Anja Stadler

Praktisches Jahr
16.05. – 04.09.2022

Woche 1: 16.05. – 22.05.2022

…und plötzlich ist es so weit. Als ich vor fünf Jahren mein Studium der Humanmedizin begann und mich tierisch darüber freute, tatsächlich einen Studienplatz bekommen zu haben, schien die Situation, vor einem Patienten zu stehen und für diesen und dessen Behandlung mitverantwortlich zu sein, noch himmelweit entfernt. Als ich am Sonntagabend vor dem ersten Tag die letzten Jahre rekapitulieren lasse und mir dabei klar wird, dass es jetzt tatsächlich auf die Zielgerade geht auf dem Weg, Ärztin zu werden, ist mir doch ein bisschen mulmig zumute und ich bin doch ein bisschen nervös – obwohl ich die Praxis und einige der Ärzte und Ärztinnen dort schon kennenlernen durfte und mir die Praxis längst ans Herz gewachsen ist. Tatsächlich ist es jetzt so weit – am Montag steht der erste Patient in der Praxis in Auerbach vor mir. Der Einstieg in das PJ-Tertial gestaltete sich jedoch sehr sanft, da ich erstmal mit Dr. Kalmancai, dem Arzt vor Ort in Auerbach, mitlaufen durfte und beobachten durfte, wie er an Anamnese, klinische Untersuchung und Therapie herangeht. Was schon ein riesen Vorteil in der Gemeinschaftspraxis im Bayerwald ist: man lernt viele verschiedene Ärztinnen und Ärzte kennen, deren Verhaltensweisen gegenüber den Patienten und Patientinnen und ihre Arbeitsweisen, von denen man sich vieles abschauen kann und in seine individuelle Herangehensweise einbauen kann. Der erste Tag ging rum wie nix und am Ende des Tages habe ich zwar einen rauchenden Kopf, aber auch ein ziemlich gutes Gefühl in der Tasche, dass die nächsten vier Monate richtig gut werden könnten – mit diesem Gedanken falle ich in einen tiefen, wohlverdienten Schlaf. 

Als der Wecker am nächsten Morgen um 6 Uhr klingelt brummt mir erstmal mein Kopf: die Umstellung vom doch sehr lockeren Studentenleben auf den knallharten Arbeitsalltag mit Beginn um 8 Uhr fällt mir die ersten Tage nicht allzu leicht – trotzdem freue ich mich schon wieder auf den Tag und bin gespannt, was er alles bringt. Dr. Kalmancai erklärt und zeigt mir ganz viel und heute darf ich auch zu Patienten vorgehen und schonmal vorab die Anamnese, klinische Untersuchung und Sonographie durchführen. Das Konzept, dass man zu den Patienten vorgeht und ein Arzt am Ende nachkommt und über alles nochmal drüber schaut und die Therapie mit einem bespricht finde ich ziemlich genial: man hat dabei die Chance, seinen eigenen Stil zu entwickeln, Verschiedenes auszuprobieren und dann nochmal zu gucken, was man vielleicht anders machen könnte. Mittags haben wir dann ein virtuelles Meeting mit den anderen Praxisstandorten – darin werden Patientenfälle besprochen, die die Ärztinnen und Ärzte aus ihrem Alltag mitbringen und nicht weiter kommen oder sich in manchen Sachen nicht sicher sind und sich ein Feedback von den KollegInnen einholen können – gerade für Anfänger, aber auch für erfahrenere ÄrztInnen eine wunderbare Möglichkeit, sich nochmal rückzuversichern und Verantwortung zu teilen. In der Mittagspause gehe ich dann ein bisschen im Park spazieren und stelle mal wieder fest, wie unglaublich schön es eigentlich im Bayerischen Wald ist – trotz der Tatsache, dass es meine Heimat ist, muss ich immer wieder feststellen, dass es einfach ein wunderbares Fleckchen Erde ist 🙂 .

Die restliche Woche vergeht eigentlich wie im Flug. Wir sind immer gut beschäftigt mit Fortbildungen (Montagsfortbildungen, Fallvorstellungen, PJ-interne Fortbildungen und Mittwochsfortbildungen) – man kann davon unglaublich viel mitnehmen und langsam habe ich das Gefühl, einen Überblick über die ganzen Veranstaltungen zu bekommen – freue mich dann aber trotzdem, als es Freitag Mittag ist und ich bei Sonnenschein und 27 Grad Außentemperatur über die heimischen Berge nach Hause kurve.

Woche 2: 23.05. – 29.05.2022

Die zweite Woche in der Gemeinschaftspraxis im Bayerwald beginnt in Lalling, wo ich die ganze Woche verbringen werde. Am Montag ist den ganzen Tag über viel los und manche von den Patienten sehe ich bereits ein zweites Mal. An diesem Tag fallen viele Routinearbeiten an, doch immer wieder ist ein Patient/eine Patientin dabei, wo wir weiter nachforschen müssen, sei es durch eine ausführlichere Anamnese, den Austausch mit KollegInnen oder weiterführende Untersuchungen – das ist wohl auch die Kunst als Hausarzt: unter den vielen „harmloseren“ Fällen die Patienten rauszufinden, die akut Hilfe brauchen und die akut gefährdet sind – nicht immer ganz einfach, wie mir scheint. Was ich aber diese Woche unter anderem mitnehmen konnte, ist, dass gerade die teilweise jahrelange Betreuung der PatientInnen hier ein großer Vorteil ist: die ÄrztInnen kennen ihre PatientInnen und können daher die Lage oft auch aufgrund ihres Bauchgefühles besser einschätzen. Nicht nur eine Krankheit behandeln, sondern den Patienten dahinter sehen, seine familiäre Situation kennen und psychosoziale Aspekte seines Lebens in die Behandlung miteinzubeziehen und somit eine viel breitere Sichtweise auf körperliche oder psychische Gegebenheiten zu erhalten – das macht für mich den Beruf des Hausarztes so reizvoll und interessant. Die Möglichkeit, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, was über Jahrzehnte bestehen kann und stets ein wichtiger Begleiter im Leben der PatientInnen zu sein, das habe ich in meiner bisherigen Ausbildung so nur in der Hausarztpraxis gesehen. Am Montag nach der Sprechstunde ist dann noch eine Fortbildung zum Thema „Rotes Auge“ angesagt – spannend und unglaublich wertvoll, diese Mischung aus Lehrbuchwissen auf studentischer Seite, die gerade frisch gebacken aus dem Studium kommen und langjähriger Erfahrung der erfahrenen Ärzte, von denen wir als Studenten unheimlich profitieren können. Eine klassische Win-Win-Situation also.

Am Dienstag habe ich dann in der Sprechstunde öfter die Gelegenheit, eine Ultraschalluntersuchung durchzuführen – zugegebenermaßen an manchen Stellen noch etwas holprig, aber bekanntlich macht Übung den Meister, Dranbleiben ist hier also mein Motto und ich nehme mir vor, mich möglichst viel mit dem Ultraschallgerät auseinanderzusetzen und so viel zu üben, wie nur möglich. Hier bietet die Hausarztpraxis ein gutes Übungsfeld: man hat viele Patienten, die zum Check-up kommen und man darf dann auch als PJ’ler vorgehen und schonmal vorab schallen. Und zu meiner eigenen Überraschung merke ich tatsächlich, dass es von mal zu mal besser geht und das Ultraschallgerät und ich allmählich Freunde werden. Mittags ist dann wieder Fallbesprechung und danach geht’s erstmal in die Mittagspause.

Am Mittwoch haben wir dann nachmittags eine neue Fortbildungsreihe, die Herr Dr. Blank in Kooperation mit dem Krankenhaus in Cham ins Leben gerufen hat – hier dürfen wir Studenten spannenden Vorträgen von Experten lauschen, außerdem sind zwei Nachmittage vor Ort in Cham geplant. Die Themen reichen vom Umgang mit schwierigen Patienten bis hin zur Echokardiografie – tolle Möglichkeit, nimmt man natürlich gerne mit!

Die restliche Woche vergeht wie die erste mal wieder wie im Flug und ich muss feststellen, dass mir die Arbeit hier schon ziemlich gut gefällt und mir Freude macht. Man wird zwar ordentlich gefordert, dafür darf man aber auch viel selber machen, ohne alleine komplett verantwortlich zu sein, denn die Ärzte schauen immer nochmal drüber. Überhaupt kann man diesen immer und überall Fragen stellen – ein unglaublich nettes und engagiertes Team, das einen gleich zu Anfang total herzlich aufnimmt und einem wirklich was beibringen will, stets ein offenes Ohr hat und alles in allem einfach super ist.. ein großes Lob an dieser Stelle an das klasse Team aus ÄrztInnen und Arzthelferinnen!

Woche 3: 30.05. – 05.06.2022

Die dritte Woche beginnt in Schöfweg bei Frau Dr. Kleudgen, bei der ich Montag und Dienstag verbringen werde. Nachdem ich jetzt schon verschiedene Praxen und verschiedene Ärzte kennenlernen durfte stelle ich fest, dass jede Praxis ihren eigenen Rhythmus hat und jede irgendwie ihren Charakter hat. Als PJ’ler hier hat man die Gelegenheit, in jede Praxis mal hinein zu schnuppern und sich dann zu entscheiden, wo man vorrangig sein möchte – so ist jedenfalls der Plan. Man kann sich also die Standorte heraussuchen, die einem persönlich am besten liegen, was auf jeden Fall ein Pluspunkt ist. Ich laufe also in Schöfweg erstmal ein bisschen mit Frau Dr. Kleudgen mit, sehe, wie sie arbeitet und wie sie vorgeht. Danach darf ich mir wieder meine eigenen Patienten mitnehmen – dadurch lernt man wirklich unglaublich viel, weil man nicht nur passiv zusieht, sondern viel mehr in der Rolle des Arztes ist und viel aufmerksamer ist. Wenn dann der hinzukommende Arzt das gleiche feststellt, die gleichen Befunde erhebt und vielleicht sogar die Therapie vorschlägt, die man selber zu einem bestimmten Fall im Kopf hat, dann ist das immer ein kleines Erfolgserlebnis – genau so wie man dazulernt, wenn man sieht, wie es anders vielleicht besser gewesen wäre oder wie man dann tatsächlich in der Hausarztpraxis therapiert. Erste Lerneffekte stellen sich nun bereits bei mir ein – mit jedem Mal, dass ich selber „Arzt spielen“ darf, merke ich, wie ich selbstsicherer werde, v.a. im Umgang mit den Patienten. Das ist auch tatsächlich das, was in keinem der vielen Lehrbücher steht, die im Studium gebüffelt werden müssen: das Gefühl und die Empathie für den Patienten und auch der Umgang mit mal schwierigeren Patienten.

Und mal wieder sehe ich mich mit dem Ultraschallgerät konfrontiert – wo ich letzte Woche noch voller guter Dinge war, merke ich diese Woche, wieviel es noch zu lernen gibt und wie komplex das Thema eigentlich ist. Mich interessiert dieses diagnostische Tool einfach wirklich sehr, weil man damit in der Hausarztpraxis viel selber diagnostizieren kann, wenn man es denn gut beherrscht, deshalb laufe ich wann immer es geht bei Check-ups mit und schalle danach immer nochmal nach, wenn die Patienten denn noch Zeit haben für mich, was meistens der Fall ist – ich habe das Gefühl, dass diese das meistens ganz nett finden, wenn nochmal jemand draufschaut und sie zu einer guten Lehre beitragen können. Eigentlich ist das, was man ultraschalltechnisch erlernen könnte, ein Fass ohne Boden und ich nehme mir vor, sobald ich die Möglichkeit dazu habe, einen Sonografie-Kurs zu belegen und mich da mal richtig reinzuschmeißen.

Diese Woche gibt es wieder viele spannende Fälle zu betreuen. Die unter Studenten oftmals vorherrschende Meinung, der Hausarzt betreue sowieso nur Grippe- und Kreuzschmerzpatienten, kann ich einfach gar nicht bestätigen: es bietet sich mir hier in der Gemeinschaftspraxis im Bayerwald die volle Bandbreite der Medizin – vom Nagelpilz bis zur seltenen Autoimmunerkrankung. Es überrascht mich jedes Mal aufs Neue, mit was die Patienten zu uns kommen und was sie nebenbefundlich mitbringen. Im Studium dachte ich mir noch, von einem Morbus Sudeck werde ich wahrscheinlich bis auf die Vorlesung nie wieder was hören – fehl gedacht. Überhaupt wächst meine Liste an Sachen, die ich gerne nachlesen möchte, von Tag zu Tag mehr und ich komme kaum hinterher, das alles nach zu recherchieren. Ich behalte also einen kühlen Kopf und mein Motto der Woche ist: ein Schritt nach dem anderen, kein Meister ist vom Himmel gefallen. Die Woche ist viel los und am Freitagmittag schwirrt mir nun endgültig der Kopf – bei aller Freude, die ich in den Praxen habe, freue ich mich nun trotzdem tierisch aufs Wochenende: also Sonnenbrille auf, ab ins Auto und ab über die grünen Wiesenhügelchen nach Hause für zwei Tage Sendepause.

Woche 4: 06.06. – 12.06.2022

Kaum zu glauben, aber wahr: es ist tatsächlich schon ein Monat vergangen, seitdem ich mein Tertial in der Gemeinschaftspraxis im Bayerwald begonnen habe. Langsam habe ich das Gefühl, einen groben Überblick über die Praxisabläufe bekommen zu haben und in den Praxen „mitschwimmen“ zu können. Ich war die Woche viel bei Dr. Kalmancai, von dem ich aufgrund seines chirurgischen Hintergrundes etliche kleinchirurgische Sachen mitbekommen habe, was unglaublich viel Spaß gemacht hat. Das Gefühl, dem Patienten sofort helfen zu können und sofort die Konsequenz des eigenen Handelns zu sehen finde ich an der Chirurgie total schön. Umso besser, dass man auch als Hausarzt mal hi und da schneiden darf – so kann man als Hausarzt individuellen Interessen nachgehen und für sich auch Akzente und Schwerpunkte setzen.

Am Mittwoch durften wir PJ’ler dann noch Themen aus dem PJ-internen Teaching im bayernweiten Journal Club vorstellen – einem Format, in dem verschiedene Ärzte verschiedene Studien vorstellen, die sie interessieren und die dann gemeinsam diskutieren. So konnten wir uns zu den Themen „Harnwegsinfekt“ und „Müdigkeit“ wertvolle Tipps von den erfahrenen Ärzten holen, was unglaublich hilfreich und lehrreich war.

Donnerstag und Freitag war ich dann bei Dr. Machac in Kirchberg und konnte von seinem umfangreichen internistischen Wissen profitieren – egal was man fragt, ich bin mir sicher, er kann zu so ziemlich jedem Thema aus dem Stegreif einen Vortrag halten! Und wieder sehe ich Patienten ein zweites oder sogar ein drittes Mal. Von herausgeschnittenen Leberflecken, über Wundkontrollen, Impfungen und Herzechos ist diese Woche eigentlich alles dabei. Gleichzeitig das schöne, aber auch das herausfordernde an der Allgemeinmedizin: es ist das Wissen aus allen Fachrichtungen gefragt. Einerseits wird einem nie langweilig, andererseits frustriert mich diese Woche die Tatsache, dass das, was man wissen sollte oder könnte, ein Fass ohne Boden ist. Die Teachings und v.a. die Vernetzung der Ärzte untereinander ist hier eine große Hilfe und gibt auf jeden Fall Sicherheit. Diese Woche habe ich mich nochmal intensiver mit der orthopädischen Untersuchung der großen Gelenke auseinandergesetzt – die theoretischen Grundlagen aus dem Studium können nun endlich umgesetzt werden und ich bin überrascht, wieviel einem die körperliche Untersuchung zusammen mit der Anamnese weiterhelfen kann, wenn man beides gründlich und korrekt macht. An der Uni wird man doch eher auf die apparative Diagnostik getrimmt und lernt, alle möglichen Testergebnisse, apparativen diagnostischen Verfahren auszuwerten – dabei wird die Kommunikation mit dem Patienten, das aktive Zuhören, das Beobachten und die körperliche Untersuchung oft ein bisschen stiefmütterlich behandelt – so zumindest an meiner Uni. Das ist eine der Kernlehren, die ich hier gerade für mich mitnehme: durch Anamnese, genauem Beobachten und Befragen des Patienten, durch Aufbauen einer Beziehung zu diesem, allgemein durch Wahrnehmung des Patienten mit allem, was dieser mitbringt, hat man schon ganz viel geschafft und kann damit schon ganz viel anfangen, ohne gleich zu weiteren diagnostischen Schritten überzugehen – auch wenn diese natürlich dann in vielen Fällen trotzdem notwendig werden. So, jetzt geht’s wieder mal in das wohlverdiente Wochenende und ich sage Tschüss, bis zum nächsten Eintrag!

Woche 5: 13.06. – 19.06.2022

Diese Woche gibt es tatsächlich ein bisschen weniger zu berichten, da ich nur bis Mittwoch in den Praxen unterwegs bin. Da am Donnerstag Feiertag ist, habe ich mir Freitag einen Brückentag gegönnt und freue mich auf ein paar freie Tage – die ich trotzdem nutzen werde, um meine mittlerweile reichlich lange Nachleseliste abzuarbeiten. Trotzdem gab es auf die drei Tage wieder viele interessante Dinge zu sehen. Heute hatte ich z.B. eine Patientin, die nach einer Amoxicillin-Gabe im Krankenhaus ein Stevens-Johnson-Syndrom entwickelt hatte – für mich war das ziemlich eindrücklich zu sehen und ein Paradebeispiel dafür, dass wir als zukünftige Ärztinnen und Ärzte nicht immer nur helfen, sondern im schlimmsten Fall den PatientInnen auch schaden können mit unseren Therapien. Jedenfalls hat sich das Bild der Patientin bei mir sehr eingeprägt und mir gezeigt, warum man vielleicht nicht immer gleich mit der ganzen Therapiepalette der Medizin ankommen sollte, sondern sich genau überlegen sollte, ob man dem Patienten wirklich nutzt oder ihn nur unnötigen Risiken durch die Therapie aussetzt. Es wird schließlich nicht nur unsere Aufgabe sein, die Patienten stur nach Schema zu therapieren, sondern sie auch vor möglichen Schäden durch zu viele unnötige Therapien zu bewahren. Der Patientin in oben geschilderten Fall geht es zum Glück wieder gut und ist wohlauf.

Jetzt in der fünften Woche merke ich, dass man langsam aber stetig eine Bindung zu manchen Patienten aufbaut, die man nun schon häufiger gesehen hat – wenn diese fragen, ob man denn das nächste Mal auch wieder da sei, ist das schon ein sehr schönes Gefühl und ich merke, wie viel auch von den Patienten an Dankbarkeit und Wertschätzung zurückkommt. Ich fühle mich mittlerweile schon wie ein kleiner Bestandteil aus dem großen Ganzen der Gemeinschaftspraxis im Bayerwald und fühle mich pudelwohl inmitten der Gesamtheit aus fleißigen Arzthelferinnen, lehrenden ÄrztInnen, herumwuselnden StudentInnen und einem nicht leer werden wollenden Wartezimmer voller PatientInnen, die gerade darauf warten, von uns voruntersucht zu werden. 🙂

Am Mittwoch waren wir dann noch nach Cham zum Notfall-Teaching eingeladen, was nochmal eine gute Auffrischung unseres Notfallwissens mit sich brachte und wir auch nochmal Gelegenheit hatten, Reanimationen zu üben und uns die Sachen drum rum mal anzuschauen. Auch an Fragen unsererseits mangelte es nicht und ja, auch als Allgemeinmediziner ist man als Notarzt durchaus gefragt – nach einer Zusatzausbildung und einer Prüfung hat man die Möglichkeit, später neben der Arbeit in der Praxis auch als Notarzt zu fahren – spannend!

Nach einem langen Tag verabschiede ich mich und sage wieder Tschüss, bis zum nächsten Mal!

Woche 6: 20.06. – 26.06.2022

Mit neuem Schwung geht’s in die neue Woche und man merkt, dass letzte Woche ein Feiertag war – das Wartezimmer scheint immer voller und voller zu werden, die Ärzte sind am rotieren. Von unklaren Bauchschmerzen, über Schilddrüsenknoten bis hin zur seltenen Rheumaform ist an diesem Tag eigentlich irgendwie alles dabei – da freut man sich zwischendurch über den Patienten, der lediglich eine Krankschreibung braucht und somit eine kleine Pause von den vielen Fragezeichen bietet, die sich im Laufe des Vormittags bei mir hervor tun. Zum Glück habe ich eine sehr geduldige und kompetente Fachärztin an meiner Seite, die trotz voller Stube immer wieder zwischendurch die Zeit findet, mir kurz was zu erklären. Auch das Ultraschallgerät ist wieder in vollem Einsatz und ich freue mich, dass das immer besser klappt – jetzt kann ich auch endlich mal den PatientInnen auf dem Sono-Bildschirm zeigen, was in deren Bauch so los ist, worauf hin diese meistens nur nett nicken und lächeln, was mich unweigerlich an meine Reaktion erinnert, als mir ÄrztInnen zu Beginn meines klinischen Abschnitts erklären wollten, wie der Ultraschall funktioniert :-).

Am Dienstag steht dann meine Hospitation bei Dr. Werner im MVZ in Regen an, ein unglaublich netter Internist, der sich ganz viel Zeit für seine PatientInnen nimmt und sehr gründlich und strukturiert arbeitet – eine klare Empfehlung, sich mal dort um einen Hospitationstermin zu kümmern, falls man sich entschließt, sein PJ in der Gemeinschaftspraxis im Bayerwald zu absolvieren. An diesem Dienstag kommen viele Kardio-PatientInnen und ich kann mir einige Tipps abholen, wie man nochmal besser aufs Herz horcht und beispielsweise eine Aortenklappenstenose besser hören kann bei der Auskultation. Am Ende des Tages präsentiert sich noch ein dramatischer Patientenfall und ich merke, wie mich das die Tage drauf beschäftigt und mich nicht so recht loslassen mag – auch das gehört wohl einfach zum Beruf und man muss lernen, mit traurigen Patientenfällen umzugehen. Die restlichen Tage der Woche ist wieder vieles geboten und ich komme endlich ein bisschen dazu, meine Nachleseliste heranzuziehen und Sachen, die sich mir in der Praxis präsentieren, auch mal nachzuschlagen. Ich merke, wie sehr ich davon profitiere, die Sachen nicht nur stur auswendig zu lernen, sondern eine/n PatientIn dazu im Kopf zu haben, seine/ihre Geschichte selber zu hören, selber Befunde dazu zu erheben, sehen, wie die ÄrztInnen therapieren und dann nochmal Lücken mit dem Nachschlagen aufzufüllen.

Am Donnerstagabend gings dann noch mit den anderen PJ’lerinnen und zwei der Assistenzärztinnen zum Italiener – ein Abschiedsessen für Hannah und Caro, die uns leider diese Woche verlassen werden, worüber ich schon ein wenig traurig bin. Ich wünsche den beiden das Allerbeste für die Zukunft und hoffe darauf, dass sie vielleicht für die Weiterbildung nochmal zurückkommen in die Praxis im Bayerwald :-). Sooo für heute ists genug, ich verabschiede mich ins Wochenende und sage bis zum nächsten Mal!

Woche 7: 27.06 – 03.07.2022

Diese Woche begrüßen wir drei neue PJ’lerinnen bei uns: Franziska, Sabine und Nicole. Mirjam und ich freuen uns über diese Verstärkung und sind schon ganz gespannt auf die drei. Sie werden auf die beiden Unterkünfte in Kirchberg und Grafenau aufgeteilt, wo sich alle mittlerweile gut eingelebt haben – trotz Startschwierigkeiten mit einem kaputten Auto, das gerade noch die Strecke von Freising bis Kirchberg im Wald mitgemacht hat und dann beschlossen hat, hier den Geist aufzugeben.  Mittlerweile ist auch das Problem glücklicherweise (fast) behoben, denn ohne Auto ist man hier echt komplett aufgeschmissen :-). Zur Not gäbe es auch noch das Praxisauto, das man auch mieten könnte, falls man doch ohne Auto anreist und es bieten sich auch immer verschiedene Fahrgemeinschaften mit den ÄrztInnen oder StudentInnen an. 

Die drei haben gleich anfangs eine volle Woche mit Sprechstunden, Fallbesprechungen, Cham-Teachings und Journal-Club, der als Krönung der Woche am Mittwoch mit anschließendem Essengehen stattfindet. Ich mag diese Zusammenkunft verschiedener ÄrztInnen in der Region – man kann Fragen stellen, erfahren, wie diese ÄrztInnen die Dinge sehen und wie sie therapieren und knüpft nebenbei wichtige Kontakte. Die Runde ist einfach unglaublich sympathisch und die Diskussionen super interessant und auch wir als StudentInnen werden voll miteinbezogen in Präsentationen und Diskussion. Danach geht’s noch zum gemütlichen Beisammensein in eine Pizzeria direkt am Fluss Regen – ein schöner Abend mit netten Leuten an einem lauwarmen Sommerabend mit gutem Essen – was will man mehr :-). 

Am Donnerstag begrüßen wir unsere drei neuen Mitstreiterinnen nochmal in persönlicher PJ’ler-Runde mit viel Kuchen und Kaffee – wobei man die Woche schon unter das Motto kulinarische Genusswoche stellen könnte, auch das muss sein! Frisch gestärkt machen wir uns erst an die ganze Organisation und verteilen unsere PJ’ler-Aufgaben untereinander, danach besprechen wir noch die Leitlinie zur akuten und chronischen Gicht. Gut gelaunt verabschieden wir uns um ca. 18 Uhr voneinander – das wird sicher eine gute Zeit mit dieser Truppe! Freitag Vormittag vergeht dann auch noch wie im Flug und dann ist die Woche auch schon wieder geschafft, denn Freitagnachmittag ist für uns Studentinnen frei, worüber wir nicht traurig sind :-). Alles in allem wieder eine schöne, lehrreiche Woche mit ganz vielen Eindrücken und ganz nebenbei stelle ich fest, dass ja schon Halbzeit ist. Verrückt, wie schnell hier die Zeit vergeht!

Woche 8: 04.07. – 10.07.2022 

Der Montag dieser Woche startet wieder mit einem vollen Wartezimmer wie das montags irgendwie schon fast üblich ist. Die erste halbe Stunde bin ich allerdings damit beschäftigt, wegen eines Patienten einen Spezialisten aus der weiteren Umgebung zu erreichen. Als ich diesen telefonisch erwische, bin ich sehr angenehm überrascht, wie er sich ganz geduldig unsere Befunde anhört und versichert, dass er sich den Patienten so bald wie möglich anschauen wird. Dann gibt er noch Hinweise, wie wir den Patienten zur Überbrückung bis zum Termin bei ihm therapieren sollten. Für mich ist es eine sehr positive, wenn auch erstmal etwas ungewohnte Erfahrung, von einem erfahrenen Kollegen jetzt als PJ-Studentin tatsächlich auch einfach ernst genommen zu werden und schon als (fast) Ärztin wahrgenommen zu werden. So diskutiert er telefonisch mit mir die Ergebnisse aus bereits stattgefundenen weiterführenden Untersuchungen bei anderen Spezialisten und unserer Blutuntersuchung zusammen mit dem klinischen Bild und ich bin ganz überrascht, wie hier an der Stelle die Zusammenarbeit zwischen Hausarzt und Spezialist wunderbar funktioniert und nur zum Besten des Patienten agiert wird. Von dem Gefühl beflügelt, wirklich was Positives für den Patienten bewirkt zu haben, schwinge ich mich in die restliche Sprechstunde und auch wenn manches noch etwas unstrukturiert von Statten geht, kann mich heute irgendwie nichts aus der Ruhe bringen oder mir schlechte Laune machen :-). 

Gerade jetzt, wo ich schon etliche Zeit viel an einem Standort verbringe, merke ich, wie spannend und interessant es ist, PatientInnen immer wieder zu sehen und den Verlauf ihrer Beschwerden unter Einfluss unserer Therapien zu verfolgen. Genau aus diesem Grund macht es lerntechnisch, zumindest für mich, Sinn, sich auf zwei Standorte (wie es auch im PJ hier vorgesehen ist) zu beschränken. Auch  PatientInnen dadurch wiederzuerkennen und sich darüber zu freuen, dass man wieder da ist, macht schon Spaß und ich kann mir gut vorstellen, dass man eine richtige Bindung zu ihnen aufbauen kann, wenn man dauerhaft hier arbeitet. 

Am Mittwoch findet dann das letzte Mal ein Cham-Teaching statt, was ich schon ein bisschen schade finde, denn diese Teachings, die wirklich ausnahmslos echt klasse waren und von wirklich engagierten ÄrztInnen abgehalten wurden, stellen für mich einen echten Zugewinn fürs PJ dar. Die Themen waren danach ausgewählt, was einem in der Hausarztpraxis fast tagtäglich über den Weg läuft und waren somit eine große Hilfe, etwas Ordnung in die große Bandbreite der hausärztlich relevanten Themen zu bringen. An dieser Stelle nochmal ein ganz großes Lob an Dr. Blank zusammen mit allen Mitbeteiligten, die sich große Mühe und großen Aufwand machten, das auf die Beine zu stellen und ganz herzlichen Dank an alle! Hoffentlich bleibt dieses Format auch für zukünftige PJ-Gruppen bestehen! 

Das Thema der PJ-internen Fortbildung ist diese Woche Diabetes und wir stellen schnell fest, dass das quasi ein Fass ohne Boden ist – mir wird besonders bei diesem Thema klar, dass es oft nicht einfach ist, eine Grenze zwischen dem Aufgabenbereich der Hausärzte und dem der Spezialisten zu ziehen. Wie weit möchte man als Hausarzt/Hausärztin den Patienten auf eigene Faust therapieren und ab welchem Punkt schickt man diesen besser weiter? Wie weit möchte man alleine Verantwortung übernehmen und wo steckt man seine eigenen Grenzen? Auch das Erkennen und vor allem das Anerkennen eigener Grenzen ist ein ganz wichtiger Punkt in der hausärztlichen Tätigkeit und auch das diskutieren wir immer wieder mal in der Gruppe: dass ein Hausarzt/Hausärztin nicht alles können und wissen muss, sondern durchaus PatientInnen auch mal an einen Spezialisten oder eine Spezialistin abgeben darf – das Wohl des Patienten/der Patientin sollte schließlich stets immer im Zentrum des eigenen Handelns stehen! 

Woche 9: 11.07. – 17.07. 2022

Die neunte Woche meines PJs in der Gemeinschaftspraxis im Bayerwald startet etwas anders als sonst – wir haben aufgrund der rasant ansteigenden Covid-Infektionen Personalmangel, was sich Anfang der Woche durch stressige und volle Vormittags-Sprechstunden äußert. Lediglich am Dienstag ist es etwas ruhiger und als wir in die Mittagspause starten, beschließe ich, Auerbach zu Fuß zu erkunden und entdecke einen wunderbaren Naturpfad durch die hiesigen Wälder samt Obstplantage und herrlichen Ausblicken auf die Auerbacher Umgebung. Anfangs gehts durch eine wilde Natur an einem Fluss entlang und ich beschließe, von meinem anfänglichen Plan, nur einen kleinen Spaziergang zu unternehmen, abzuweichen und daraus eine kleine Mittagswanderung zu machen – was bei knapp drei Stunden Mittagspause locker möglich ist. Leider mache ich unfreiwilligerweise noch einen kleinen Umweg, da mich mein Orientierungssinn wie schon so oft mal wieder im Stich lässt – aber auch das stellt sich im Nachhinein als ganz willkommen heraus, denn es erstreckt sich vor mir ein weiter Ausblick über die umliegenden Hügelchen und Ortschaften. Gestärkt von den schönen Eindrücken trete ich meinen Rückweg von meiner Auerbach-Expedition an und die restlichen zwei Stunden laufen wie geschmiert – was so eine kleine Pause nicht alles bewirken kann. 

In unserer PJ-internen Fortbildung geht es diese Woche um das Leitsymptom Nackenschmerzen. Die Runden, in denen nur wir PJ-lerinnen zusammen kommen, bringen uns unglaublich viel, denn wir sind vom Wissen her alle auf einer Wellenlänge und alle motiviert, uns für das zukünftige Arbeitsleben und nicht zuletzt auch aufs mündliche Examen adäquat vorzubereiten. Wir machen also aus einer unliebsamen Tätigkeit, nämlich Leitlinien von vorne bis hinten alleine durchzuarbeiten, einen Nachmittag zusammen, der uns wirklich auch Spaß macht. Jeder bereitet in einer vorgegebenen Zeit ein Thema vor.. einer übernimmt beispielsweise alles zur Diagnostik, der andere alles zur Therapie und die anderen kümmern sich um die Differentialdiagnosen und noch ein anderer um die wichtigsten Medikamente mit Kontraindikationen zu einem bestimmten Thema. Danach stellt jeder sein Gebiet vor und wir notieren uns für zukünftige Journal Clubs Fragen, die wir an die routinierten ÄrztInnen stellen wollen. Nach 2-3 Stunden, die diese Treffen ca. dauern, raucht einem zwar der Kopf, aber man hat wirklich das Gefühl, ein Thema tiefer durchstiegen zu haben und etwas mitzunehmen und wer weiß, am Tag darauf kommt vielleicht ein Patient mit genau jenen Beschwerden und dann weiß man, was zu tun ist! 🙂 

Ende der Woche kommen dann weniger spektakuläre Fälle in die Praxis, sondern eher Routinesachen wie Verbandswechsel, Medikamentenumstellung, Blutdruckkontrollen und weiteres – trotzdem gilt es, bei jedem Patienten aufmerksam zu bleiben und auf Einzelheiten zu achten, denn kein Fall ist wie der andere. Und auch das gehört zum Job – Sachen abzuarbeiten und dabei immer konzentriert zu bleiben, egal, wie oft man dieses und jenes schon gemacht hat. So viel zu der neunten Woche meines PJs – am Freitag gehts dann wieder ins Wochenende und ich freue mich, zwei Tage, so gern ich die Medizin auch habe, mal abschalten zu können. 

Woche 10: 18. –  24.07.2022

Die ersten drei Tage verbringen Mirjam und ich in der Rehaklinik in Schaufling zur Hospitation bei Dr. Buvar. Von meiner anfänglichen Skepsis und der Annahme, dass in einer Rehaklinik wohl nicht so viel spannende Sachen zu sehen sind, bin ich komplett vom Gegenteil überzeugt worden. Die interdisziplinäre Arbeit und Zusammenarbeit von ÄrztInnen aus verschiedenen Fachrichtungen, PhysiotherapeutInnen, ErgotherapeutInnen, PsychotherapeutInnen und Pflegepersonal ist total interessant, denn sie lässt eine Erkrankung aus verschiedenen Perspektiven betrachten und einschätzen. Dass man eine Erkrankung von mehreren therapeutischen Seiten angeht, sowohl psychisch als auch somatisch, und dafür genügend Zeit zur Verfügung steht, sich eingehend mit den PatientInnen zu beschäftigen, hat mir sehr gut gefallen. Auch, dass, anders als in der Akutklinik, der Fokus darauf gelenkt ist, die PatientInnen wieder fit für den Alltag nach einer OP zu machen und das Maximale aus ihnen rauszuholen, sodass sie sich möglichst eigenständig versorgen können und in ihrem Rahmen eine maximal hohe Lebensqualität zurückerhalten, hat mich sehr positiv gestimmt. Wo doch in der Akutklinik die PatientInnen gefühlt viel zu früh entlassen werden, nachdem sie einigermaßen stabil sind, war es schön zu sehen, dass es in Rehakliniken etwas anders läuft.
Auch die allgemeine Urlaubsstimmung, die stets in der Luft liegt und gegen die man sich bei diesem Ausblick aus der Klinik unweigerlich wehren kann, trägt zur allgemeinen Heiterkeit bei und ist im Team deutlich spürbar – aus dem klinischen Alltag kenne ich eher den stets vorhandenen Stress und Zeitdruck, das läuft in Schaufling deutlich anders. So dürfen wir unterschiedliche Therapien begleiten, so z.B. die Laufgruppe, Lymphdrainagen, Elektrotherapien und Ultraschalltherapien, Bogenschießen und vieles andere – wir laufen mit PhysiotherapeutInnen und Fachpersonal für physikalische Therapie mit und es offenbart sich uns eine Ecke aus der Medizin, mit der wir beide im Studium kaum in Berührung gekommen sind – die Ecke der physikalischen und rehabilitativen Medizin.

Am nächsten Tag dürfen wir dann mit zur Chefvisite und zu Patientenaufnahmen – wir stellen PatientInnen in der morgendlichen Teambesprechung vor und lernen die Arbeit als Arzt in einer Rehaklinik kennen – sicherlich hat dieser viel mit Dokumentation und Anträgen für die Rentenversicherungen zu tun, gleichzeitig begleitet er PatientInnen, die meistens während der paar Wochen Aufenthalt deutlich besser werden und große Fortschritte machen. Sicherlich ist das oft ein Erfolgsgefühl, wenn man direkt sehen kann, was die Therapien hier ausmachen und den Menschen helfen. Während der drei Tage bekommen wir noch einen Refresher-Kurs in orthopädischen Untersuchungstechniken und ich fühle mich die Woche darauf in der Praxis deutlich sicherer und besser, wenn OrthopatientInnen hereinspazieren – ich hau gleich mal alle Untersuchungen raus, die wir auf die drei Tage gelernt haben und da in die Hausarztpraxis viele OrthopatientInnen kommen, bietet sich mir ein optimales Umfeld, das aufgefrischte Wissen gleich zu vertiefen. Ich kann also ein Häkchen hinter dem Punkt „Orthopädische Untersuchung endlich richtig durchführen können!“ auf meiner To-do-Liste setzen.

Am letzten Tag kommen Orthopädietechniker in die Klinik und wir dürfen ausprobieren, wie es sich anfühlt, mit einer Beinprothese zu laufen, dürfen PatientInnen befragen und sehen, die eine Beinprothese nach Amputationen tragen und einen Patienten mit MS, der durch Elektrostimulation am Unterschenkel wieder richtig gehen kann, ohne dabei das Bein nachziehen zu müssen, weil er es nicht mehr heben kann. Fasziniert verfolge ich die Zusammenarbeit zwischen Orthopädietechnikern und Orthopäden, die Hand in Hand das Beste für die PatientInnen rausholen und bin begeistert, mit welch einfachen Mitteln den PatientInnen signifikant im Alltag geholfen werden kann. Zur Krönung der Hospitation haben uns die Ortho-Techniker noch Eis mitgebracht – bei 32 °C im Schatten die perfekte Abkühlung.

Froh darüber, die Hospitation gemacht zu haben und dankbar, dass man uns so ein tolles Programm zusammengestellt hat, verlasse ich am Mittwoch die Klinik und nehme mir vor, noch mehr über die Rehamedizin zu lernen und zu lesen. So fand ich z.B. total spannend, dass Wärme bzw. Kälte bei diversen Gelenkerkrankungen sehr viel bringen kann – wo wir doch schnell zu Medikamenten greifen, wäre es da manchmal nicht sinnvoller, v.a. bei Multimedikation erst auf nichtmedikamentöse Maßnahmen zu setzen? Sicherlich nicht bei jedem Patienten geeignet, aber vielleicht sollte man solche banal erscheinenden Dinge auch im Hinterkopf behalten. Am Donnerstag haben wir noch Assistenzarzt-Teaching in Eging am See, und damit meine ich, wir fahren tatsächlich an den See und sprechen den Nachmittag wichtige Dinge fürs M3 durch. Lernen und nebenher eine entspannte Atmosphäre genießen – so gehen die Sachen doch viel schneller ins Köpfchen (wo sie dann hoffentlich auch bleiben..)! Nach einer ereignisreichen Woche freue ich mich aufs Wochenende!

Woche 11: 25.07. – 31.07. 2022

Diese Woche war allgemein relativ wenig los in den Praxen, in denen ich eingesetzt war. Das kommt mir bei der Hitze nicht ungelegen und ich finde es zur Abwechslung mal nicht verkehrt, wenn zwischendurch Zeit ist, sich mit den ÄrztInnen zu unterhalten und von Erfahrungen im täglichen Arztdasein zu hören. Ich habe die Woche die Möglichkeit, mich länger mit den PatientInnen zu unterhalten, von ihren Lebens- und Krankheitsgeschichten zu hören und vielleicht manches auch besser zu verstehen, wieso manche PatientInnen verärgert oder traurig, ständig müde, matt oder schlapp sind. Ich freue mich über das Vertrauen, das mir die PatientInnen entgegenbringen und nehme mir vor, auch später als Ärztin stets großen Wert auf die Arzt-Patienten-Beziehung zu legen, da es manchmal auch die Diagnostik erleichtern kann. Mittwoch Abend ist dann unser praxisinterner Journal Club – die Themen reichen von Cholesterinsenkern bis Trigeminusneuralgie und es ist wieder mal sehr spannend, den erfahrenen ÄrztInnen zuzuhören und Fragen stellen zu dürfen. Auch wenn der Tag ziemlich lange ist, freue ich mich auf die abendliche Runde und verlasse sie mit dem Gefühl, wieder was gelernt zu haben und weitergekommen zu sein.
Am Donnerstag Nachmittag haben wir noch PJ-interne Fortbildung zum Thema Osteoporose, wo relativ schnell Fragen auftreten und wir uns vornehmen, das Thema beim nächsten Journal Club vorzustellen, um es nochmal mit den ÄrztInnen zu besprechen. 

Freitag bin ich dann ziemlich platt und freue mich auf eine Studienfreundin, die mich im bayerischen Wald besuchen kommt – es steht Wandern auf dem Plan! Da sie auch gerade ihr erstes PJ-Tertial in der Inneren Medizin macht, bin ich gespannt, von welchen Erfahrungen sie mir berichtet und was es so zu erzählen gibt und als wir unsere Wanderung beenden, kommen wir beide zu dem Schluss, dass es einfach unglaublich ist, wie viel wir beide jetzt auf zwei Monate weitergekommen sind und wieviel mehr wir wissen/können als noch kurz nach unserem Examen – manchmal merkt man das erst, wenn man jemand anderem von seinen Erfahrungen und Erkenntnissen erzählt! Nach einem überschaubaren Bericht von dieser Woche entlasse ich mich ins Wochenende, in dem noch ein paar organisatorische Sachen anstehen, denn nächste Woche kommt uns eine Schülerin der elften Klasse besuchen, die sich ein Bild vom Arztberuf machen möchte und außerdem planen wir für Dienstag ein Gartenfest – ich freue mich, einen entspannten Abend jenseits des Praxisalltags mit den Studentinnen und ÄrztInnen zu verbringen! 

Woche12: 01.08.  – 07.08. 2022

Diese Woche war wieder gefüllt mit den unterschiedlichsten Fällen. Meine Woche startete in Kirchberg, wo ich eine Schülerin erwartete, die sich die erste Ferienwoche ein Bild vom Beruf des Hausarztes machen wollte und die ich die kommende Woche drei Tage mitnehmen durfte. Wir starteten pünktlich um 8 Uhr und ich habe gleich gemerkt, wieviel Spaß es macht, wenn man selber plötzlich nicht mehr der Lehrling ist, sondern auf einmal auf der anderen Seite steht und jemandem etwas erklären kann. Die Momente, in denen man FamulantInnen, BlockpraktikantInnen oder andere StudentInnen dabei hat, sind die Momente, in denen ich immer feststelle, wieviel ich eigentlich auf das ganze Studium hinweg gesehen mit all den Praktika, die man im Verlauf abgeleistet hat, gelernt habe. Im Praxisalltag sehe ich die allermeiste Zeit über nur das, was ich noch nicht kann, was ich noch besser machen sollte, was ich noch nachlesen müsste, was es noch zu lernen gilt. Wenn man nun einen Schüler/eine Schülerin dabei hat, dem/der man erklären muss, warum man dies und jenes an Diagnostik macht, wie man eine Untersuchung macht, wieso man an eine bestimmte Diagnose denkt, wie sich Erkrankungen präsentieren, was dies und jenes Medikament macht, warum man in der Anamnese nach bestimmten Symptomen fragt, merkt man erst, wieviel man eigentlich selber doch schon weiß und während des Studiums mit all seinen Praktika gelernt hat – es tut gut, auch mal diese Perspektive einnehmen zu dürfen und am Ende des Tages feststellen zu dürfen, dass die letzten fünf Jahre Studium ja doch für was gut waren und man ja doch schon ein bisschen was kann! 🙂 Natürlich sprechen wir auch viel über das Studium selbst, über die Möglichkeiten, einen Studienplatz zu ergattern (sicherlich eine der größten Hürden!), das Studium mit seinen schönen Seiten und ebenso die anstrengenden Phasen, die es zu bewältigen gilt. 

Am Dienstagabend bereiten wir PJ’lerinnen dann ein gemütliches Beisammensein mit unseren Chefs in der Grafenauer WG vor – ein entspannter Abend abseits des Praxisalltags. Wir essen, reden über spannende Themen, spielen ein Spiel und genießen den lauen Sommerabend, bevor es am nächsten Tag wieder an die Arbeit geht. Das Highlight des Abends ist aber an einsamer Spitze Dr. Blanks riesiger Hund Paddy, ein riesiger Kuschelbär, der einen so schnell um den Finger, oder besser gesagt um die Tatze wickelt, so schnell kann man gar nicht schauen. 

Am Mittwoch bin ich dann in Auerbach eingeteilt und wie immer habe ich dort einen schönen Arbeitstag – Dr. Kalmancai und ich führen sogar eine Mini-Operation durch, wir schneiden einem Patienten ein Fibrom raus und ich habe eine schier unglaubliche Freude daran! Es meldet sich die Chirurgin in mir mit dem Vorsatz, das auch lernen zu wollen und im anstehenden Chirurgie-Tertial den Fokus auf Nähen und kleine Eingriffe z.B. in der Notaufnahme zu lenken. Am Ende des Eingriffs sitzt ein gut gelaunter Patient vor uns, der froh ist, das nervige Ding, das ihn die ganze Zeit schon ärgert, endlich loszuhaben und gegenüber ihm steht eine glückliche PJ-Studentin, die gerade ihren Spaß an der Kleinchirurgie entdeckt hat :). Am Donnerstag bin ich dann in Rinchnach, wo sich uns eine junge Dame mit stechenden Schmerzen im Rücken präsentiert, die atmungsabhängig und nicht bewegungsabhängig sind. In der Gesamtschau und dann v.a. durch den positiven D-Dimer-Test braucht es zum Ausschluss einer Lungenembolie ein CT. Gespannt warten wir auf den CT-Befund, der dann im Verlauf zum Glück eine Lungenembolie ausgeschlossen hat. Dies zeigt mir wieder einmal, dass man im oft routinemäßigen Alltagsgeschäft immer aufmerksam und konzentriert bleiben muss.

Der Freitag vergeht dann noch wie im Flug, ich verabschiede unsere Schülerin und wünsche ihr auf ihrem weiteren Ausbildungsweg das Allerbeste – vielleicht trifft man sich ja später als Kolleginnen wieder. Nach einer vollen Woche mit vielen Eindrücken freue ich mich aufs Wochenende und meine anstehende Hospitation am Montag und Dienstag bei Dr. Kammerl, einem Nephrologen aus der näheren Umgebung, dessen Vorlesungen ich auch schon im Rahmen des Studiums beiwohnen durfte.

Woche 13: 08.08. – 14.08. 2022

Diese Woche stand ganz eindeutig unter dem Motto “Hospitationen”. Montag und Dienstag durfte ich in der nephrologischen Praxis bei Dr. Kammerl verbringen, der auch eine Dialysestation mitführt. Ich war sehr angenehm überrascht, wie aufgeschlossen die PatientInnen, die mitunter wirklich schwer krank sind, mir als Studentin gegenüber waren – so erzählten sie mir von ihren Leidenswegen, beantworteten geduldig Fragen meinerseits und diskutierten mit mir auch tiefgründige Themen wie Transplantation und Organspende etc.
Sehr dankbar bin ich für das Gespräch mit einer Patientin, die an einer seltenen genetischen Erkrankung leidet, die bei ihr letzten Endes zu einer terminalen Niereninsuffizienz geführt hat und die jetzt an die Dialyse gebunden ist. Sie erzählte mir von den Betroffenen in der eigenen Familie, von ihren Beschwerden, von der zunehmenden Einschränkung durch die Erkrankung, durch die emotionale Belastung, die sie dadurch erfährt und den täglichen Kampf, den sie mitunter führen muss gegen Sorgen, was wohl noch kommt. Hier wurde mir wieder einmal klar, wie oberflächlich die rein medizinische Sichtweise einer Erkrankung ist – viel zu oft gehen dabei die Emotionen und Sorgen der PatientInnen unter. Vielleicht sollte man sich als angehender Arzt/Ärztin auch öfter daran erinnern, was bestimmte Krankheiten, über die wir im fachlichen Kontext sehr nüchtern reden, für die Betroffenen tatsächlich bedeuten – dass es oft die scheinbar kleinen Dinge sind, die PatientInnen dann sehr belasten. Gerade im Gespräch mit solchen PatientInnen wird mir immer wieder bewusst, wieso ich mich für diesen Beruf entschieden habe. Ich kann mir nichts Erfüllenderes vorstellen, als später diesen PatientInnen zu helfen und ihnen ein Begleiter zu sein. Hinzu zu dieser Erfahrung kommt die angenehme und stets ruhige Art von Dr. Kammerl, der mir sehr viel erklärt und mich voll in die Anamnesen und Untersuchungen mit einbezieht – so klären sich mir ganz viele Fragen zum Thema Niereninsuffizienz und Medikamentengaben. Was darf ich bei Niereninsuffizienz überhaupt geben? Und wenn ich etwas geben darf, wie viel davon, wie sieht die angepasste Dosierung aus? Alles in allem waren es zwei wirklich wunderbare und lehrreiche Tage und ich bin sehr froh, diese Hospitation gemacht zu haben. Ich kann sie nur jedem empfehlen, der vorhat, in die Gemeinschaftspraxis im Bayerwald zu kommen. 

Für Donnerstag bekomme ich schließlich noch ganz kurzfristig einen Hospitationstermin bei Frau Dr. Pfeffer in Regen, einer Kinderärztin in der Region. Auch an diesem Tag kann ich das ein oder andere Wissen für mich mitnehmen und bin dann am Freitag doch recht platt von den vielen Eindrücken dieser Woche. Als es Freitag Mittag wird, freue ich mich auf ein paar freie Tage und es fällt mir wie Schuppen von den Augen, dass es nun nur noch drei Wochen in der Gemeinschaftspraxis im Bayerwald sind. Es macht sich tatsächlich ein Hauch von Wehmut breit und gleichzeitig steigt die Neugierde, was wohl das anstehende PJ-Tertial in der Chirurgie für mich bereit hält…

Woche 15: 22.08. – 28.08. 2022 

Diese Woche ist geprägt von etlichen notfallmäßigen Abklärungen. Handelt es sich bei den atemabhängigen Schmerzen und Tachykardie begleitet von Atembeschwerden um eine Lungenembolie? Sind die gestern aufgetretenen Schmerzen über dem Brustkorb mit Übelkeit für 2 Minuten und Kurzatmigkeit ein Vorbote eines bevorstehenden Myokardinfarkts? Sind die Schmerzen im Bein, das doch ganz ordentlich geschwollen ist, Zeichen einer Beinvenenthrombose oder gibt der Ultraschall doch Entwarnung? Zwischen doch etlichen Trop-T-Tests, EKGs, Kompressionssonographien und dem Notfall-CT gibts dann zum Glück diese Woche bei allen Fällen ein Aufatmen, als sich alle Tests als negativ erwiesen und wir Entwarnung geben konnten. Auch das Notfall-Management gehört zur Allgemeinmedizin wie die Henne zum Ei und ich merke, dass auch dieser Bereich mir Spaß macht und ich da gerne noch mehr lernen möchte und vor allem Sicherheit erlangen möchte, falls später mal zu mir ein Patient in die Praxis kommt und ich dann verantwortlich bin. Diese Woche lese ich in paar ruhigen Minuten die Erstmaßnahmen bei einem bestätigten Myokardinfarkt, einer Lungenarterienembolie und eines Schlaganfalles durch und nehme mir vor, im bevorstehenden Chirurgie-Tertial die Möglichkeit so oft wie möglich zu nutzen, in die Notaufnahme zu gehen und dort viel über Notfälle zu lernen. Da die vorletzte Woche in der Praxis gerade voll im Gange ist, beschleicht mich auch schon ein Gefühl der Wehmut und des Abschieds und ich muss feststellen, dass ich tatsächlich traurig bin, die Praxis jetzt verlassen zu müssen. Frau Dr. Arbinger und ich sind mittlerweile ein eingespieltes Team und auch die MFAs in meiner “Hauptpraxis” sind mir richtig ans Herz gewachsen. Gerade jetzt nach 4 Monaten hat man erstmal das Gefühl, richtig eingearbeitet zu sein und schon geht’s wieder weiter zur nächsten Station. Aber so ist es – es gibt noch eine Menge zu lernen und dafür muss man eben nochmal ein paar andere Stationen durchlaufen und kennenlernen. 

Am Ende der Woche läuft es wieder relativ normal nach dem actionreichen Start, insgesamt wieder eine Woche, die Spaß gemacht hat und mir gleichzeitig viel abverlangt hat, mich wieder vieles gelehrt hat und die ich wie alle anderen Wochen hier nicht missen möchte.

Woche 16: 29.08. – 04.09. 2022 

Die letzte Woche vor meinem Abschied ist nun tatsächlich gekommen. Am Anfang der Woche verabschiede ich mich schon von den Leuten, die ich nicht mehr sehen werde und dadurch, dass es mehrere Praxen gibt, sind es eben auch mehrere Abschiede, was das ganze nicht einfacher macht. Ich backe also so viel Kuchen wie lange nicht mehr in einer Woche, genieße die letzten Tage hier und versuche, mir die letzten 4 Monate nochmal in Erinnerung zu rufen. Es war wirklich eine wunderbare Zeit hier – voller neuer Erkenntnisse und Erfahrungen, neuen Bekanntschaften, vielerlei Anstrengung, viel Spaß und Aha-Effekte, Hochs und genauso Tiefs, Förderung und Forderung. Für diese tolle und lehrreiche Zeit hier möchte ich mich nochmal ganz herzlich beim ganzen Team bedanken – ihr seid klasse! 🙂