und Darm zugeschrieben habe, waren tatsächlich Lichtreflexe in der Leber: Der Patient hatte eine Aerobilie, was ich das erste Mal in Realität gesehen habe. Wenn man das wusste, konnte man die Lichtreflexe nicht mehr übersehen. Ich denke, dass ich den nächsten Patienten mit Aerobilie nicht übersehen werde. 
Im Praxisalltag habe ich zudem eine Patientin mit Aortenklappenstenose kennengelernt. Ich nahm das Stethoskop in die Hand und konnte ein klassisches Systolikum mit Fortleitung in die Carotiden auskultieren. Ein anderer Patient hatte einen Pleuraerguss mit deutlich abgeschwächtem Atemgeräusch auf einer Seite. Beim Abklopfen zeigten sich dann zudem unterschiedlich hohen Lungengrenzen. Beides war für mich sehr eindrücklich.
Am Donnerstag war ich das erste Mal mit auf Hausbesuchen. Es ist wirklich ein ganz anderes Erlebnis den Patienten in seinem gewohnten Umfeld zu besuchen, zu untersuchen und auch seine Lebensumstände kennenzulernen. Ich freue mich darauf, die Patienten im Verlauf meines Tertials öfter zu besuchen.
Am Freitag war ich in Kirchberg bei Herrn Dr. Blank, da meine Praxis wegen eines Softwareupdates geschlossen hatte. Herr Dr. Blank war an dem Tag allein in der Praxis und ich war mit zwei weiteren PJlern – Myriam und Katha – dort. Allerdings war es an dem Tag sehr voll in der Praxis, sodass Herr Dr. Blank viel zu tun hatte und uns weniger erklären konnte. Nichtsdestotrotz war es für mich mal sehr interessant, eine andere Praxis kennenzulernen. 
 

Woche 4: 02.10. – 08.10.2023

Diese Woche war etwas kürzer, da am Dienstag der Tag der deutschen Einheit war. Ich habe wieder einige Patienten mit spannenden Krankheitsgeschichten und Symptomen kennengelernt. Auch konnte ich eine klassische Otitis media mit dem Otoskop diagnostizieren. Inzwischen schreibe ich mir die Patienten auf, die ich gerne nachverfolgen möchte, um aus den Symptomen lernen zu können. 
In dieser Woche habe ich ein EKG von einem Patienten mit einem überaktiven Schrittmacher gesehen. Der Patient war dabei asymptomatisch. Eine weitere Patientin, die recht jung war, stellte sich mit Herzklopfen vor. Im EKG zeigte sich ein Bigeminus. Beide Patienten wurden zum Kardiologen geschickt.
Ein Thema, mit dem ich immer wieder überfordert bin, ist der Schwindel, da viele Ursachen zu Schwindel führen können. Ein Patient stellte sich mit Schwankschwindel ohne begleitende Symptome seit dem Vortag vor. Er hatte keine fokal neurologischen Defizite, bei der Beurteilung der Okulomotorik fiel allerdings ein Nystagmus auf. Mit Hilfe von Hr. Dr. Carlberg kamen wir zu dem Entschluss, den Patienten in die Neurologie ins Krankenhaus einzuweisen, um eine Ischämie auszuschließen,
Diese Woche hatten wir weniger Sonografien als in der letzten Woche. Ich durfte unter anderem ein zystisches Schilddrüsenstruma schallen. Ich tue mich bei der Schilddrüse wie auch bei der Niere immer noch schwer, lokale Veränderungen festzustellen. Aber dieses Mal habe ich eine Zyste richtig erkannt, worüber ich mich gefreut habe. Es kann nur besser werden. Zudem wurde mir bewusst, wie schwierig es ist, adipöse Patienten zu schallen, da die Organe durch das subkutane Fettgewebe sehr verschwommen erscheinen. Wie jede Woche bin ich gespannt, was die nächste Woche bringt.
 

Woche 5: 09.10. – 15.10.2023

Am Montag früh begann der Praxisalltag wie so oft mit einer Sonografie. Eine Patientin stellte sich zur Schilddrüsensonografie vor. Inzwischen schon etwas routinierter nahm ich den Schallkopf in die Hand und fing an, die Schilddrüse auszumessen und versuchte Pathologien zu erkennen. Dabei fiel mir ein Schilddrüsenknoten ins Auge, den ich ebenfalls ausgemessen habe und mir die Werte notierte, um sie später mit denen von Herrn Dr. Carlberg zu vergleichen. Dieses Mal stimmten meine ausgemessenen Werte mit denen von Herrn Dr. Carlberg überein und auch den Schilddrüsenknoten habe ich richtig erkannt. Eine weitere Patientin stellte sich mit rezidivierenden Oberbauchbeschwerden vor, woraufhin nun eine Sonografie des Abdomens durchgeführt werden sollte. Bei ihr konnte man sehr gut Gallensteine darstellen.
Mit einer Hautkrebsvorsorge habe ich auch eine dermatologische Aufgabe in der Hausarztpraxis kennengelernt. Zudem habe ich zwei Patienten mit einem Atherom, eines davon infiziert, voruntersuchen dürfen und mir Gedanken zur Therapie gemacht.
Ein weiterer Fall diese Woche, der mir in Erinnerung geblieben ist, ist eine Zystitis bei einem Jungen. Ich habe bis jetzt nur Patientinnen mit Zystitiden kennengelernt, sodass ich diese Woche das erste Mal mit dem Vorgehen bei einer Zystitis eines Jungen konfrontiert war und ich mir wieder in den Kopf rufen musste, was zu beachten ist.      
In der Praxis wird der Urin, der von Patienten mit Blasenbeschwerden abgegeben wurde, direkt mikroskopiert und auch ich durfte diese Woche durch das Mikroskop schauen: Plattenepithelien, Leukozyten und Bakterien.
Ein weiteres Thema diese Woche waren unklare Ausgangslagen, bei denen man nicht wirklich wusste, was der Patient hatte. Nach dem Ausschließen von abwendbar gefährlichen Verläufen hieß das Vorgehen dann oft erstmal „abwartendes Offenhalten“, was für mich noch schwierig ist, da ich am liebsten sofort herausfinden möchte, was der Patient hat.
Die Hausbesuche diese Woche gingen weiter aufs Land hinaus als die Wochen davor. Eine Patientin, die wir besucht hatten, wohnte auf einem Bauernhof. Schon als wir aus dem Auto ausstiegen, konnte man die Landluft riechen. So stelle ich mir die typischen Hausbesuche als „Landarzt“ vor.
 

Woche 6: 16.10. – 22.10.2023

Nachdem ich am Freitag die Praxis in Auerbach kennenlernen durfte, begann meine Woche am Montag zusammen mit Herrn Dr. Blank in Grafenau in der Praxis. In beiden Praxen habe ich wieder einen anderen Umgang mit Patienten kennengelernt und Einblicke in einen anderen Praxisablauf bekommen. Die Praxen in Auerbach und Grafenau waren an beiden Tagen gut besucht. Ich habe viele Patienten kennenlernen und dementsprechend viele verschiedenen Krankheitsbilder sehen können, allerdings war die Zeit pro Patienten auch kurz. So war ich am Montag also mit Herrn Dr. Blank in der Grafenauer Praxis. Nachdem ich die ersten Patienten mit ihm zusammen angeschaut habe, durfte ich schnell eigene Patienten voruntersuchen. Ich konnte an diesem Tag das erste Mal eine Divertikulitis in der Sonographie sehen. Auch ein eindrückliches Giemen durfte ich auskultieren.

Am Dienstag ging es dann wieder normal in der Praxis von Herrn Dr. Carlberg und Frau Dr. Scholz weiter. Bei zwei Patienten bin ich gespannt, was die weitere Diagnostik ergibt: Ein Patienten hatte eine Hautveränderung am Nacken, welche mich an ein Basaliom denken ließ. Der Patient wurde zum Dermatologen geschickt. Eine weitere Patientin hatte seit ein paar Wochen Knieschmerzen. Mit den Untersuchungsmöglichkeiten des Knies konnte man die Ursache der Schmerzen auf den Innenmeniskus zurückführen. Sie wurde zum Orthopäden überwiesen.

Am Mittwoch haben wir eine Fortbildung zur sinnvollen Labordiagnostik zusammen mit den PJlern aus Kirchberg in Grafenau angeschaut und unsere nächsten Wochen geplant. Ab der nächsten Woche werden wir unter den PJlern einen weiteren Nachmittag planen, an dem wir Themen besprechen oder an weiteren Kursen oder Teachings teilnehmen.

Woche 7: 23.10. – 29.10.2023

Die ersten drei Tage dieser Woche habe ich in meiner gewohnten Praxis bei Herrn Dr. Carlberg und Fr. Dr. Scholz verbracht. Morgens früh habe ich mich wie immer zum Sonografieren begeben. Nachdem ich zwei Schilddrüsen diese Woche richtig ausgemessen und auch lokale Veränderung richtig erkannt habe, verzweifelte ich bei der dritten Schilddrüsensonografie bereits beim Erkennen der Grenzen. Die Schilddrüse war schlecht abgrenzbar und das Schilddrüsengewebe war sehr inhomogen mit echoarmen Arealen. Es sah „landkartenähnlich“ verändert aus. Die Patientin konsultierte uns mit Schmerzen am ventralen Hals. Diagnose: Thyreoiditis de Quervain. Ein typisches, aber seltenes sonografisches Bild, welches ich mir sicherlich merken werde.
Am Dienstag bin ich mit einer VERA auf Hausbesuche gefahren, um Blut abzunehmen. Es war eine andere Art von Hausbesuchen als mit Herrn Dr. Carlberg. Auf dem Weg zu den Patienten habe ich Orte wiedererkannt, an denen ich zuvor bei Wanderungen vorbeigekommen bin. Am Nachmittag war dann eine DMP-Sprechstunde, bei der Patienten mit chronischen Erkrankungen regelmäßig zur Kontrolle in die Hausarztpraxis kommen.
Am Mittwoch war mein letzter Tag in der Praxis, bevor es dann die nächsten zwei Tage zu Herrn Dr. Blank und nach Kirchberg in die Praxen geht und meine Praxis in der nächsten Woche im Urlaub ist. Spannend war an dem Tag insbesondere ein Patient mit rheumatoider Arthritis. Da er nach Deutschland eingewandert ist und die rheumatoide Arthritis vorher nicht behandelt wurde, konnte man bei ihm eine ausgeprägte Rheumahand mit Schwanenhalsdeformität und Ulnardeviation der Finger sehen, welche man in Deutschland sicherlich nur noch sehr selten zu Gesicht bekommt. Hier wird einem mal wieder bewusst, wie unterschiedlich die Gesundheitssysteme in verschiedenen Ländern sind und dass man das deutsche Gesundheitssystem – auch wenn nicht alles perfekt ist – schätzen sollte.
Bei einer weiteren jungen Patientin sind mir beim Betreten des Zimmers direkt die roten Augen aufgefallen. Ich habe nur gedacht: „Ohje, Augenheilkunde…“. Zum Glück hat mir Dr. Carlberg noch kurz zugeflüstert „Floxal", bevor er zu einem anderen Patienten ging. Nach genauerem Hinschauen fielen ein gelblicher Belag und Schlieren über den Augen auf. Wir haben dann die Diagnose “Konjunktivitis” gestellt und sie mit Ofloxacin-Augentropfen erstmal nach Hause geschickt. 
Am Abend war ebenfalls wieder der Journal Club – der zweite für mich. Hier werden immer wieder interessante Artikel vorgestellt. Dort habe ich das erste Mal von atrialen Hochfrequenzepisoden gehört und es wurde diskutiert, ob in diesen Fällen bereits eine Antikoagulation indiziert sei.
Am Donnerstag ging es mit Herrn Dr. Blank das zweite Mal in die Grafenauer Praxis. Nach einem Check-Up, ein paar Infekten und Impfungen habe ich an diesem Tag sogar einige Patienten wiedergesehen, die ich letzte Woche Montag gesehen habe, was mich gefreut hat. Eine weitere Patientin stellte sich zur Kontrolle nach Therapiebeginn vor. Überraschend haben sich ihre Symptome nicht verbessert, sodass wir nun auf weitere Suche gehen mussten. Hier wurde mir wieder bewusst, dass man immer Differentialdiagnosen im Hinterkopf haben sollte, auch wenn die Patienten schon behandelt werden. 
Die letzte Patientin an dem Tag kam mit einem Anliegen in die Praxis, das mich vor Fragen gestellt hat. Sie hat darum gebeten, ihr wegen chronischer Schmerzen Cannabis zu verschreiben, was sie sonst immer von ihrem Orthopäden bekommen habe. Ich war mit den konkreten Indikationen und den rechtlichen Hintergründen jedoch überfragt. Zum Glück konnte sich Herr Dr. Blank klar dazu äußern und hat die Bitte abgelehnt.
Nachmittags haben wir uns mit allen PJlern dann das erste Mal getroffen, um Themen zu besprechen. Wir hatten uns für den Tag die Niere vorgenommen und haben zu Beginn erst einmal Fragen beantwortet, die sich uns im Laufe der Wochen gestellt haben. So haben wir die Zystitis, Medikamente bei Niereninsuffizienz und einige Fallbeispiele durchgesprochen. 
Am Freitag war ich in der Praxis in Kirchberg untergebracht und durfte das erste Mal mit Fr. Dr. Sujova zusammenarbeiten. Es waren wieder einmal einige Patienten in der Praxis, die an dem Tag ein und aus gingen. An diesem Tag ist mir mal wieder aufgefallen, dass dieselben Untersuchungen durch unterschiedliche Untersucher auch zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können und man die Patienten genau fragen sollte. Die einfache Frage „Merken Sie das“ kann schnell fehlgedeutet werden. 

Woche 8: 30.10. – 05.11.2023

Nachdem ich die letzten Tage in der Heimat war, ging es am Donnerstag und Freitag in der Praxis in Kirchberg weiter. Die beiden Tage waren Herr Dr. Machac und Frau Dr. Stadler, eine junge Assistenzärztin, in der Praxis. Ein Patient stellte sich mit einem Problem beim Schlucken vor – ein Thema, mit dem ich in der Hausarztpraxis noch nicht viel Kontakt hatte, was es jedoch interessant macht. Der Patient war jüngeren Alters, dem gehäuft beim Schlucken der Speisebrei in der Speiseröhre hängen blieb, sodass er sich sogar manchmal ergeben musste. Da vor einigen Jahren bei ihm bereits eine Typ-C-Gastritis diagnostiziert wurde, die ihm allerdings zurzeit keine Probleme bereitet, haben wir ihn zur erneuten Gastroskopie geschickt. Auch wenn ich nicht regelmäßig in der Praxis bin, versuche ich den Patienten nachzuverfolgen. Eine weitere Patientin kam in die Praxis, da sie befürchte eine Nierenbeckenentzündung zu haben. Sie war in einem gute Allgemeinzustand und hatte keine Symptome beim Wasserlassen, allerdings Schmerzen im Bereich der rechten Flanke. Sie hatte kein Fieber und keinen Nierenlagerklopfschmerz. Ich bat sie mir die Schmerzen genau zu zeigen und sie umfuhr mit ihrer Hand ungefähr das Dermatom Th10, sodass wir die Ursache der Schmerzen eher auf den Rücken zurückführen konnten. Mir wurde durch diesen Fall erneut eine Differentialdiagnose der Pyelonephritis bewusst: Lumbago.
Mit dieser Woche bin ich nun schon acht Wochen im Bayerischen Wald, die schneller umgingen als gedacht. Ich habe schon einiges gelernt und durch die verschiedenen Ärzte, mit denen ich durch die Rotation arbeiten durfte, einen unterschiedlichen Umgang mit Patienten kennengelernt. Ich fühle mich schon koordinierter im Umgang mit den Patienten und auch in der Sonographie. In der nächsten Woche bekomme ich meinen ersten Hausbesuchspatienten, den ich den Rest meines PJs begleiten darf. 
 

Woche 9: 06.11. – 12.11.2023

Nach dem Urlaub war ich nun wieder in der Praxis Carlberg & Scholz. Als ich in die Praxis kam und in das Wartezimmer schaute, kannte ich tatsächlich fast jedes zweite Gesicht. Das hat mich gefreut und gab mir ein zufriedenes Gefühl. Vielleicht kenne ich ja doch irgendwann fast alle Patienten. 
Chirurgisch stellten sich diese Woche einige Patienten vor. Neben Wundkontrollen und Nahtenfernungen, durfte ich bei einer Patientin auch das erste Mal eine Drainage ziehen. Am gleichen Tag stellte sich zudem eine 30-jährige Patientin vor, die ihren linken Ellenbogen nicht mehr bewegen konnte. Dies sei langsam seit dem Vortag aufgetreten, nachdem sie ihr Kind in das Auto gesetzt hat. Extension, Flexion im Ellenbogengelenk und Supination und Pronation waren schmerzhaft eingeschränkt. Auch die Bewegung der Finger strahlte in das Ellenbogengelenk aus. Druckschmerz zeigte sich über dem lateralen Ellenbogen. Sie konnte sich an kein Trauma erinnern. Mit dem Verdacht auf eine Pronatio dolorosa haben wir zunächst ein Repositionsversuch gewagt. Jedoch vergeblich, weshalb wir sie ins Krankenhaus geschickt haben. Am nächsten Tag kam sie mit einer Gipsschiene erneut in die Sprechstunde. Im Krankenhaus wurde ein Röntgenbild gemacht, bei dem eine Fraktur ausgeschlossen werden konnte. Dort wurde ihr empfohlen, ein MRT zu machen, wofür sie jetzt nun eine Überweisung benötigt. Ich bin sehr gespannt, was beim MRT festgestellt werden kann. Doch eine Pronatio dolorosa, auch wenn in dem Alter sehr untypisch, oder eine Epicondylitis humeri radialis?
Am Dienstag kam eine Patientin mit ein paar Zetteln in der Hand in die Sprechstunde. Sie wollte gerne eine Zweitmeinung. Die Zettel, die sie mir vorlegte, gaben ihr den Nutzen einer Chemotherapie nach Mamma-Ca an: Der Endo Predict Score. Ich habe von diesem Score zuvor noch nicht gehört und fand es somit sehr interessant, wobei es manche Patientin wohl auch mehr verwirrt, als die Entscheidung zu erleichtern.
Am Donnerstag stellte sich ein Patient in der Praxis vor, da er seit ungefähr einer Woche „einen Pinkel“ unter dem Sternum bemerkt hätte. Ich habe kurz überlegt, musste dann aber doch nachfragen, was denn „ein Pinkel“ sei. Er schaute mich an und musste etwas lachen. Es ist wohl ein bayrisches Wort, was ich im Laufe der letzten Wochen noch nicht kennengelernt hatte. Der Patient übersetzte den „Pinkel“ schließlich mit einer Beule. Als ich dann noch fragte, ob es der, die oder das Pinkel heißt, fingen wir beide an zu lachen: der Pinkel = die Beule. Der Patient wurde mit dem Pinkel in die Viszeralchirurgie überwiesen, mit dem Verdacht auf eine Hernie, auch wenn sich die Hernie nicht klassisch präsentierte. 
Ich habe im Laufe der Woche immer mal wieder ein Trommeln und Schüsse gehört, oder dachte zumindest, welche zu hören. Am Freitagabend wurde mir klar, dass das alles nur eine Vorbereitung auf eine Tradition im Bayerischen Wald war – Wolfauslassen. Die Schüsse waren letztendlich nur Peitschenschläge in der Luft und das Trommeln überdimensionale Glocken, die von vielen Menschen gleichzeitig vor den Beinen getragen und in Schwingung gebracht werden. Auf jeden Fall eine sehr eindrückliche Tradition, von der ich zuvor noch nicht gehört hatte. 
 

Woche 10: 13.11. – 19.11.2023

Am Sonntag waren wir in den Hochschachten wandern. Am Tag zuvor hat es zwar geschneit, von dem Schnee ist allerdings nichts liegen geblieben. Umso begeisterter waren wir von der Schneelandschaft, die uns auf der Wanderung erwartete. Gestartet mit wenig Schnee, kamen wir bald schon auf Wege mit teilweise 20 cm hohem Schnee. Zwar hingen die Wolken sehr tief und die Sonne traute sich nicht raus, trotzdem war es eine sehr schöne Landschaft! Die tiefe Winterlandschaft im bayerischen Wald ist sicherlich traumhaft!
Am Montag fing meine Woche bei Dr. Carlberg und Dr. Scholz an. Bei der ersten Sonografie in der Woche fiel in der Milz eine Zyste mit Binnenseptum auf. Ich habe zuvor noch nie eine Zyste in der Milz gesehen. Auf Nachfrage bejaht der Patient, dass er wohl öfter mal Beeren aus dem Wald gegessen habe, sodass wir eine Entnahme des Blutes zur Bestimmung der Echinokokkus-Serologie veranlasst haben.
Am Dienstag ging mein Tag wieder in einer Praxis der Gemeinschaftspraxis Bayerwald weiter, in Schöfweg bei Frau Dr. Kleudgen. Die erste Patientin, die ich untersuchen durfte, stellte sich mit Kopfschmerzen und hohem Blutdruck vor. Nachdem ich recht viel Zeit mit der Patientin für die Anamnese und körperliche beziehungsweise neurologische Untersuchung verbracht habe, kam Fr. Dr. Kleudgen ins Zimmer. Sie fragte die Patientin, ob „sie sonst noch etwas belastet“. Und dann fing die Patientin an zu weinen. An diese einfache Frage habe ich während der Zeit mit der Patientin nicht gedacht. Frau Dr. Kleudgen erzählte mir auch, dass sie diese Frage eigentlich immer stelle. Ich versuche, mir das für die Zukunft auch vorzunehmen.
Ab Mittwoch war ich dann mit einer weiteren PJlerin in der Asklepios Klinik Schaufling, einer Reha-Klinik. Die Organisation dieser Hospitation war sehr gut. Schon am Telefon war Dr. Buvar ein sehr freundlicher, lustiger und engagierter Mensch. Er begrüßte uns am Mittwoch früh und zeigte uns erstmal das Haus. Morgens sind wir zunächst mit zur Frühbesprechung gekommen. Für die Vormittage haben wir dann einen „Laufplan“ für die drei Tage bekommen, wo uns die Mitarbeiter Therapien erklärten und wir an den Therapien teilnehmen oder die Therapien und Geräte teilweise sogar selbst ausprobieren durften. Die Mitarbeiter waren alle sehr nett und haben uns gerne alles gezeigt und uns ausprobieren lassen. So haben wir am ersten Tag unter anderem die Elektro- und Magnetfeldtherapie, Hydrojet (eine Massage mit Wasserdrüsen), Motorschienen, Lymphomaten und die Wärmetherapie kennengelernt. Nach dem Mittagessen hat sich Dr. Buvar sehr viel Zeit für uns genommen: Er zeigte uns die Gelenksonografie von Schulter und Knie und ließ uns anschließend gegenseitig üben. Als Hausaufgabe gab uns Dr. Buvar die orthopädische Untersuchung der Schulter und des Knies mit. Später sind wir dann noch zu einer Orthopädieschuhmacherin im Haus gegangen.
Am nächsten Tag nach der Frühbesprechung fing unser Plan mit der Rückenschule an. Eine Stunde Rückenübungen zur Mobilisation und zum Erhalt der Muskulatur. Auch am Koordinationstraining haben wir teilgenommen. Man unterschätzt es doch immer wieder, wie schwierig es ist, zwei gegensätzliche Dinge mit den Händen oder Füßen zu machen. Am Nachmittag hat uns Dr. Buvar dann die orthopädische Untersuchung der Schulter und des Knies gezeigt, uns Tipps gegeben und an uns selbst üben lassen. Es ist wirklich erstaunlich, wie gerne er sich die Zeit für uns nimmt! 
Am Freitag wurden uns dann ergotherapeutische Geräte gezeigt. Inzwischen gibt es wirklich sehr moderne Möglichkeiten Dinge wie Feinmotorik, Koordination oder auch Gleichgewicht zu trainieren: Spiele am Computer wurden zum Beispiel über die Verlagerung des Gleichgewichts oder die Kraft der Hand- oder Fingermuskulatur gesteuert. Danach hieß es: „Warm anziehen“. Bei 4° C ging es raus in den Wald zum “Waldbaden”. Dort konnten wir die Natur mit allen Sinnen wahrnehmen und das sogar trotz angekündigtem Regen im Sonnenschein. Ein philosophischer, meditativer Spaziergang durch den Wald, der uns etwas abschalten konnte. 
Ich habe durch diese drei Tage einen sehr guten Einblick in den Nutzen einer Reha bekommen und weiß jetzt viel besser, welche Vorteile dies für den Patienten hat und kann mir auch viel besser vorstellen, was den Patienten in einer Reha erwartet. Hier nochmal ein großes Dankeschön an Dr. Buvar und das Team für die gute Organisation und Betreuung!
 

Woche 11: 20.11. – 26.11.2023

Passend zu den kälteren Temperaturen sind diese Woche wieder viele Patienten mit Infekten der oberen Atemwege in die Praxis gekommen. Wie immer heißt es: Ausschließen von akut abwendbar gefährlichen Verläufen und abwartendes Offenhalten. Mit der typischen Anamnese und der entsprechenden klinischen Untersuchung wurden die meisten Patienten wieder nach Hause geschickt. 
Dank Herrn Dr. Buvar fühlte ich mich diese Woche deutlich sicherer in der Untersuchung der Schulter. Ich konnte das Geübte und das Wissen direkt an einer Patientin anwenden und hatte dadurch einige Vermutungen, was ihre Schulterschmerzen verursachen könnten.
Die Montagsfortbildung frischte mein Wissen über Herzrhythmusstörungen nochmal auf und am Mittwochmittag hatten wir einen spannenden Vortrag über die Migräne, bei dem ich einiges Neues gelernt habe.
Bei der Sonografie ist mir diese Woche insbesondere ein Patient in Erinnerung geblieben, in dessen Leber auffällige kleine echoreiche Areale zu sehen waren. Wir haben den Patienten zum CT geschickt. Auch diesen Patienten werde ich nachverfolgen. 
Am Dienstag war ich einen Tag bei Frau Dr. Friedl in der Dermatologie in Freyung hospitieren. Ich habe mich morgens früh in den Bus Richtung Passau gesetzt. Nachdem wir im Nebel in Grafenau losgefahren sind, war schon im nächsten Ort der Sonnenaufgang zu bewundern. Da ich eine Stunde zu früh in Freyung angekommen bin, habe ich noch etwas die Innenstadt besichtigt. Um neun Uhr fing dann die Sprechstunde an. Als mich Frau Dr. Friedl dann freundlich begrüßte, stellte sich heraus, dass ich mich leider auf der Homepage verlesen und so die Notfallsprechstunde verpasst habe, die von 7:30 bis 8:30 Uhr stattfand. Dementsprechend kamen viele Patienten mit Terminen zum Hautkrebsscreening, einer Probenentnahme oder auch aus kosmetischen Gründen. Durch die Hautkrebsscreenings habe ich etwas das Erkennen von auffälligen Muttermalen üben können. Die Notfallsprechstunde hätte mir jedoch sicherlich mehr Lernerfolg gebracht. Nichtsdestotrotz habe ich während der Sprechstunde zum Beispiel einen Patienten mit Granuloma anulare und eine Patientin mit Erythema exsudativum multiforme kennengelernt, die ich zu ihrer Geschichte noch etwas ausgefragt habe. Am Abend ging es dann ebenfalls mit dem Bus oder eher einem Großwagen mit acht Plätzen zurück nach Grafenau.
Jetzt freue ich mich erstmal auf das Wochenende, da es schneien soll und der Winter seinen Lauf nimmt.
 

Woche 12: 27.11. – 03.12.2023

Am Wochenende waren wir mit allen PJlern zusammen in der Schneelandschaft des Bayerischen Waldes wandern. Solche Winterwälder sind wirklich wundervoll.
Am Montag ging dann wieder eine neue Praxiswoche los. Es stellte sich eine Patientin mit Schmerzen am medialen proximalen Unterschenkel vor. In der klinischen Untersuchung zeigte sich eine Rötung, Schwellung und Überwärmung an der medialen Knieinnenseiten knapp unterhalb des Gelenkspaltes. Man konnte eine knotige Verhärtung tasten, die druckschmerzhaft war. Ich habe zunächst einen Abszess vermutet, mich aber gleichzeitig gewundert, wie dieser entstanden sein könnte. Herr Dr. Carlberg ist direkt zur Diagnose Thrombophlebitis gekommen. Wir haben die Patientin anschließend noch sonografiert. Ich habe mir die Thrombophlebitis immer als strangartige Verhärtung vorgestellt und wusste nicht, dass die entzündeten Venen auch eher knotig zu tasten sein können. Aus diesem Fall konnte ich viel lernen. Schön war auch, dass ich die Thrombophlebitis der Patientin am Freitag sonografisch kontrollieren durfte.
Am Dienstag stellte sich eine Patientin mit Fazialisparese rechts ohne fokal neurologisches Defizit vor. Die Parese sei nach einer kurzen Periode Schwindel aufgetaucht. Sie könne sich an keinen Zeckenstich erinnern. Ich fragte die Patientin, ob sie einmal die Stirn runzeln könne. An beiden Seiten der Stirn konnte man Falten erkennen. Wie immer musste ich kurz überlegen, ob das Stirnrunzeln bei der zentralen oder peripheren Parese noch möglich ist? Stirnrunzeln möglich = zentrale Fazialisparese. Ich fragte noch, ob sie auf beiden Ohren gleich viel höre. Sie berichtete, dass sie seit der Parese auf dem rechten Ohr weniger höre. Eigentlich hätte ich eine Hyperakusis erwartet. Der Geschmack und die Speichel- oder Tränensekretion waren nicht beeinträchtigt. Die Hypakusis hat mich mehr verwirrt: Mal wieder ein Symptom, das nicht zum Bild passt. Die Patientin wurde in die Neurologie eingewiesen. Gegen Ende Woche kam sie mit der Diagnose idiopathische periphere Fazialisparese zurück. Ich wunderte mich über die Diagnose periphere Fazialisparese, da die Patientin die Stirn runzeln konnte, als ich sie untersuchte. Vielleicht entwickelte sich zu dem Zeitpunkt die Parese noch? Die Patientin wurde anschließend mit Cortison behandelt.
Am Mittwoch durfte ich wieder bei Herrn Dr. Blank in Grafenau mitarbeiten. Recht viele Patienten kamen mit Übelkeit und Erbrechen in die Praxis. Ein Junge stellte sich mit punktuellen Schmerzen im Bereich der Kniegelenksinnenseite und des oberen Sprunggelenkes seit zwei Tagen vor. Er konnte sich an kein Trauma erinnern. Mit Verdacht auf eine rheumatische Erkrankung wurde ihm ein Cortison-Schema für drei Tage an die Hand gegeben. Ich möchte zwar immer noch gerne beim ersten Kontakt die Diagnose jedes Patienten herausfinden, der Therapieversuch bei Verdacht auf eine Erkrankung ist jedoch auch oft hilfreich. Und auch im ICD-Katalog sind nicht nur Krankheiten aufgelistet, sondern auch Symptome wie “Schmerzen“, die als Diagnose verwendet werden können. Das macht es für einen Hausarzt einfacher, da viele Symptome von allein wieder verschwinden, ohne, dass man eine Diagnose stellen konnte. Eine weitere Herausforderung für mich war eine schwangere Patientin mit länger bestehenden Kopfschmerzen. Welche Medikamente darf ich wann geben? Welche Erkrankungen oder Komplikationen gibt es in einer Schwangerschaft?
Am Donnerstag waren Herr Dr. Carlberg und ich wieder auf Hausbesuchen. Bei meiner „Hausbesuchspatientin“ durfte ich die Klammern ziehen. Wir machten einen weiteren Hausbesuch bei einer älteren Dame, die seit dem Vortag plötzlich über Schwindel klagte. Nach der orientierend neurologischen Untersuchung, in der eine deutliche Unsicherheit im Gang und Stand zu erkennen war, aber keine weiteren Hinweise lieferte, haben wir die Patientin mit Verdacht auf Schlaganfall in die Neurologie eingewiesen. Ich habe im Anschluss noch mit Herrn Dr. Carlberg über die Gründe für die Einweisung gesprochen: Neben der Klinik waren auch die Risikofaktoren der Patientin (insbesondere das Rauchen), das Alter und die Tatsache, dass sie allein lebte, ausschlaggebend: „Erlebte Anamnese“. Man kennt als Hausarzt seine Patienten.
Nach der Einweisung am Donnerstag wegen Schwindel, war am Freitag „Schwindel-Tag“ in der Praxis: Es stellten sich für einen Tag recht viele Patienten mit diesem komplexen Symptom vor. Bei den meisten hieß es dann aber doch abwarten und beobachten. Ich finde die richtige Einordnung des Schwindels herausfordernd und muss noch meinen Weg in der Diagnostik finden. 
Ich freue mich jetzt wieder auf das Wochenende. Es ist viel Schnee angekündigt. Vielleicht kann ich das erste Mal Langlaufen gehen.
 

Woche 13: 04.12. – 10.12.2023

Von Freitag auf Samstag hat es sicherlich 60 cm geschneit. Am Samstag früh hieß es dann erstmal Morgensport mit 1,5 h Schneeschippen. Auch wenn diese Menge Schnee im Dezember wohl unüblich ist, habe ich mich doch etwas darüber freuen können. Die Skating-Langlaufskier, die wir uns am Vortag ausgeliehen haben, konnten wir so allerdings nicht nutzen, da erstmal die Straßen geräumt werden mussten, bevor die Pisten präpariert wurden. Wir haben uns als Alternative mit einem schönen Schneespaziergang zufriedengegeben. Das Langlaufen blieb uns aber nicht verwehrt und ich konnte das erste Mal auf Skiern stehen und eine Loipe befahren. Das Skating ist technisch durchaus nicht leicht, aber es hat trotzdem viel Spaß gemacht.
Am Montag fing dann meine letzte ganze Woche in der Praxis Carlberg & Scholz an. Die Zeit ist wie im Flug vergangen. Ich sehe schon etwas traurig auf das Ende des Tertials. 
In der Früh stellte sich in der Praxis erneut die Patientin mit der peripheren Fazialisparese vor, die ich in der letzten Woche kennengelernt habe. Während sie in der letzten Woche noch die Stirn runzeln konnte, ging dies nun nicht mehr. Auch die Lähmung generell schien etwas stärker ausgeprägt zu sein. Während ich letzte Woche noch gesagt habe, es handele sich um eine zentrale Parese, würde ich nun wie die Neurologen eine periphere Parese erkennen. Die Parese war also in der letzten Woche noch in der Entstehung.
Einen Patienten mit Diarrhoe wollten wir mit einem Antibiotikum behandeln. Wir wurden allerdings mit dem Problem konfrontiert, dass das Antibiotikum nicht lieferbar war. Die Suche nach Alternativen gestaltete sich schwieriger als gedacht, da die empfohlenen Alternativen in Deutschland nicht erhältlich sind. Eine schwierige Situation. 
Letzte Woche Freitag stellte sich ein Patient mit Thoraxschmerzen vor. Klinisch präsentierte er sich relativ unauffällig. Das EKG lieferte keine Hinweise auf eine kardiale Ischämie und der Troponin-Test war negativ, sodass er nach Hause geschickt wurde. Am Mittwoch kam der Patient nun erneut in die Praxis, nachdem er am Wochenende ins Krankenhaus gegangen war. Die Symptome des Patienten haben sich im Verlauf des Wochenendes weiter verschlechtert, er habe vor allem nachts starke Thoraxschmerzen bekommen, habe Fieber entwickelt und wurde tachykard. Am Sonntag früh ist er schließlich ins Krankenhaus gekommen, wo eine Perikarditis festgestellt wurde. Für mich war dieser Fall sehr eindrücklich, da man am Freitag klinisch keinen großen Verdacht auf eine Perikarditis stellen konnte. Die Symptome schienen am Freitag zwar auch noch nicht voll ausgeprägt zu sein, aber mir wurde bewusst, dass man bei Thoraxschmerzen neben den “Big Five“ auch die Perikarditis als Differentialdiagnose beachten sollte. Die Schmerzen hat er mir am Mittwoch schließlich relativ klassisch schildern können: Besserung der Schmerzen beim Aufsetzen und nach vorne beugen.
Am Mittwoch habe ich zudem eine Patientin mit Kontaktallergie kennengelernt. Sie hatte am Wochenende Augenpads benutzt und nun ein umschriebenes, klar begrenztes Erythem und Ödem im Bereich der Augenpads. Man konnte von der Hautveränderung eigentlich auf die Ursache schließen. Die Haut fühlte sich derb an. Anhand solcher klinischen Bilder kann ich viel lernen.
Am Donnerstag ging es wieder auf Hausbesuche. Wir haben zwei Patienten ins Krankenhaus eingewiesen. Die erste Patientin hatte einen deutlich reduzierten Allgemeinzustand mit leichter Dyspnoe. Aufgrund der Komorbiditäten und der fehlenden Versorgung haben wir sie ins Krankenhaus geschickt. Die nächste Patientin hatte ein Druckgefühl im Thorax und eine Dekompensation der Herzinsuffizienz.
Freitag waren für mich spannende Fälle in der Praxis. Ich durfte eine Patientin mit Bauchwandhernie sonografieren. Der nächste Patient kam mit einer „Augenentzündung“ in unsere Sprechstunde. Während dies für Herrn Dr. Carlberg wieder eine Blickdiagnose war, war dieser Patient für mich der erste, den ich mit der Diagnose „Hordeolum“ kennenlernen durfte und musste dementsprechend zunächst etwas nachdenken. Außerdem hat sich eine Patientin in der Praxis vorgestellt, die am Vortag von ihrer Katze in den linken Daumenballen gebissen wurde. Neben der entzündeten Bissstelle konnte man eine eindrückliche schmerzhafte streifige Rötung entlang der Lymphbahnen des Armes bis zum distalen Oberarm erkennen. Diagnose „Lymphangitis“. Da die Patientin von Schüttelfrost und Fieber berichtete, wurde sie ins Krankenhaus eingewiesen.
Dieses Wochenende leihen wir uns Skier aus und ich versuche das erste Mal alpin in der näheren Umgebung Ski zu fahren.

Woche 14: 11.12. – 17.12.2023

Die letzte Woche meines Tertials verging wie im Fluge. Ich durfte die ersten Tage der Woche noch einmal nach Schöfweg zu Frau Dr. Kleudgen, nach Auerbach zu Herrn Dr. Kalmancai und zu Herrn Dr. Blank nach Grafenau. So konnte ich erneut mit den anderen Ärzten zusammenarbeiten. Die letzten beiden Tage habe ich dann in meiner Praxis bei Herrn Dr. Carlberg und Frau Dr. Scholz genossen. Nun bin ich traurig, dass das Tertial so schnell zu Ende ging. 

Ich fühlte mich in der Praxis sehr schnell sehr wohl und als Teil des Teams. Das Team ist sehr lieb! Ich wurde vom ersten Tag an wertgeschätzt und war nicht nur „Beiwerk“, sondern durfte schnell auch selbst Hand anlegen. Ich habe es sehr geschätzt, immer Fragen stellen zu dürfen und bekam eine ausführliche Antwort, egal wie lang die Warteliste noch war. Ich habe sehr viel gelernt, von Theorie über praktische Fertigkeiten, aber vor allem nicht nur Krankheiten zu behandeln, sondern auch auf den Menschen zu achten!

Ich werde die Zeit hier vermissen! Sei es die Praxis, die Menschen oder einige Patienten, die ich in meinem Kopf behalten werde und mich frage, wie es mit ihnen weitergeht. Ich werde auch das gemütliche Haus in Grafenau und meine Mitbewohnerin Katha vermissen. Es war eine lustige Zeit mit dir und ich wünsche dir alles Gute für deine Zukunft! Nicht zuletzt ist auch die Umgebung hier traumhaft. Wir hatten das Glück, zu Beginn des Tertials noch den Spätsommer mit heißen Temperaturen und grünen Wäldern beim Wandern genießen zu dürfen. Ein paar Wochen später präsentierte sich der Herbstwald in unglaublich vielen Farben. Und in den letzten Wochen hatten wir auch noch eine wunderschöne Schneelandschaft zu bestaunen und konnten das Langlaufen und Skifahren ausprobieren.

Vielen Dank an alle, die an der Organisation dieses PJs beteiligt waren, danke an die Ärzte der Bayerwald-Praxen, die mich auch für einen Tag herzlich eingebunden haben. Danke Wolfgang für Dein Engagement!

Und ein besonderer Dank an die Praxis Carlberg-Scholz. Danke an das tolle und sympathische MFA-Team und einen großen Dank an Herrn Dr. Carlberg und Frau Dr. Scholz! Ich habe mich wirklich sehr wohl bei Euch gefühlt, Ihr habt mir viel beigebracht und viel erklärt! Danke für dieses Tertial! Ich bin mir jetzt schon relativ sicher, dass es das beste Tertial meines PJs sein wird! Ich werde später als Ärztin sicherlich an die Zeit in der Praxis Carlberg-Scholz denken!

Es war eine gute und richtige Entscheidung hier mein PJ in der Allgemeinmedizin zu machen. Ich kann es nur wärmstens jedem empfehlen, der sich auch ein Tertial in der Allgemeinmedizin mit wirklich guter und organisierter Lehre von engagierten Ärzten in verschiedenen Praxen oder Fortbildungen wünscht. Man sollte sich allerdings auch mit einem Leben in kleinen Orten auf dem Land anfreunden können. Im Praxisalltag sind die PJler integriert und dürfen die Patienten voruntersuchen. Mit den vielen Fortbildungen, Fallbesprechungen oder dem Journal-Club wird das Tertial theoretisch abgerundet. Hier lernt man was es bedeutet, Hausarzt zu sein!